Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem einstweilen
nur zu thun innerhalb der bestimmten Funktion, in der es uns hier gegen-
übertritt) laufen gewöhnlich zwei Irrthümer neben oder durcheinander.
Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwerth als Geldkapital verrichtet,
und die er eben verrichten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden
irrthümlich aus seinem Kapitalcharacter abgeleitet, während sie nur dem
Geldzustand des Kapitalwerths geschuldet sind, seiner Erscheinungsform
als Geld. Und zweitens umgekehrt: Der specifische Gehalt der Geld-
funktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunktion macht, wird aus der
Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während
sie gesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von
G -- A, die in blosser Waaren-, und entsprechender Geldcirkulation
keineswegs gegeben sind.

Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach
Waaren-Kauf und Verkauf. Ohne Existenz der Sklaverei kann Geld aber
nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankauf
von Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des
Käufers keineswegs hin, um Sklaverei zu ermöglichen.

Dass der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs
der eignen Arbeit oder des Arbeitslohns) nicht als isolirte Erscheinung,
sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Produktion
von Waaren sich darstelle, dass also das Geldkapital auf gesellschaftlicher
Stufenleiter die hier betrachtete Funktion vollziehe, --
dies unterstellt historische Processe, durch welche die ursprüngliche Ver-
bindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Pro-
cesse, in Folge deren die Masse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigen-
thümer und die Nichtarbeiter als Eigenthümer dieser Produktionsmittel
sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache thut, ob die Verbindung,
vor ihrer Zersetzung, die Form besass, dass der Arbeiter selbst als Pro-
duktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oder ob er deren
Eigner war.

Der Thatbestand, der hier also dem Akt zu Grunde
liegt, ist die Vertheilung; nicht die Vertheilung im gewöhnlichen Sinn als
Vertheilung der Konsumtionsmittel, sondern die Vertheilung der Elemente
der Produktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der
einen Seite koncentrirt sind, die Arbeitskraft davon isolirt auf der andern.


Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem einstweilen
nur zu thun innerhalb der bestimmten Funktion, in der es uns hier gegen-
übertritt) laufen gewöhnlich zwei Irrthümer neben oder durcheinander.
Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwerth als Geldkapital verrichtet,
und die er eben verrichten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden
irrthümlich aus seinem Kapitalcharacter abgeleitet, während sie nur dem
Geldzustand des Kapitalwerths geschuldet sind, seiner Erscheinungsform
als Geld. Und zweitens umgekehrt: Der specifische Gehalt der Geld-
funktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunktion macht, wird aus der
Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während
sie gesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von
G — A, die in blosser Waaren-, und entsprechender Geldcirkulation
keineswegs gegeben sind.

Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach
Waaren-Kauf und Verkauf. Ohne Existenz der Sklaverei kann Geld aber
nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankauf
von Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des
Käufers keineswegs hin, um Sklaverei zu ermöglichen.

Dass der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs
der eignen Arbeit oder des Arbeitslohns) nicht als isolirte Erscheinung,
sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Produktion
von Waaren sich darstelle, dass also das Geldkapital auf gesellschaftlicher
Stufenleiter die hier betrachtete Funktion vollziehe, —
dies unterstellt historische Processe, durch welche die ursprüngliche Ver-
bindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Pro-
cesse, in Folge deren die Masse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigen-
thümer und die Nichtarbeiter als Eigenthümer dieser Produktionsmittel
sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache thut, ob die Verbindung,
vor ihrer Zersetzung, die Form besass, dass der Arbeiter selbst als Pro-
duktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oder ob er deren
Eigner war.

Der Thatbestand, der hier also dem Akt zu Grunde
liegt, ist die Vertheilung; nicht die Vertheilung im gewöhnlichen Sinn als
Vertheilung der Konsumtionsmittel, sondern die Vertheilung der Elemente
der Produktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der
einen Seite koncentrirt sind, die Arbeitskraft davon isolirt auf der andern.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0043" n="9"/>
              <p>Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem <choice><sic>einstweilcn</sic><corr>einstweilen</corr></choice><lb/>
nur zu thun innerhalb der bestimmten Funktion, in der es uns hier gegen-<lb/>
übertritt) laufen gewöhnlich zwei Irrthümer neben oder durcheinander.<lb/>
Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwerth als Geldkapital verrichtet,<lb/>
und die er eben verrichten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden<lb/>
irrthümlich aus seinem Kapitalcharacter abgeleitet, während sie nur dem<lb/>
Geldzustand des Kapitalwerths geschuldet sind, seiner Erscheinungsform<lb/>
als Geld. Und zweitens umgekehrt: Der specifische Gehalt der Geld-<lb/>
funktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunktion macht, wird aus der<lb/>
Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während<lb/>
sie gesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von<lb/>
G &#x2014; A, die in blosser Waaren-, und entsprechender Geldcirkulation<lb/>
keineswegs gegeben sind.</p><lb/>
              <p>Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach<lb/>
Waaren-Kauf und Verkauf. Ohne Existenz der Sklaverei kann Geld aber<lb/>
nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankauf<lb/>
von Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des<lb/>
Käufers keineswegs hin, um Sklaverei zu ermöglichen.</p><lb/>
              <p>Dass der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs<lb/>
der eignen Arbeit oder des Arbeitslohns) nicht als isolirte Erscheinung,<lb/>
sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Produktion<lb/>
von Waaren sich darstelle, dass also <choice><sic>des</sic><corr>das</corr></choice> Geldkapital auf gesellschaftlicher<lb/>
Stufenleiter die hier betrachtete Funktion <formula notation="TeX">\mathrm{G - W &lt; {A \atop Pm}}</formula> vollziehe, &#x2014;<lb/>
dies unterstellt historische Processe, durch welche die ursprüngliche Ver-<lb/>
bindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Pro-<lb/>
cesse, in Folge deren die Masse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigen-<lb/>
thümer und die Nichtarbeiter als Eigenthümer dieser Produktionsmittel<lb/>
sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache thut, ob die Verbindung,<lb/>
vor ihrer Zersetzung, die Form besass, dass der Arbeiter selbst als Pro-<lb/>
duktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oder ob er deren<lb/>
Eigner war.</p><lb/>
              <p>Der Thatbestand, der hier also dem Akt <formula notation="TeX">\mathrm{G - W &lt; {A \atop Pm}}</formula> zu Grunde<lb/>
liegt, ist die Vertheilung; nicht die Vertheilung im gewöhnlichen Sinn als<lb/>
Vertheilung der Konsumtionsmittel, sondern die Vertheilung der Elemente<lb/>
der Produktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der<lb/>
einen Seite koncentrirt sind, die Arbeitskraft davon isolirt auf der andern.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0043] Bei Auffassung des Geldkapitals (wir haben mit diesem einstweilen nur zu thun innerhalb der bestimmten Funktion, in der es uns hier gegen- übertritt) laufen gewöhnlich zwei Irrthümer neben oder durcheinander. Erstens: Die Funktionen, die der Kapitalwerth als Geldkapital verrichtet, und die er eben verrichten kann, weil er sich in Geldform befindet, werden irrthümlich aus seinem Kapitalcharacter abgeleitet, während sie nur dem Geldzustand des Kapitalwerths geschuldet sind, seiner Erscheinungsform als Geld. Und zweitens umgekehrt: Der specifische Gehalt der Geld- funktion, der sie zugleich zu einer Kapitalfunktion macht, wird aus der Natur des Geldes hergeleitet (Geld daher mit Kapital verwechselt), während sie gesellschaftliche Bedingungen voraussetzt, wie hier in Vollziehung von G — A, die in blosser Waaren-, und entsprechender Geldcirkulation keineswegs gegeben sind. Auch der Kauf und Verkauf von Sklaven ist seiner Form nach Waaren-Kauf und Verkauf. Ohne Existenz der Sklaverei kann Geld aber nicht diese Funktion vollziehn. Ist Sklaverei da, so kann Geld im Ankauf von Sklaven ausgelegt werden. Umgekehrt reicht Geld in der Hand des Käufers keineswegs hin, um Sklaverei zu ermöglichen. Dass der Verkauf der eignen Arbeitskraft (in der Form des Verkaufs der eignen Arbeit oder des Arbeitslohns) nicht als isolirte Erscheinung, sondern als gesellschaftlich maßgebende Voraussetzung der Produktion von Waaren sich darstelle, dass also das Geldkapital auf gesellschaftlicher Stufenleiter die hier betrachtete Funktion [FORMEL] vollziehe, — dies unterstellt historische Processe, durch welche die ursprüngliche Ver- bindung der Produktionsmittel mit der Arbeitskraft aufgelöst wurde; Pro- cesse, in Folge deren die Masse des Volks, die Arbeiter, als Nichteigen- thümer und die Nichtarbeiter als Eigenthümer dieser Produktionsmittel sich gegenüberstehn. Wobei es nichts zur Sache thut, ob die Verbindung, vor ihrer Zersetzung, die Form besass, dass der Arbeiter selbst als Pro- duktionsmittel zu den andern Produktionsmitteln gehörte, oder ob er deren Eigner war. Der Thatbestand, der hier also dem Akt [FORMEL] zu Grunde liegt, ist die Vertheilung; nicht die Vertheilung im gewöhnlichen Sinn als Vertheilung der Konsumtionsmittel, sondern die Vertheilung der Elemente der Produktion selbst, von denen die gegenständlichen Faktoren auf der einen Seite koncentrirt sind, die Arbeitskraft davon isolirt auf der andern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/43
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/43>, abgerufen am 23.11.2024.