Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab;
ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt, und so alle reducirt auf
ihren Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich,
als die beiden Waaren, die als Weltgeld cirkuliren, auf ihr gegen-
seitiges Werthverhältniss zu reduciren sind, das beständig wechselt.
Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Ge-
schäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprüng-
lichsten Formen des Geldhandels, und entspringen aus den doppelten
Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld.

Aus dem kapitalistischen Produktionsprocess, wie aus dem Handel
überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich:

Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d. h. jetzt des
Theils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muss,
als Reservefonds von Zahlungs- und Kaufmitteln. Dies ist die
erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktions-
weise wieder erscheint, und sich überhaupt bei Entwicklung des
Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl
für die inländische wie die internationale Cirkulation. Dieser
Schatz ist beständig fliessend, ergiesst sich beständig in die Cirku-
lation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des
Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäf-
tigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumulirtes, noch
nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese
Schatzbildung als solche nöthig macht, sind zunächst seine Auf-
bewahrung, Buchführung etc.

Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim
Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von
Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet
der Geldhändler zunächst als einfacher Kassirer für die Kaufleute
und industriellen Kapitalisten.44)


44) "Die Einrichtung der Kassirer hat vielleicht nirgends ihren ursprüng-
lichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen
Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassirerei in Amsterdam, E. Lusac,
Holland's Rykdom, deel III.) Ihre Funktionen stimmen zum Theil überein
mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassirer empfängt von
den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld,
wofür er ihnen ein "credit" in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie
ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditirt;
dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefjes) Zahlungen und
belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge
und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch
die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen
entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen

Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab;
ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt, und so alle reducirt auf
ihren Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich,
als die beiden Waaren, die als Weltgeld cirkuliren, auf ihr gegen-
seitiges Werthverhältniss zu reduciren sind, das beständig wechselt.
Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Ge-
schäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprüng-
lichsten Formen des Geldhandels, und entspringen aus den doppelten
Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld.

Aus dem kapitalistischen Produktionsprocess, wie aus dem Handel
überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich:

Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d. h. jetzt des
Theils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muss,
als Reservefonds von Zahlungs- und Kaufmitteln. Dies ist die
erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktions-
weise wieder erscheint, und sich überhaupt bei Entwicklung des
Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl
für die inländische wie die internationale Cirkulation. Dieser
Schatz ist beständig fliessend, ergiesst sich beständig in die Cirku-
lation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des
Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäf-
tigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumulirtes, noch
nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese
Schatzbildung als solche nöthig macht, sind zunächst seine Auf-
bewahrung, Buchführung etc.

Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim
Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von
Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet
der Geldhändler zunächst als einfacher Kassirer für die Kaufleute
und industriellen Kapitalisten.44)


44) „Die Einrichtung der Kassirer hat vielleicht nirgends ihren ursprüng-
lichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen
Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassirerei in Amsterdam, E. Lusac,
Holland’s Rykdom, deel III.) Ihre Funktionen stimmen zum Theil überein
mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassirer empfängt von
den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld,
wofür er ihnen ein „credit“ in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie
ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditirt;
dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefjes) Zahlungen und
belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge
und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch
die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen
entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0337" n="303"/>
            <p>Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab;<lb/>
ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt, und so alle reducirt auf<lb/>
ihren Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich,<lb/>
als die beiden Waaren, die als Weltgeld cirkuliren, auf ihr gegen-<lb/>
seitiges Werthverhältniss zu reduciren sind, das beständig wechselt.<lb/>
Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Ge-<lb/>
schäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprüng-<lb/>
lichsten Formen des Geldhandels, und entspringen aus den doppelten<lb/>
Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld.</p><lb/>
            <p>Aus dem kapitalistischen Produktionsprocess, wie aus dem Handel<lb/>
überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich:</p><lb/>
            <p>Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d. h. jetzt des<lb/>
Theils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muss,<lb/>
als Reservefonds von Zahlungs- und Kaufmitteln. Dies ist die<lb/>
erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktions-<lb/>
weise wieder erscheint, und sich überhaupt bei Entwicklung des<lb/>
Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl<lb/>
für die inländische wie die internationale Cirkulation. Dieser<lb/>
Schatz ist beständig fliessend, ergiesst sich beständig in die Cirku-<lb/>
lation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des<lb/>
Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäf-<lb/>
tigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumulirtes, noch<lb/>
nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese<lb/>
Schatzbildung als solche nöthig macht, sind zunächst seine Auf-<lb/>
bewahrung, Buchführung etc.</p><lb/>
            <p>Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim<lb/>
Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von<lb/>
Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet<lb/>
der Geldhändler zunächst als einfacher <hi rendition="#g">Kassirer</hi> für die Kaufleute<lb/>
und industriellen Kapitalisten.<note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="44)">&#x201E;Die Einrichtung der Kassirer hat vielleicht nirgends ihren ursprüng-<lb/>
lichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen<lb/>
Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassirerei in Amsterdam, E. Lusac,<lb/>
Holland&#x2019;s Rykdom, deel III.) Ihre Funktionen stimmen zum Theil überein<lb/>
mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassirer empfängt von<lb/>
den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld,<lb/>
wofür er ihnen ein &#x201E;credit&#x201C; in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie<lb/>
ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditirt;<lb/>
dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefjes) Zahlungen und<lb/>
belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge<lb/>
und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch<lb/>
die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen<lb/>
entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen</note></p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0337] Als Weltgeld streift das Landesgeld seinen lokalen Charakter ab; ein Landesgeld wird im andern ausgedrückt, und so alle reducirt auf ihren Gehalt in Gold oder Silber, während diese letztren zugleich, als die beiden Waaren, die als Weltgeld cirkuliren, auf ihr gegen- seitiges Werthverhältniss zu reduciren sind, das beständig wechselt. Diese Vermittlung macht der Geldhändler zu seinem besondren Ge- schäft. Wechslergeschäft und Barrenhandel sind so die ursprüng- lichsten Formen des Geldhandels, und entspringen aus den doppelten Funktionen des Geldes: als Landesmünze und als Weltgeld. Aus dem kapitalistischen Produktionsprocess, wie aus dem Handel überhaupt, selbst bei vorkapitalistischer Produktionsweise, ergibt sich: Erstens, die Ansammlung des Geldes als Schatz, d. h. jetzt des Theils des Kapitals, der stets in Geldform vorhanden sein muss, als Reservefonds von Zahlungs- und Kaufmitteln. Dies ist die erste Form des Schatzes, wie er in der kapitalistischen Produktions- weise wieder erscheint, und sich überhaupt bei Entwicklung des Handelskapitals wenigstens für dieses bildet. Beides gilt sowohl für die inländische wie die internationale Cirkulation. Dieser Schatz ist beständig fliessend, ergiesst sich beständig in die Cirku- lation und kehrt beständig aus ihr zurück. Die zweite Form des Schatzes ist nun die von brachliegendem, augenblicklich unbeschäf- tigtem Kapital in Geldform, wozu auch neu akkumulirtes, noch nicht angelegtes Geldkapital gehört. Die Funktionen, die diese Schatzbildung als solche nöthig macht, sind zunächst seine Auf- bewahrung, Buchführung etc. Zweitens aber ist damit verbunden Ausgeben des Geldes beim Kaufen, Einnehmen beim Verkaufen, Zahlen und Empfangen von Zahlungen, Ausgleichung der Zahlungen etc. Alles dies verrichtet der Geldhändler zunächst als einfacher Kassirer für die Kaufleute und industriellen Kapitalisten. 44) 44) „Die Einrichtung der Kassirer hat vielleicht nirgends ihren ursprüng- lichen, selbständigen Charakter so rein bewahrt wie in den niederländischen Kaufstädten (s. über den Ursprung der Kassirerei in Amsterdam, E. Lusac, Holland’s Rykdom, deel III.) Ihre Funktionen stimmen zum Theil überein mit denen der alten Amsterdamer Wechselbank. Der Kassirer empfängt von den Kaufleuten, die seine Dienste anwenden, einen gewissen Betrag in Geld, wofür er ihnen ein „credit“ in seinen Büchern eröffnet; ferner senden sie ihm ihre Schuldforderungen, die er für sie einzieht und sie dafür kreditirt; dagegen macht er gegen ihre Anweisungen (kassiers briefjes) Zahlungen und belastet ihre laufende Rechnung mit deren Beträgen. Für diese Eingänge und Auszahlungen berechnet er dann eine geringe Provision, die nur durch die Bedeutung der Umsätze, zu denen er es zwischen beiden bringt, einen entsprechenden Lohn für seine Arbeit abwirft. Wenn Zahlungen auszugleichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/337
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/337>, abgerufen am 24.11.2024.