grosser Theil der Gruben mit der unvollkommensten Trocken- legung und Ventilation betrieben wird; oft mit schlecht gebauten Schachten, schlechtem Gestänge, unfähigen Maschinisten, mit schlecht angelegten und schlecht ausgebauten Stollen und Fahr- bahnen; und dies verursacht eine Zerstörung an Leben, Glied- maßen und Gesundheit, deren Statistik ein entsetzendes Bild dar- stellen würde." (First Report on Children's Employment in Mines and Collieries et. 21. April 1829, p. 102.) In den englischen Kohlengruben wurden gegen 1860 wöchentlich im Durchschnitt 15 Mann getödtet. Nach dem Bericht über Coal Mines Accidents (6. Febr. 1862) wurden in den 10 Jahren 1852--61 zusammen 8466 getödtet. Diese Zahl ist aber viel zu gering, wie der Bericht selbst sagt, da in den ersten Jahren, als die Inspektoren erst eben eingesetzt und ihre Bezirke viel zu gross waren, eine grosse Masse Unglücks- und Todesfälle gar nicht angemeldet wurden. Gerade der Umstand, dass trotz der noch sehr grossen Schlächterei und der ungenügenden Zahl und geringen Macht der Inspektoren, die Zahl der Unfälle sehr abgenommen hat seit Einrichtung der Inspektion, zeigt die natürliche Tendenz der kapitalistischen Exploitation. -- Diese Menschenopfer sind grösstentheils geschuldet dem schmutzigen Geiz der Grubenbesitzer, die z. B. oft nur einen Schacht graben liessen, sodass nicht nur keine wirksame Ventilation, sondern auch kein Ausweg möglich, sobald der eine verstopft war.
Die kapitalistische Produktion, wenn wir sie im einzelnen be- trachten und von dem Process der Cirkulation und den Ueber- wucherungen der Konkurrenz absehn, geht äusserst sparsam um mit der verwirklichten, in Waaren vergegenständlichten Arbeit. Dagegen ist sie, weit mehr als jede andre Produktionsweise, eine Vergeuderin von Menschen, von lebendiger Arbeit, eine Vergeuderin nicht nur von Fleisch und Blut, sondern auch von Nerven und Hirn. Es ist in der That nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller Entwicklung, dass die Entwicklung der Menschheit überhaupt ge- sichert und durchgeführt wird in der Geschichtsepoche, die der be- wussten Rekonstitution der menschlichen Gesellschaft unmittelbar vorausgeht. Da die ganze Oekonomisirung, von der hier die Rede, entspringt aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, so ist es in der That gerade dieser unmittelbar gesellschaftliche Charakter der Arbeit, der diese Verschwendung von Leben und Gesundheit der Arbeiter erzeugt. Charakteristisch in dieser Hin- sicht ist schon die vom Fabrikinspektor B. Baker aufgeworfne Frage: "The whole question is one for serious consideration, in
grosser Theil der Gruben mit der unvollkommensten Trocken- legung und Ventilation betrieben wird; oft mit schlecht gebauten Schachten, schlechtem Gestänge, unfähigen Maschinisten, mit schlecht angelegten und schlecht ausgebauten Stollen und Fahr- bahnen; und dies verursacht eine Zerstörung an Leben, Glied- maßen und Gesundheit, deren Statistik ein entsetzendes Bild dar- stellen würde.“ (First Report on Children’s Employment in Mines and Collieries et. 21. April 1829, p. 102.) In den englischen Kohlengruben wurden gegen 1860 wöchentlich im Durchschnitt 15 Mann getödtet. Nach dem Bericht über Coal Mines Accidents (6. Febr. 1862) wurden in den 10 Jahren 1852—61 zusammen 8466 getödtet. Diese Zahl ist aber viel zu gering, wie der Bericht selbst sagt, da in den ersten Jahren, als die Inspektoren erst eben eingesetzt und ihre Bezirke viel zu gross waren, eine grosse Masse Unglücks- und Todesfälle gar nicht angemeldet wurden. Gerade der Umstand, dass trotz der noch sehr grossen Schlächterei und der ungenügenden Zahl und geringen Macht der Inspektoren, die Zahl der Unfälle sehr abgenommen hat seit Einrichtung der Inspektion, zeigt die natürliche Tendenz der kapitalistischen Exploitation. — Diese Menschenopfer sind grösstentheils geschuldet dem schmutzigen Geiz der Grubenbesitzer, die z. B. oft nur einen Schacht graben liessen, sodass nicht nur keine wirksame Ventilation, sondern auch kein Ausweg möglich, sobald der eine verstopft war.
Die kapitalistische Produktion, wenn wir sie im einzelnen be- trachten und von dem Process der Cirkulation und den Ueber- wucherungen der Konkurrenz absehn, geht äusserst sparsam um mit der verwirklichten, in Waaren vergegenständlichten Arbeit. Dagegen ist sie, weit mehr als jede andre Produktionsweise, eine Vergeuderin von Menschen, von lebendiger Arbeit, eine Vergeuderin nicht nur von Fleisch und Blut, sondern auch von Nerven und Hirn. Es ist in der That nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller Entwicklung, dass die Entwicklung der Menschheit überhaupt ge- sichert und durchgeführt wird in der Geschichtsepoche, die der be- wussten Rekonstitution der menschlichen Gesellschaft unmittelbar vorausgeht. Da die ganze Oekonomisirung, von der hier die Rede, entspringt aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, so ist es in der That gerade dieser unmittelbar gesellschaftliche Charakter der Arbeit, der diese Verschwendung von Leben und Gesundheit der Arbeiter erzeugt. Charakteristisch in dieser Hin- sicht ist schon die vom Fabrikinspektor B. Baker aufgeworfne Frage: „The whole question is one for serious consideration, in
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grosser Theil der Gruben mit der unvollkommensten Trocken-
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schlecht angelegten und schlecht ausgebauten Stollen und Fahr-
bahnen; und dies verursacht eine Zerstörung an Leben, Glied-
maßen und Gesundheit, deren Statistik ein entsetzendes Bild dar-
stellen würde.“ (First Report on Children’s Employment in Mines
and Collieries et. 21. April 1829, p. 102.) In den englischen
Kohlengruben wurden gegen 1860 wöchentlich im Durchschnitt
15 Mann getödtet. Nach dem Bericht über Coal Mines Accidents
(6. Febr. 1862) wurden in den 10 Jahren 1852—61 zusammen 8466
getödtet. Diese Zahl ist aber viel zu gering, wie der Bericht
selbst sagt, da in den ersten Jahren, als die Inspektoren erst eben
eingesetzt und ihre Bezirke viel zu gross waren, eine grosse Masse
Unglücks- und Todesfälle gar nicht angemeldet wurden. Gerade
der Umstand, dass trotz der noch sehr grossen Schlächterei und der
ungenügenden Zahl und geringen Macht der Inspektoren, die Zahl
der Unfälle sehr abgenommen hat seit Einrichtung der Inspektion,
zeigt die natürliche Tendenz der kapitalistischen Exploitation. —
Diese Menschenopfer sind grösstentheils geschuldet dem schmutzigen
Geiz der Grubenbesitzer, die z. B. oft nur einen Schacht graben
liessen, sodass nicht nur keine wirksame Ventilation, sondern auch
kein Ausweg möglich, sobald der eine verstopft war.
Die kapitalistische Produktion, wenn wir sie im einzelnen be-
trachten und von dem Process der Cirkulation und den Ueber-
wucherungen der Konkurrenz absehn, geht äusserst sparsam um mit
der verwirklichten, in Waaren vergegenständlichten Arbeit. Dagegen
ist sie, weit mehr als jede andre Produktionsweise, eine Vergeuderin
von Menschen, von lebendiger Arbeit, eine Vergeuderin nicht nur von
Fleisch und Blut, sondern auch von Nerven und Hirn. Es ist in der
That nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller
Entwicklung, dass die Entwicklung der Menschheit überhaupt ge-
sichert und durchgeführt wird in der Geschichtsepoche, die der be-
wussten Rekonstitution der menschlichen Gesellschaft unmittelbar
vorausgeht. Da die ganze Oekonomisirung, von der hier die Rede,
entspringt aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, so
ist es in der That gerade dieser unmittelbar gesellschaftliche
Charakter der Arbeit, der diese Verschwendung von Leben und
Gesundheit der Arbeiter erzeugt. Charakteristisch in dieser Hin-
sicht ist schon die vom Fabrikinspektor B. Baker aufgeworfne
Frage: „The whole question is one for serious consideration, in
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/97>, abgerufen am 22.11.2024.
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