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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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die sie selbst producirt haben. Wie sich die Kapitalisten dabei bereichern
sollen ist nicht abzusehn. Wenn die 100 £ Geld ihnen nicht zurück-
flössen, so hätten sie den Arbeitern erstens 100 £ Geld für ihre Arbeit
zahlen, und zweitens ihnen das Produkt dieser Arbeit, für 100 £ Konsum-
tionsmittel, umsonst geben müssen. Der Rückfluss könnte also höchstens
erklären, warum die Kapitalisten durch die Operation nicht ärmer, keines-
wegs aber, warum sie dadurch reicher geworden.

Eine andre Frage ist allerdings, wie die Kapitalisten die 100 £
Geld besitzen, und warum die Arbeiter, statt selbst für eigne Rechnung
Waaren zu produciren, gezwungen sind, ihre Arbeitskraft gegen diese
100 £ auszutauschen. Aber dies ist etwas, was sich für einen Denker
vom Kaliber Destutt's von selbst versteht.

Destutt ist selbst nicht ganz befriedigt mit dieser Lösung. Er hatte
uns ja nicht gesagt, dass man sich dadurch bereichert, dass man eine
Geldsumme von 100 £ ausgibt und dann eine Geldsumme von 100 £
wieder einnimmt, also nicht durch den Rückfluss von 100 £ Geld, der
ja nur zeigt, warum die 100 £ Geld nicht verloren gehn. Er hatte
uns gesagt, dass die Kapitalisten sich bereichern, "indem sie alles was
sie produciren theurer verkaufen als es ihnen zu kaufen gekostet hat."

Also müssen sich auch die Kapitalisten in ihrer Transaktion mit
den Arbeitern dadurch bereichern, dass sie denselben zu theuer verkaufen.
Vortrefflich! "Sie zahlen Arbeitslohn . . . . und alles das fliesst ihnen
zurück durch die Ausgaben aller dieser Leute, die ihnen" [die Produkte]
"theurer bezahlen als sie ihnen" [den Kapitalisten] "vermittelst dieses
Arbeitslohns gekostet haben." (p. 240.) Also die Kapitalisten zahlen
100 £ Lohn an die Arbeiter, und dann verkaufen sie den Arbeitern
ihr eignes Produkt zu 120 £, sodass ihnen nicht nur die 100 £ zurück-
fließen, sondern noch 20 £ gewonnen werden? Dies ist unmöglich. Die
Arbeiter können nur mit dem Geld zahlen, das sie in Form von Arbeits-
lohn erhalten haben. Wenn sie 100 £ Lohn von den Kapitalisten er-
halten, können sie nur für 100 £ kaufen und nicht für 120 £. Also
auf diese Weise ginge die Sache nicht. Es gibt aber noch einen andern
Weg. Die Arbeiter kaufen von den Kapitalisten Waare für 100 £, er-
halten aber in der That nur Waare zum Werth von 80 £. Sie sind
daher unbedingt um 20 £ geprellt. Und der Kapitalist hat sich un-
bedingt um 20 £ bereichert, weil er die Arbeitskraft thatsächlich 20 %

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die sie selbst producirt haben. Wie sich die Kapitalisten dabei bereichern
sollen ist nicht abzusehn. Wenn die 100 £ Geld ihnen nicht zurück-
flössen, so hätten sie den Arbeitern erstens 100 £ Geld für ihre Arbeit
zahlen, und zweitens ihnen das Produkt dieser Arbeit, für 100 £ Konsum-
tionsmittel, umsonst geben müssen. Der Rückfluss könnte also höchstens
erklären, warum die Kapitalisten durch die Operation nicht ärmer, keines-
wegs aber, warum sie dadurch reicher geworden.

Eine andre Frage ist allerdings, wie die Kapitalisten die 100 £
Geld besitzen, und warum die Arbeiter, statt selbst für eigne Rechnung
Waaren zu produciren, gezwungen sind, ihre Arbeitskraft gegen diese
100 £ auszutauschen. Aber dies ist etwas, was sich für einen Denker
vom Kaliber Destutt’s von selbst versteht.

Destutt ist selbst nicht ganz befriedigt mit dieser Lösung. Er hatte
uns ja nicht gesagt, dass man sich dadurch bereichert, dass man eine
Geldsumme von 100 £ ausgibt und dann eine Geldsumme von 100 £
wieder einnimmt, also nicht durch den Rückfluss von 100 £ Geld, der
ja nur zeigt, warum die 100 £ Geld nicht verloren gehn. Er hatte
uns gesagt, dass die Kapitalisten sich bereichern, „indem sie alles was
sie produciren theurer verkaufen als es ihnen zu kaufen gekostet hat.“

Also müssen sich auch die Kapitalisten in ihrer Transaktion mit
den Arbeitern dadurch bereichern, dass sie denselben zu theuer verkaufen.
Vortrefflich! „Sie zahlen Arbeitslohn . . . . und alles das fliesst ihnen
zurück durch die Ausgaben aller dieser Leute, die ihnen“ [die Produkte]
„theurer bezahlen als sie ihnen“ [den Kapitalisten] „vermittelst dieses
Arbeitslohns gekostet haben.“ (p. 240.) Also die Kapitalisten zahlen
100 £ Lohn an die Arbeiter, und dann verkaufen sie den Arbeitern
ihr eignes Produkt zu 120 £, sodass ihnen nicht nur die 100 £ zurück-
fließen, sondern noch 20 £ gewonnen werden? Dies ist unmöglich. Die
Arbeiter können nur mit dem Geld zahlen, das sie in Form von Arbeits-
lohn erhalten haben. Wenn sie 100 £ Lohn von den Kapitalisten er-
halten, können sie nur für 100 £ kaufen und nicht für 120 £. Also
auf diese Weise ginge die Sache nicht. Es gibt aber noch einen andern
Weg. Die Arbeiter kaufen von den Kapitalisten Waare für 100 £, er-
halten aber in der That nur Waare zum Werth von 80 £. Sie sind
daher unbedingt um 20 £ geprellt. Und der Kapitalist hat sich un-
bedingt um 20 £ bereichert, weil er die Arbeitskraft thatsächlich 20 %

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[483/0517] die sie selbst producirt haben. Wie sich die Kapitalisten dabei bereichern sollen ist nicht abzusehn. Wenn die 100 £ Geld ihnen nicht zurück- flössen, so hätten sie den Arbeitern erstens 100 £ Geld für ihre Arbeit zahlen, und zweitens ihnen das Produkt dieser Arbeit, für 100 £ Konsum- tionsmittel, umsonst geben müssen. Der Rückfluss könnte also höchstens erklären, warum die Kapitalisten durch die Operation nicht ärmer, keines- wegs aber, warum sie dadurch reicher geworden. Eine andre Frage ist allerdings, wie die Kapitalisten die 100 £ Geld besitzen, und warum die Arbeiter, statt selbst für eigne Rechnung Waaren zu produciren, gezwungen sind, ihre Arbeitskraft gegen diese 100 £ auszutauschen. Aber dies ist etwas, was sich für einen Denker vom Kaliber Destutt’s von selbst versteht. Destutt ist selbst nicht ganz befriedigt mit dieser Lösung. Er hatte uns ja nicht gesagt, dass man sich dadurch bereichert, dass man eine Geldsumme von 100 £ ausgibt und dann eine Geldsumme von 100 £ wieder einnimmt, also nicht durch den Rückfluss von 100 £ Geld, der ja nur zeigt, warum die 100 £ Geld nicht verloren gehn. Er hatte uns gesagt, dass die Kapitalisten sich bereichern, „indem sie alles was sie produciren theurer verkaufen als es ihnen zu kaufen gekostet hat.“ Also müssen sich auch die Kapitalisten in ihrer Transaktion mit den Arbeitern dadurch bereichern, dass sie denselben zu theuer verkaufen. Vortrefflich! „Sie zahlen Arbeitslohn . . . . und alles das fliesst ihnen zurück durch die Ausgaben aller dieser Leute, die ihnen“ [die Produkte] „theurer bezahlen als sie ihnen“ [den Kapitalisten] „vermittelst dieses Arbeitslohns gekostet haben.“ (p. 240.) Also die Kapitalisten zahlen 100 £ Lohn an die Arbeiter, und dann verkaufen sie den Arbeitern ihr eignes Produkt zu 120 £, sodass ihnen nicht nur die 100 £ zurück- fließen, sondern noch 20 £ gewonnen werden? Dies ist unmöglich. Die Arbeiter können nur mit dem Geld zahlen, das sie in Form von Arbeits- lohn erhalten haben. Wenn sie 100 £ Lohn von den Kapitalisten er- halten, können sie nur für 100 £ kaufen und nicht für 120 £. Also auf diese Weise ginge die Sache nicht. Es gibt aber noch einen andern Weg. Die Arbeiter kaufen von den Kapitalisten Waare für 100 £, er- halten aber in der That nur Waare zum Werth von 80 £. Sie sind daher unbedingt um 20 £ geprellt. Und der Kapitalist hat sich un- bedingt um 20 £ bereichert, weil er die Arbeitskraft thatsächlich 20 % 31*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/517>, abgerufen am 25.11.2024.