Fünfunddreissigstes Kapitel. Edelmetall und Wechselkurs.
I. Die Bewegung des Goldschatzes.
Mit Bezug auf die Aufspeicherung von Noten in Zeiten der Klemme ist zu bemerken, dass hier die Schatzbildung mit edlen Metallen, wie sie in den ursprünglichsten Zuständen der Gesell- schaft in unruhigen Zeiten vorkommt, sich wiederholt. Der Akt von 1844 ist in seinen Wirkungen deswegen interessant, weil er alles im Land befindliche Edelmetall in Cirkulationsmittel ver- wandeln will; er sucht Goldabfluss mit Kontraktion des Umlaufs- mittels und Goldzufluss mit Expansion des Umlaufsmittels gleich- zusetzen. Dadurch ist dann experimentell der Beweis des Gegen- theils geliefert worden. Mit einer einzigen Ausnahme, die wir gleich erwähnen werden, hat die Masse der cirkulirenden Noten der Bank von England seit 1844 nie das Maximum erreicht, das die Bank ausgeben durfte. Und die Krisis von 1857 bewies andrer- seits, dass unter gewissen Umständen dies Maximum nicht aus- reicht. Vom 13.--30. November 1857 cirkulirten im Durchschnitt täglich 488830 £ über dies Maximum hinaus. (B. A. 1858. p. XI.) Das gesetzliche Maximum war damals 14475000 £ plus dem Be- trag des Metallschatzes in den Bankkellern.
Mit Bezug auf den Ab- und Zufluss von Edelmetall zu bemerken:
Erstens ist zu unterscheiden, zwischen dem Hin- und Herlaufen des Metalls innerhalb des Gebiets, das kein Gold und Silber pro- ducirt, einerseits, und andrerseits dem Strom des Golds und Silbers von ihren Produktionsquellen über die verschiednen andren Länder und der Vertheilung dieses Zuschusses unter die letztren.
Vor der Einwirkung der russischen, kalifornischen und austra- lischen Goldminen, war seit Anfang dieses Jahrhunderts die Zu- fuhr nur hinreichend zum Ersatz der verschlissenen Münzen, zum gewöhnlichen Gebrauch als Luxusmaterial, und zur Ausfuhr von Silber nach Asien.
Seit jener Zeit jedoch wuchs erstens, mit dem asiatischen Handel Amerika's und Europas, die Silberausfuhr nach Asien ausserordentlich. Das aus Europa ausgeführte Silber wurde zum grossen Theil er- setzt durch das zusätzliche Gold. Ferner wurde ein Theil des neu- zugeführten Goldes von der innern Geldcirkulation absorbirt. Es wird geschätzt, dass bis 1857 ungefähr 30 Mill. Gold zusätzlich in die innere Cirkulation von England eingingen.14) Sodann ver-
14) Wie dies auf den Geldmarkt wirkte, zeigen folgende Aussagen von
Fünfunddreissigstes Kapitel. Edelmetall und Wechselkurs.
I. Die Bewegung des Goldschatzes.
Mit Bezug auf die Aufspeicherung von Noten in Zeiten der Klemme ist zu bemerken, dass hier die Schatzbildung mit edlen Metallen, wie sie in den ursprünglichsten Zuständen der Gesell- schaft in unruhigen Zeiten vorkommt, sich wiederholt. Der Akt von 1844 ist in seinen Wirkungen deswegen interessant, weil er alles im Land befindliche Edelmetall in Cirkulationsmittel ver- wandeln will; er sucht Goldabfluss mit Kontraktion des Umlaufs- mittels und Goldzufluss mit Expansion des Umlaufsmittels gleich- zusetzen. Dadurch ist dann experimentell der Beweis des Gegen- theils geliefert worden. Mit einer einzigen Ausnahme, die wir gleich erwähnen werden, hat die Masse der cirkulirenden Noten der Bank von England seit 1844 nie das Maximum erreicht, das die Bank ausgeben durfte. Und die Krisis von 1857 bewies andrer- seits, dass unter gewissen Umständen dies Maximum nicht aus- reicht. Vom 13.—30. November 1857 cirkulirten im Durchschnitt täglich 488830 £ über dies Maximum hinaus. (B. A. 1858. p. XI.) Das gesetzliche Maximum war damals 14475000 £ plus dem Be- trag des Metallschatzes in den Bankkellern.
Mit Bezug auf den Ab- und Zufluss von Edelmetall zu bemerken:
Erstens ist zu unterscheiden, zwischen dem Hin- und Herlaufen des Metalls innerhalb des Gebiets, das kein Gold und Silber pro- ducirt, einerseits, und andrerseits dem Strom des Golds und Silbers von ihren Produktionsquellen über die verschiednen andren Länder und der Vertheilung dieses Zuschusses unter die letztren.
Vor der Einwirkung der russischen, kalifornischen und austra- lischen Goldminen, war seit Anfang dieses Jahrhunderts die Zu- fuhr nur hinreichend zum Ersatz der verschlissenen Münzen, zum gewöhnlichen Gebrauch als Luxusmaterial, und zur Ausfuhr von Silber nach Asien.
Seit jener Zeit jedoch wuchs erstens, mit dem asiatischen Handel Amerika’s und Europas, die Silberausfuhr nach Asien ausserordentlich. Das aus Europa ausgeführte Silber wurde zum grossen Theil er- setzt durch das zusätzliche Gold. Ferner wurde ein Theil des neu- zugeführten Goldes von der innern Geldcirkulation absorbirt. Es wird geschätzt, dass bis 1857 ungefähr 30 Mill. Gold zusätzlich in die innere Cirkulation von England eingingen.14) Sodann ver-
14) Wie dies auf den Geldmarkt wirkte, zeigen folgende Aussagen von
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Fünfunddreissigstes Kapitel.
Edelmetall und Wechselkurs.
I. Die Bewegung des Goldschatzes.
Mit Bezug auf die Aufspeicherung von Noten in Zeiten der
Klemme ist zu bemerken, dass hier die Schatzbildung mit edlen
Metallen, wie sie in den ursprünglichsten Zuständen der Gesell-
schaft in unruhigen Zeiten vorkommt, sich wiederholt. Der Akt
von 1844 ist in seinen Wirkungen deswegen interessant, weil er
alles im Land befindliche Edelmetall in Cirkulationsmittel ver-
wandeln will; er sucht Goldabfluss mit Kontraktion des Umlaufs-
mittels und Goldzufluss mit Expansion des Umlaufsmittels gleich-
zusetzen. Dadurch ist dann experimentell der Beweis des Gegen-
theils geliefert worden. Mit einer einzigen Ausnahme, die wir
gleich erwähnen werden, hat die Masse der cirkulirenden Noten
der Bank von England seit 1844 nie das Maximum erreicht, das
die Bank ausgeben durfte. Und die Krisis von 1857 bewies andrer-
seits, dass unter gewissen Umständen dies Maximum nicht aus-
reicht. Vom 13.—30. November 1857 cirkulirten im Durchschnitt
täglich 488830 £ über dies Maximum hinaus. (B. A. 1858. p. XI.)
Das gesetzliche Maximum war damals 14475000 £ plus dem Be-
trag des Metallschatzes in den Bankkellern.
Mit Bezug auf den Ab- und Zufluss von Edelmetall zu bemerken:
Erstens ist zu unterscheiden, zwischen dem Hin- und Herlaufen
des Metalls innerhalb des Gebiets, das kein Gold und Silber pro-
ducirt, einerseits, und andrerseits dem Strom des Golds und Silbers
von ihren Produktionsquellen über die verschiednen andren Länder
und der Vertheilung dieses Zuschusses unter die letztren.
Vor der Einwirkung der russischen, kalifornischen und austra-
lischen Goldminen, war seit Anfang dieses Jahrhunderts die Zu-
fuhr nur hinreichend zum Ersatz der verschlissenen Münzen, zum
gewöhnlichen Gebrauch als Luxusmaterial, und zur Ausfuhr von
Silber nach Asien.
Seit jener Zeit jedoch wuchs erstens, mit dem asiatischen Handel
Amerika’s und Europas, die Silberausfuhr nach Asien ausserordentlich.
Das aus Europa ausgeführte Silber wurde zum grossen Theil er-
setzt durch das zusätzliche Gold. Ferner wurde ein Theil des neu-
zugeführten Goldes von der innern Geldcirkulation absorbirt. Es
wird geschätzt, dass bis 1857 ungefähr 30 Mill. Gold zusätzlich
in die innere Cirkulation von England eingingen. 14) Sodann ver-
14) Wie dies auf den Geldmarkt wirkte, zeigen folgende Aussagen von
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/113>, abgerufen am 22.02.2025.
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