und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wucher- gesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage Geld zu borgen ausser wenn er zu Armuth und Elend heruntergekommen ist ... Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10 %, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5 % ... In jenen Zeiten waren die Geld- verleiher, wenn nicht rechtliche, so doch thatsächliche Monopolisten, und daher war es nöthig, sie wie andre Monopolisten unter Be- schränkung zu setzen ... In unsern Zeiten regulirt die Rate des Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulirte die Rate des Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kauf- mann eine hohe Zinsrate aufbürdete, musste der Kaufmann eine höhere Profitrate auf seine Waaren schlagen. Daher wurde eine grosse Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen." (Gilbart, History and Princ. of Banking, p. 164, 165.)
"Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt; etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? ... Wer nun jetzt zu Leiptzig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1000 Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10000, so nimmt er järlich 4000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar ge- fressen. Hat er 100000, wie es sein muss bei den grossen Händlern, so nimmt er järlich 40000; das heisst einen grossen reichen Fürsten in einem Jahr gefressen. Hat er 1000000, so nimmt er järlich 400000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen. Und leidet darüber kein Fahr, weder an Leib noch an Wahr, Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn Jahren fressen. (Dies ist aus "Bücher vom Kaufhandel und Wucher", vom Jahre 1524. Luther's Werke, Wittenberg 1589. 6. Theil.)
"Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu hoffen wüsste. Seit der Zeit hat er sich also erhebt, dass er nie auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun
und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wucher- gesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage Geld zu borgen ausser wenn er zu Armuth und Elend heruntergekommen ist … Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10 %, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5 % … In jenen Zeiten waren die Geld- verleiher, wenn nicht rechtliche, so doch thatsächliche Monopolisten, und daher war es nöthig, sie wie andre Monopolisten unter Be- schränkung zu setzen … In unsern Zeiten regulirt die Rate des Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulirte die Rate des Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kauf- mann eine hohe Zinsrate aufbürdete, musste der Kaufmann eine höhere Profitrate auf seine Waaren schlagen. Daher wurde eine grosse Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen.“ (Gilbart, History and Princ. of Banking, p. 164, 165.)
„Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt; etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? … Wer nun jetzt zu Leiptzig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1000 Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10000, so nimmt er järlich 4000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar ge- fressen. Hat er 100000, wie es sein muss bei den grossen Händlern, so nimmt er järlich 40000; das heisst einen grossen reichen Fürsten in einem Jahr gefressen. Hat er 1000000, so nimmt er järlich 400000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen. Und leidet darüber kein Fahr, weder an Leib noch an Wahr, Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn Jahren fressen. (Dies ist aus „Bücher vom Kaufhandel und Wucher“, vom Jahre 1524. Luther’s Werke, Wittenberg 1589. 6. Theil.)
„Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu hoffen wüsste. Seit der Zeit hat er sich also erhebt, dass er nie auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0159"n="150"/>
und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wucher-<lb/>
gesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem<lb/>
ackerbauenden Land jemand selten in die Lage Geld zu borgen<lb/>
ausser wenn er zu Armuth und Elend heruntergekommen ist …<lb/>
Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10 %, Jakob I. auf 8,<lb/>
Karl II. auf 6, Anna auf 5 % … In jenen Zeiten waren die Geld-<lb/>
verleiher, wenn nicht rechtliche, so doch thatsächliche Monopolisten,<lb/>
und daher war es nöthig, sie wie andre Monopolisten unter Be-<lb/>
schränkung zu setzen … In unsern Zeiten regulirt die Rate des<lb/>
Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulirte die Rate des<lb/>
Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kauf-<lb/>
mann eine hohe Zinsrate aufbürdete, musste der Kaufmann eine<lb/>
höhere Profitrate auf seine Waaren schlagen. Daher wurde eine<lb/>
grosse Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um<lb/>
sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen.“ (Gilbart, History<lb/>
and Princ. of Banking, p. 164, 165.)</p><lb/><p>„Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen<lb/>
Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt;<lb/>
etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs<lb/>
Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo<lb/>
zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? … Wer nun jetzt<lb/>
zu Leiptzig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen<lb/>
Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1000<lb/>
Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder<lb/>
reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10000, so nimmt<lb/>
er järlich 4000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar ge-<lb/>
fressen. Hat er 100000, wie es sein muss bei den grossen Händlern,<lb/>
so nimmt er järlich 40000; das heisst einen grossen reichen Fürsten<lb/>
in einem Jahr gefressen. Hat er 1000000, so nimmt er järlich<lb/>
400000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen.<lb/>
Und leidet darüber kein Fahr, weder an Leib noch an Wahr,<lb/>
Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte<lb/>
ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn<lb/>
Jahren fressen. (Dies ist aus „Bücher vom Kaufhandel und Wucher“,<lb/>
vom Jahre 1524. Luther’s Werke, Wittenberg 1589. 6. Theil.)</p><lb/><p>„Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er<lb/>
bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu<lb/>
hoffen wüsste. Seit der Zeit hat er sich also erhebt, dass er nie<lb/>
auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern<lb/>
lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den<lb/>
Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[150/0159]
und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wucher-
gesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem
ackerbauenden Land jemand selten in die Lage Geld zu borgen
ausser wenn er zu Armuth und Elend heruntergekommen ist …
Heinrich VIII. beschränkt den Zins auf 10 %, Jakob I. auf 8,
Karl II. auf 6, Anna auf 5 % … In jenen Zeiten waren die Geld-
verleiher, wenn nicht rechtliche, so doch thatsächliche Monopolisten,
und daher war es nöthig, sie wie andre Monopolisten unter Be-
schränkung zu setzen … In unsern Zeiten regulirt die Rate des
Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulirte die Rate des
Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kauf-
mann eine hohe Zinsrate aufbürdete, musste der Kaufmann eine
höhere Profitrate auf seine Waaren schlagen. Daher wurde eine
grosse Summe Geldes aus den Taschen der Käufer genommen, um
sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen.“ (Gilbart, History
and Princ. of Banking, p. 164, 165.)
„Ich lasse mir sagen, dass man jetzt jährlich auf einen jeglichen
Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt;
etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs
Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo
zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? … Wer nun jetzt
zu Leiptzig 100 Floren hat, der nimmt järlich 40, das heisst einen
Bauer oder einen Bürger in einem Jar gefressen. Hat er 1000
Floren; so nimmt er järlich 400, das heisst einen Ritter oder
reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10000, so nimmt
er järlich 4000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar ge-
fressen. Hat er 100000, wie es sein muss bei den grossen Händlern,
so nimmt er järlich 40000; das heisst einen grossen reichen Fürsten
in einem Jahr gefressen. Hat er 1000000, so nimmt er järlich
400000, das heisst einen grossen König in einem Jar gefressen.
Und leidet darüber kein Fahr, weder an Leib noch an Wahr,
Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und brät Aepfel: also möchte
ein Stul-Räuber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn
Jahren fressen. (Dies ist aus „Bücher vom Kaufhandel und Wucher“,
vom Jahre 1524. Luther’s Werke, Wittenberg 1589. 6. Theil.)
„Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er
bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu
hoffen wüsste. Seit der Zeit hat er sich also erhebt, dass er nie
auch kein Laster, Sünde oder Schande mehr sein will, sondern
lässt sich rhümen für eitel Tugend und Ehre, als thue er den
Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/159>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.