Cirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwerth, bei Mehr- werthsrate von 100 %, ist gleich einem Werth von 100 £. Wie kann sie 600 £ aus der Cirkulation beständig herausziehn, wenn sie beständig nur 500 £ hineinwirft? Aus Nichts wird Nichts. Die Gesammtklasse der Kapitalisten kann nichts aus der Cirkulation herausziehn, was nicht vorher hineingeworfen war.
Es wird hier abgesehn davon, dass die Geldsumme von 400 £ vielleicht hinreicht, um bei zehnmaligem Umschlag Produktionsmittel zum Werth von 4000 £ und Arbeit zum Werth von 1000 £ zu cirkuliren, und die übrigen 100 £ für die Cirkulation des Mehrwerths von 1000 £ ebenfalls genügen. Dies Verhältniss der Geldsumme zu dem von ihr cirkulirten Waarenwerth thut nichts zur Sache. Das Problem bleibt das- selbe. Fänden nicht verschiedne Umläufe derselben Geldstücke statt, so wären 5000 £ als Kapital in Cirkulation zu werfen und 1000 £ wären nöthig um den Mehrwerth zu versilbern. Es fragt sich, wo dies letztre Geld herkommt, ob nun 1000 oder 100 £. Jedenfalls ist es ein Ueber- schuss über das in Cirkulation geworfne Geldkapital.
In der That, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapi- talistenklasse selbst wirft das Geld in Cirkulation, das zur Realisirung des in den Waaren steckenden Mehrwerths dient. Aber nota bene: sie wirft es hinein nicht als vorgeschossnes Geld, also nicht als Kapital. Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre individuelle Konsumtion. Es ist also nicht von ihr vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt seiner Cirkulation ist.
Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet, z. B. einen Pächter. Während des ersten Jahrs schiesst er ein Geld- kapital, sage von 5000 £ vor, in Zahlung von Produktionsmitteln (4000 £) und von Arbeitskraft (1000 £). Die Mehrwerthsrate sei 100 %, der von ihm angeeignete Mehrwerth = 1000 £. Die obigen 5000 £ schliessen alles Geld ein, was er als Geldkapital vorschiesst. Aber der Mann muss auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende des Jahrs. Sein Konsum betrage 1000 £. Diese muss er besitzen. Er sagt zwar, dass er sich diese 1000 £ vorschiessen muss während des ersten Jahrs. Doch heisst dies Vorschiessen -- das hier nur sub- jektiven Sinn hat -- weiter nichts als dass er das erste Jahr seine in- dividuelle Konsumtion aus eigner Tasche, statt aus der Gratisproduktion
21*
Cirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwerth, bei Mehr- werthsrate von 100 %, ist gleich einem Werth von 100 £. Wie kann sie 600 £ aus der Cirkulation beständig herausziehn, wenn sie beständig nur 500 £ hineinwirft? Aus Nichts wird Nichts. Die Gesammtklasse der Kapitalisten kann nichts aus der Cirkulation herausziehn, was nicht vorher hineingeworfen war.
Es wird hier abgesehn davon, dass die Geldsumme von 400 £ vielleicht hinreicht, um bei zehnmaligem Umschlag Produktionsmittel zum Werth von 4000 £ und Arbeit zum Werth von 1000 £ zu cirkuliren, und die übrigen 100 £ für die Cirkulation des Mehrwerths von 1000 £ ebenfalls genügen. Dies Verhältniss der Geldsumme zu dem von ihr cirkulirten Waarenwerth thut nichts zur Sache. Das Problem bleibt das- selbe. Fänden nicht verschiedne Umläufe derselben Geldstücke statt, so wären 5000 £ als Kapital in Cirkulation zu werfen und 1000 £ wären nöthig um den Mehrwerth zu versilbern. Es fragt sich, wo dies letztre Geld herkommt, ob nun 1000 oder 100 £. Jedenfalls ist es ein Ueber- schuss über das in Cirkulation geworfne Geldkapital.
In der That, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapi- talistenklasse selbst wirft das Geld in Cirkulation, das zur Realisirung des in den Waaren steckenden Mehrwerths dient. Aber nota bene: sie wirft es hinein nicht als vorgeschossnes Geld, also nicht als Kapital. Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre individuelle Konsumtion. Es ist also nicht von ihr vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt seiner Cirkulation ist.
Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet, z. B. einen Pächter. Während des ersten Jahrs schiesst er ein Geld- kapital, sage von 5000 £ vor, in Zahlung von Produktionsmitteln (4000 £) und von Arbeitskraft (1000 £). Die Mehrwerthsrate sei 100 %, der von ihm angeeignete Mehrwerth = 1000 £. Die obigen 5000 £ schliessen alles Geld ein, was er als Geldkapital vorschiesst. Aber der Mann muss auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende des Jahrs. Sein Konsum betrage 1000 £. Diese muss er besitzen. Er sagt zwar, dass er sich diese 1000 £ vorschiessen muss während des ersten Jahrs. Doch heisst dies Vorschiessen — das hier nur sub- jektiven Sinn hat — weiter nichts als dass er das erste Jahr seine in- dividuelle Konsumtion aus eigner Tasche, statt aus der Gratisproduktion
21*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0357"n="323"/>
Cirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwerth, bei Mehr-<lb/>
werthsrate von 100 %, ist gleich einem Werth von 100 <hirendition="#i">£</hi>. Wie kann<lb/>
sie 600 <hirendition="#i">£</hi> aus der Cirkulation beständig herausziehn, wenn sie beständig<lb/>
nur 500 <hirendition="#i">£</hi> hineinwirft? Aus Nichts wird Nichts. Die Gesammtklasse<lb/>
der Kapitalisten kann nichts aus der Cirkulation herausziehn, was nicht<lb/>
vorher hineingeworfen war.</p><lb/><p>Es wird hier abgesehn davon, dass die Geldsumme von 400 <hirendition="#i">£</hi><lb/>
vielleicht hinreicht, um bei zehnmaligem Umschlag Produktionsmittel zum<lb/>
Werth von 4000 <hirendition="#i">£</hi> und Arbeit zum Werth von 1000 <hirendition="#i">£</hi> zu cirkuliren,<lb/>
und die übrigen 100 <hirendition="#i">£</hi> für die Cirkulation des Mehrwerths von 1000 <hirendition="#i">£</hi><lb/>
ebenfalls genügen. Dies Verhältniss der Geldsumme zu dem von ihr<lb/>
cirkulirten Waarenwerth thut nichts zur Sache. Das Problem bleibt das-<lb/>
selbe. Fänden nicht verschiedne Umläufe derselben Geldstücke statt, so<lb/>
wären 5000 <hirendition="#i">£</hi> als Kapital in Cirkulation zu werfen und 1000 <hirendition="#i">£</hi> wären<lb/>
nöthig um den Mehrwerth zu versilbern. Es fragt sich, wo dies letztre<lb/>
Geld herkommt, ob nun 1000 oder 100 <hirendition="#i">£</hi>. Jedenfalls ist es ein Ueber-<lb/>
schuss über das in Cirkulation geworfne Geldkapital.</p><lb/><p>In der That, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapi-<lb/>
talistenklasse selbst wirft das Geld in Cirkulation, das zur Realisirung<lb/>
des in den Waaren steckenden Mehrwerths dient. Aber nota bene: sie<lb/>
wirft es hinein nicht als vorgeschossnes Geld, also nicht als Kapital.<lb/>
Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre individuelle Konsumtion. Es<lb/>
ist also nicht von ihr vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt<lb/>
seiner Cirkulation ist.</p><lb/><p>Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet,<lb/>
z. B. einen Pächter. Während des ersten Jahrs schiesst er ein Geld-<lb/>
kapital, sage von 5000 <hirendition="#i">£</hi> vor, in Zahlung von Produktionsmitteln<lb/>
(4000 <hirendition="#i">£</hi>) und von Arbeitskraft (1000 <hirendition="#i">£</hi>). Die Mehrwerthsrate sei<lb/>
100 %, der von ihm angeeignete Mehrwerth = 1000 <hirendition="#i">£</hi>. Die obigen<lb/>
5000 <hirendition="#i">£</hi> schliessen alles Geld ein, was er als Geldkapital vorschiesst.<lb/>
Aber der Mann muss auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende<lb/>
des Jahrs. Sein Konsum betrage 1000 <hirendition="#i">£</hi>. Diese muss er besitzen.<lb/>
Er sagt zwar, dass er sich diese 1000 <hirendition="#i">£</hi> vorschiessen muss während<lb/>
des ersten Jahrs. Doch heisst dies Vorschiessen — das hier nur sub-<lb/>
jektiven Sinn hat — weiter nichts als dass er das erste Jahr seine in-<lb/>
dividuelle Konsumtion aus eigner Tasche, statt aus der Gratisproduktion<lb/><fwplace="bottom"type="sig">21*</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[323/0357]
Cirkulation. Aber der in dem Produkt steckende Mehrwerth, bei Mehr-
werthsrate von 100 %, ist gleich einem Werth von 100 £. Wie kann
sie 600 £ aus der Cirkulation beständig herausziehn, wenn sie beständig
nur 500 £ hineinwirft? Aus Nichts wird Nichts. Die Gesammtklasse
der Kapitalisten kann nichts aus der Cirkulation herausziehn, was nicht
vorher hineingeworfen war.
Es wird hier abgesehn davon, dass die Geldsumme von 400 £
vielleicht hinreicht, um bei zehnmaligem Umschlag Produktionsmittel zum
Werth von 4000 £ und Arbeit zum Werth von 1000 £ zu cirkuliren,
und die übrigen 100 £ für die Cirkulation des Mehrwerths von 1000 £
ebenfalls genügen. Dies Verhältniss der Geldsumme zu dem von ihr
cirkulirten Waarenwerth thut nichts zur Sache. Das Problem bleibt das-
selbe. Fänden nicht verschiedne Umläufe derselben Geldstücke statt, so
wären 5000 £ als Kapital in Cirkulation zu werfen und 1000 £ wären
nöthig um den Mehrwerth zu versilbern. Es fragt sich, wo dies letztre
Geld herkommt, ob nun 1000 oder 100 £. Jedenfalls ist es ein Ueber-
schuss über das in Cirkulation geworfne Geldkapital.
In der That, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapi-
talistenklasse selbst wirft das Geld in Cirkulation, das zur Realisirung
des in den Waaren steckenden Mehrwerths dient. Aber nota bene: sie
wirft es hinein nicht als vorgeschossnes Geld, also nicht als Kapital.
Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre individuelle Konsumtion. Es
ist also nicht von ihr vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt
seiner Cirkulation ist.
Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet,
z. B. einen Pächter. Während des ersten Jahrs schiesst er ein Geld-
kapital, sage von 5000 £ vor, in Zahlung von Produktionsmitteln
(4000 £) und von Arbeitskraft (1000 £). Die Mehrwerthsrate sei
100 %, der von ihm angeeignete Mehrwerth = 1000 £. Die obigen
5000 £ schliessen alles Geld ein, was er als Geldkapital vorschiesst.
Aber der Mann muss auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende
des Jahrs. Sein Konsum betrage 1000 £. Diese muss er besitzen.
Er sagt zwar, dass er sich diese 1000 £ vorschiessen muss während
des ersten Jahrs. Doch heisst dies Vorschiessen — das hier nur sub-
jektiven Sinn hat — weiter nichts als dass er das erste Jahr seine in-
dividuelle Konsumtion aus eigner Tasche, statt aus der Gratisproduktion
21*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/357>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.