Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation
der Masse des Volks vom Grund und Boden. In sofern ist das
Monopol des Grundeigenthums eine historische Voraussetzung, und
bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktions-
weise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der
Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber,
worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grund-
eigenthum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende
Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung
der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grund-
eigenthum, Claneigenthum, oder kleines Bauerneigenthum mit Mark-
gemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökono-
mische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristischen
Formen seien. Es ist eines der grossen Resultate der kapitalistischen
Produktionsweise, dass sie einerseits die Agrikultur aus einem bloss
empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des un-
entwickeltsten Theils der Gesellschaft in bewusste wissenschaftliche
Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt inner-
halb der mit dem Privateigenthum gegebnen Verhältnisse möglich
ist;27) dass sie das Grundeigenthum einerseits von Herrschafts- und

27) Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z. B. Johnston, geben zu,
dass eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigenthum unüber-
windliche Schranken findet. Dasselbe thun Schriftsteller, welche Vertheidiger
ex professo des Monopols des Privateigenthums am Erdball sind, so z. B.
Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Vertheidigung
des Privateigenthums zum speciellen Zweck hat. "Ein Volk," sagt er, "kann
den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht
nicht erreichen, es sei denn, dass jeder Theil des Bodens, der es ernährt, die
Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Ein-
klang steht. Um seinen Reichthümern eine grosse Entwicklung zu geben,
müsste wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Ver-
fügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen, und
jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz
eines solchen Willens ... würde unverträglich sein mit der Theilung des
Bodens in Privatgrundstücke ... und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten
Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen." --
Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigenthums mit einer
rationellen Agronomie nur die Nothwendigkeit im Auge, den Boden eines
Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der
besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der
beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze
Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten
Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesammten
ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen
zu wirthschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen,
die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesammtinteresse gemäß bewirth-
schaftet werden, wo sie nicht Privateigenthum, sondern der Staatsverwaltung
unterworfen sind.

Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation
der Masse des Volks vom Grund und Boden. In sofern ist das
Monopol des Grundeigenthums eine historische Voraussetzung, und
bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktions-
weise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der
Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber,
worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grund-
eigenthum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende
Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung
der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grund-
eigenthum, Claneigenthum, oder kleines Bauerneigenthum mit Mark-
gemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökono-
mische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristischen
Formen seien. Es ist eines der grossen Resultate der kapitalistischen
Produktionsweise, dass sie einerseits die Agrikultur aus einem bloss
empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des un-
entwickeltsten Theils der Gesellschaft in bewusste wissenschaftliche
Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt inner-
halb der mit dem Privateigenthum gegebnen Verhältnisse möglich
ist;27) dass sie das Grundeigenthum einerseits von Herrschafts- und

27) Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z. B. Johnston, geben zu,
dass eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigenthum unüber-
windliche Schranken findet. Dasselbe thun Schriftsteller, welche Vertheidiger
ex professo des Monopols des Privateigenthums am Erdball sind, so z. B.
Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Vertheidigung
des Privateigenthums zum speciellen Zweck hat. „Ein Volk,“ sagt er, „kann
den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht
nicht erreichen, es sei denn, dass jeder Theil des Bodens, der es ernährt, die
Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Ein-
klang steht. Um seinen Reichthümern eine grosse Entwicklung zu geben,
müsste wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Ver-
fügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen, und
jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz
eines solchen Willens … würde unverträglich sein mit der Theilung des
Bodens in Privatgrundstücke … und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten
Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen.“ —
Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigenthums mit einer
rationellen Agronomie nur die Nothwendigkeit im Auge, den Boden eines
Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der
besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der
beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze
Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten
Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesammten
ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen
zu wirthschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen,
die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesammtinteresse gemäß bewirth-
schaftet werden, wo sie nicht Privateigenthum, sondern der Staatsverwaltung
unterworfen sind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="156"/>
Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation<lb/>
der Masse des Volks vom Grund und Boden. In sofern ist das<lb/>
Monopol des Grundeigenthums eine historische Voraussetzung, und<lb/>
bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktions-<lb/>
weise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der<lb/>
Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber,<lb/>
worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grund-<lb/>
eigenthum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende<lb/>
Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung<lb/>
der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grund-<lb/>
eigenthum, Claneigenthum, oder kleines Bauerneigenthum mit Mark-<lb/>
gemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökono-<lb/>
mische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristischen<lb/>
Formen seien. Es ist eines der grossen Resultate der kapitalistischen<lb/>
Produktionsweise, dass sie einerseits die Agrikultur aus einem bloss<lb/>
empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des un-<lb/>
entwickeltsten Theils der Gesellschaft in bewusste wissenschaftliche<lb/>
Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt inner-<lb/>
halb der mit dem Privateigenthum gegebnen Verhältnisse möglich<lb/>
ist;<note place="foot" n="27)">Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z. B. Johnston, geben zu,<lb/>
dass eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigenthum unüber-<lb/>
windliche Schranken findet. Dasselbe thun Schriftsteller, welche Vertheidiger<lb/>
ex professo des Monopols des Privateigenthums am Erdball sind, so z. B.<lb/>
Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Vertheidigung<lb/>
des Privateigenthums zum speciellen Zweck hat. &#x201E;Ein Volk,&#x201C; sagt er, &#x201E;kann<lb/>
den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht<lb/>
nicht erreichen, es sei denn, dass jeder Theil des Bodens, der es ernährt, die<lb/>
Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Ein-<lb/>
klang steht. Um seinen Reichthümern eine grosse Entwicklung zu geben,<lb/>
müsste wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Ver-<lb/>
fügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen, und<lb/>
jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz<lb/>
eines solchen Willens &#x2026; würde unverträglich sein mit der Theilung des<lb/>
Bodens in Privatgrundstücke &#x2026; und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten<lb/>
Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen.&#x201C; &#x2014;<lb/>
Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigenthums mit einer<lb/>
rationellen Agronomie nur die Nothwendigkeit im Auge, den Boden eines<lb/>
Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der<lb/>
besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der<lb/>
beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze<lb/>
Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten<lb/>
Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesammten<lb/>
ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen<lb/>
zu wirthschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen,<lb/>
die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesammtinteresse gemäß bewirth-<lb/>
schaftet werden, wo sie nicht Privateigenthum, sondern der Staatsverwaltung<lb/>
unterworfen sind.</note> dass sie das Grundeigenthum einerseits von Herrschafts- und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0165] Hörigen, Leibeignen, Sklaven etc.), andrerseits die Expropriation der Masse des Volks vom Grund und Boden. In sofern ist das Monopol des Grundeigenthums eine historische Voraussetzung, und bleibt fortwährende Grundlage, der kapitalistischen Produktions- weise, wie aller frühern Produktionsweisen, die auf Ausbeutung der Massen in einer oder der andern Form beruhn. Die Form aber, worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grund- eigenthum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung der Agrikultur unter das Kapital; womit denn auch feudales Grund- eigenthum, Claneigenthum, oder kleines Bauerneigenthum mit Mark- gemeinschaft, in die dieser Produktionsweise entsprechende ökono- mische Form verwandelt wird, wie verschieden auch deren juristischen Formen seien. Es ist eines der grossen Resultate der kapitalistischen Produktionsweise, dass sie einerseits die Agrikultur aus einem bloss empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des un- entwickeltsten Theils der Gesellschaft in bewusste wissenschaftliche Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt inner- halb der mit dem Privateigenthum gegebnen Verhältnisse möglich ist; 27) dass sie das Grundeigenthum einerseits von Herrschafts- und 27) Ganz konservative Agrikulturchemiker, wie z. B. Johnston, geben zu, dass eine wirklich rationelle Agrikultur überall am Privateigenthum unüber- windliche Schranken findet. Dasselbe thun Schriftsteller, welche Vertheidiger ex professo des Monopols des Privateigenthums am Erdball sind, so z. B. Herr Charles Comte in einem zweibändigen Werk, das die Vertheidigung des Privateigenthums zum speciellen Zweck hat. „Ein Volk,“ sagt er, „kann den aus seiner Natur sich ergebenden Grad des Wohlstands und der Macht nicht erreichen, es sei denn, dass jeder Theil des Bodens, der es ernährt, die Bestimmung erhält, die am meisten mit dem allgemeinen Interesse im Ein- klang steht. Um seinen Reichthümern eine grosse Entwicklung zu geben, müsste wenn möglich ein einziger und vor allem aufgeklärter Wille die Ver- fügung über jedes einzelne Stück seines Gebiets in die Hand nehmen, und jedes Stück zur Prosperität aller andren beitragen machen. Aber die Existenz eines solchen Willens … würde unverträglich sein mit der Theilung des Bodens in Privatgrundstücke … und mit der, jedem Besitzer gewährleisteten Fähigkeit, über sein Vermögen in fast absoluter Weise zu verfügen.“ — Johnston, Comte etc. haben bei dem Widerspruch des Eigenthums mit einer rationellen Agronomie nur die Nothwendigkeit im Auge, den Boden eines Landes als ein Ganzes zu bebauen. Aber die Abhängigkeit der Kultur der besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesammten ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen zu wirthschaften hat. Ein schlagendes Beispiel davon sind die Waldungen, die nur da zuweilen einigermaßen dem Gesammtinteresse gemäß bewirth- schaftet werden, wo sie nicht Privateigenthum, sondern der Staatsverwaltung unterworfen sind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/165
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/165>, abgerufen am 28.11.2024.