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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Die Vorstellung vom Kapital als sich selbst reproducirendem und
in der Reproduktion vermehrendem Werth, kraft seiner eingebornen
Eigenschaft als ewig währender und wachsender Werth -- also
kraft der verborgnen Qualität der Scholastiker -- hat zu den fabel-
haften Einfällen des Dr. Price geleitet, die bei weitem die Phan-
tasien der Alchymisten hinter sich lassen; Einfällen, an die Pitt
ernsthaft glaubte und die er in seinen Gesetzen über den sinking
fund zu Säulen seiner Finanzwirthschaft machte.

"Geld das Zinseszinsen trägt, wächst anfangs langsam; da aber
die Rate des Wachsthums sich fortwährend beschleunigt, wird sie
nach einiger Zeit so rasch, dass sie jeder Einbildung spottet. Ein
Penny, ausgeliehen bei der Geburt unsers Erlösers auf Zinseszinsen
zu 5 %, würde schon jetzt zu einer grössren Summe herangewachsen
sein, als enthalten wäre in 150 Millionen Erden, alle von ge-
diegnem Gold. Aber ausgelegt auf einfache Zinsen, würde er in
derselben Zeit nur angewachsen sein auf 7 sh. 41/2 d. Bis jetzt
hat unsre Regierung vorgezogen, ihre Finanzen auf diesem letzteren,
statt auf dem ersteren Weg zu verbessern."80)

Noch höher fliegt er in seinen Observations on reversionary
payments etc. London 1782: "1 sh. ausgelegt bei der Geburt
unsers Erlösers" [also wohl im Tempel von Jerusalem] "zu 6 %
Zinseszinsen würde angewachsen sein zu einer grössern Summe
als das ganze Sonnensystem einbegreifen könnte, wenn in eine

80) Richard Price: An Appeal to the Public on the subject of the Na-
tional Debt. 2d ed. London 1772. Er macht den naiven Witz: "Man muss
Geld borgen zu einfachen Zinsen, um es auf Zinseszinsen zu vermehren."
(R. Hamilton, An Inquiry into the Rise and Progress of the National Debt
of Great Britain. 2d ed. Edinburgh 1814.) Darnach wäre Pumpen überhaupt
das sicherste Mittel der Bereicherung auch für Private. Aber wenn ich z. B.
100 £ zu 5 % jährlichem Zins aufnehme, habe ich Ende des Jahrs 5 £ zu
zahlen, und gesetzt dieser Vorschuss daure 100 Millionen Jahre, so habe ich
in der Zwischenzeit in jedem Jahr immer nur 100 £ auszuleihen und ebenso
in jedem Jahre 5 £ zu zahlen. Ich komme durch diesen Process nie dazu
105 £ auszuleihen, dadurch dass ich 100 £ aufnehme. Und wovon soll ich
die 5 % zahlen? Durch neue Anleihen, oder wenn ich der Staat bin, durch
Steuern. Nimmt aber der industrielle Kapitalist Geld auf, so hat er bei
einem Profit von sage 15 %, 5 % zu zahlen als Zins, 5 % zu verzehren (ob-
gleich sein Appetit wächst mit seiner Einnahme) und 5 % zu kapitalisiren.
Es sind also schon 15 % Profit vorausgesetzt, um beständig 5 % Zins zu
zahlen. Dauert der Process fort, so fällt die Profitrate aus den schon ent-
wickelten Gründen, sage von 15 % auf 10 %. Aber Price vergisst ganz,
dass der Zins von 5 % eine Profitrate von 15 % voraussetzt, und lässt diese
mit der Akkumulation des Kapitals fortdauern. Er hat überhaupt nichts
mit dem wirklichen Akkumulationsprocess zu thun, sondern nur Geld aus-
zuleihen, damit es mit Zinseszinsen zurückfliesse. Wie es das anfängt, ist
ihm ganz gleichgültig, da dies ja die eingeborne Qualität des zinstragenden
Kapitals ist.

Die Vorstellung vom Kapital als sich selbst reproducirendem und
in der Reproduktion vermehrendem Werth, kraft seiner eingebornen
Eigenschaft als ewig währender und wachsender Werth — also
kraft der verborgnen Qualität der Scholastiker — hat zu den fabel-
haften Einfällen des Dr. Price geleitet, die bei weitem die Phan-
tasien der Alchymisten hinter sich lassen; Einfällen, an die Pitt
ernsthaft glaubte und die er in seinen Gesetzen über den sinking
fund zu Säulen seiner Finanzwirthschaft machte.

„Geld das Zinseszinsen trägt, wächst anfangs langsam; da aber
die Rate des Wachsthums sich fortwährend beschleunigt, wird sie
nach einiger Zeit so rasch, dass sie jeder Einbildung spottet. Ein
Penny, ausgeliehen bei der Geburt unsers Erlösers auf Zinseszinsen
zu 5 %, würde schon jetzt zu einer grössren Summe herangewachsen
sein, als enthalten wäre in 150 Millionen Erden, alle von ge-
diegnem Gold. Aber ausgelegt auf einfache Zinsen, würde er in
derselben Zeit nur angewachsen sein auf 7 sh. 4½ d. Bis jetzt
hat unsre Regierung vorgezogen, ihre Finanzen auf diesem letzteren,
statt auf dem ersteren Weg zu verbessern.“80)

Noch höher fliegt er in seinen Observations on reversionary
payments etc. London 1782: „1 sh. ausgelegt bei der Geburt
unsers Erlösers“ [also wohl im Tempel von Jerusalem] „zu 6 %
Zinseszinsen würde angewachsen sein zu einer grössern Summe
als das ganze Sonnensystem einbegreifen könnte, wenn in eine

80) Richard Price: An Appeal to the Public on the subject of the Na-
tional Debt. 2d ed. London 1772. Er macht den naiven Witz: „Man muss
Geld borgen zu einfachen Zinsen, um es auf Zinseszinsen zu vermehren.“
(R. Hamilton, An Inquiry into the Rise and Progress of the National Debt
of Great Britain. 2d ed. Edinburgh 1814.) Darnach wäre Pumpen überhaupt
das sicherste Mittel der Bereicherung auch für Private. Aber wenn ich z. B.
100 £ zu 5 % jährlichem Zins aufnehme, habe ich Ende des Jahrs 5 £ zu
zahlen, und gesetzt dieser Vorschuss daure 100 Millionen Jahre, so habe ich
in der Zwischenzeit in jedem Jahr immer nur 100 £ auszuleihen und ebenso
in jedem Jahre 5 £ zu zahlen. Ich komme durch diesen Process nie dazu
105 £ auszuleihen, dadurch dass ich 100 £ aufnehme. Und wovon soll ich
die 5 % zahlen? Durch neue Anleihen, oder wenn ich der Staat bin, durch
Steuern. Nimmt aber der industrielle Kapitalist Geld auf, so hat er bei
einem Profit von sage 15 %, 5 % zu zahlen als Zins, 5 % zu verzehren (ob-
gleich sein Appetit wächst mit seiner Einnahme) und 5 % zu kapitalisiren.
Es sind also schon 15 % Profit vorausgesetzt, um beständig 5 % Zins zu
zahlen. Dauert der Process fort, so fällt die Profitrate aus den schon ent-
wickelten Gründen, sage von 15 % auf 10 %. Aber Price vergisst ganz,
dass der Zins von 5 % eine Profitrate von 15 % voraussetzt, und lässt diese
mit der Akkumulation des Kapitals fortdauern. Er hat überhaupt nichts
mit dem wirklichen Akkumulationsprocess zu thun, sondern nur Geld aus-
zuleihen, damit es mit Zinseszinsen zurückfliesse. Wie es das anfängt, ist
ihm ganz gleichgültig, da dies ja die eingeborne Qualität des zinstragenden
Kapitals ist.
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[381/0415] Die Vorstellung vom Kapital als sich selbst reproducirendem und in der Reproduktion vermehrendem Werth, kraft seiner eingebornen Eigenschaft als ewig währender und wachsender Werth — also kraft der verborgnen Qualität der Scholastiker — hat zu den fabel- haften Einfällen des Dr. Price geleitet, die bei weitem die Phan- tasien der Alchymisten hinter sich lassen; Einfällen, an die Pitt ernsthaft glaubte und die er in seinen Gesetzen über den sinking fund zu Säulen seiner Finanzwirthschaft machte. „Geld das Zinseszinsen trägt, wächst anfangs langsam; da aber die Rate des Wachsthums sich fortwährend beschleunigt, wird sie nach einiger Zeit so rasch, dass sie jeder Einbildung spottet. Ein Penny, ausgeliehen bei der Geburt unsers Erlösers auf Zinseszinsen zu 5 %, würde schon jetzt zu einer grössren Summe herangewachsen sein, als enthalten wäre in 150 Millionen Erden, alle von ge- diegnem Gold. Aber ausgelegt auf einfache Zinsen, würde er in derselben Zeit nur angewachsen sein auf 7 sh. 4½ d. Bis jetzt hat unsre Regierung vorgezogen, ihre Finanzen auf diesem letzteren, statt auf dem ersteren Weg zu verbessern.“ 80) Noch höher fliegt er in seinen Observations on reversionary payments etc. London 1782: „1 sh. ausgelegt bei der Geburt unsers Erlösers“ [also wohl im Tempel von Jerusalem] „zu 6 % Zinseszinsen würde angewachsen sein zu einer grössern Summe als das ganze Sonnensystem einbegreifen könnte, wenn in eine 80) Richard Price: An Appeal to the Public on the subject of the Na- tional Debt. 2d ed. London 1772. Er macht den naiven Witz: „Man muss Geld borgen zu einfachen Zinsen, um es auf Zinseszinsen zu vermehren.“ (R. Hamilton, An Inquiry into the Rise and Progress of the National Debt of Great Britain. 2d ed. Edinburgh 1814.) Darnach wäre Pumpen überhaupt das sicherste Mittel der Bereicherung auch für Private. Aber wenn ich z. B. 100 £ zu 5 % jährlichem Zins aufnehme, habe ich Ende des Jahrs 5 £ zu zahlen, und gesetzt dieser Vorschuss daure 100 Millionen Jahre, so habe ich in der Zwischenzeit in jedem Jahr immer nur 100 £ auszuleihen und ebenso in jedem Jahre 5 £ zu zahlen. Ich komme durch diesen Process nie dazu 105 £ auszuleihen, dadurch dass ich 100 £ aufnehme. Und wovon soll ich die 5 % zahlen? Durch neue Anleihen, oder wenn ich der Staat bin, durch Steuern. Nimmt aber der industrielle Kapitalist Geld auf, so hat er bei einem Profit von sage 15 %, 5 % zu zahlen als Zins, 5 % zu verzehren (ob- gleich sein Appetit wächst mit seiner Einnahme) und 5 % zu kapitalisiren. Es sind also schon 15 % Profit vorausgesetzt, um beständig 5 % Zins zu zahlen. Dauert der Process fort, so fällt die Profitrate aus den schon ent- wickelten Gründen, sage von 15 % auf 10 %. Aber Price vergisst ganz, dass der Zins von 5 % eine Profitrate von 15 % voraussetzt, und lässt diese mit der Akkumulation des Kapitals fortdauern. Er hat überhaupt nichts mit dem wirklichen Akkumulationsprocess zu thun, sondern nur Geld aus- zuleihen, damit es mit Zinseszinsen zurückfliesse. Wie es das anfängt, ist ihm ganz gleichgültig, da dies ja die eingeborne Qualität des zinstragenden Kapitals ist.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/415>, abgerufen am 24.11.2024.