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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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So in der Gerberei, wo das Eindringen der Gerbsäure in die Häute nach
der alten Methode 6--18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin die
Luftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G.
Courcelle-Seneuil, Traite theorique et pratique des Entreprises industriel-
les etc. Paris 1857, 2. ed.) Das grossartigste Beispiel von künstlicher
Abkürzung der durch Naturprocesse ausgefüllten blossen Produktionszeit
liefert die Geschichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung
von Roheisen in Stahl in den letzten 100 Jahren, von dem um 1780
entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemer-Process und den seit-
dem eingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist
enorm abgekürzt worden, aber in demselben Maß auch die Anlage von
fixem Kapital vergrössert.

Ein eigenthümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit
von der Arbeitszeit liefert die amerikanische Fabrikation von Schuhleisten.
Hier entsteht ein bedeutender Theil der Unkosten daraus, dass das Holz
bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muss, damit der fertige
Leisten sich nachher nicht zieht, seine Form verändert. Während dieser
Zeit macht das Holz keinen andern Arbeitsprocess durch. Die Umschlags-
periode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die
zur Leistenfabrikation selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit
während deren es im austrocknenden Holz brach liegt. Es befindet sich 18
Monate im Produktionsprocess, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprocess
eintreten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten ver-
schiedner Theile des cirkulirenden Gesammtkapitals verschieden sein können
in Folge von Umständen, die nicht innerhalb der Cirkulationssphäre, son-
dern aus dem Produktionsprocess entspringen.

Besonders deutlich tritt der Unterschied von Produktionszeit und Ar-
beitszeit hervor in der Landwirthschaft. In unsern gemäßigten Klimaten
trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlängrung
der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist
selbst wieder vom Wechsel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher
nicht genau vorher bestimmbar und kontrollirbar wie in der eigentlichen
Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc. sind fortlaufend in kür-
zern Perioden producirbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Ar-
beitszeit wie folgt: "Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen
Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf die klimatischen und übrigen

So in der Gerberei, wo das Eindringen der Gerbsäure in die Häute nach
der alten Methode 6—18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin die
Luftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G.
Courcelle-Seneuil, Traité théorique et pratique des Entreprises industriel-
les etc. Paris 1857, 2. éd.) Das grossartigste Beispiel von künstlicher
Abkürzung der durch Naturprocesse ausgefüllten blossen Produktionszeit
liefert die Geschichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung
von Roheisen in Stahl in den letzten 100 Jahren, von dem um 1780
entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemer-Process und den seit-
dem eingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist
enorm abgekürzt worden, aber in demselben Maß auch die Anlage von
fixem Kapital vergrössert.

Ein eigenthümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit
von der Arbeitszeit liefert die amerikanische Fabrikation von Schuhleisten.
Hier entsteht ein bedeutender Theil der Unkosten daraus, dass das Holz
bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muss, damit der fertige
Leisten sich nachher nicht zieht, seine Form verändert. Während dieser
Zeit macht das Holz keinen andern Arbeitsprocess durch. Die Umschlags-
periode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die
zur Leistenfabrikation selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit
während deren es im austrocknenden Holz brach liegt. Es befindet sich 18
Monate im Produktionsprocess, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprocess
eintreten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten ver-
schiedner Theile des cirkulirenden Gesammtkapitals verschieden sein können
in Folge von Umständen, die nicht innerhalb der Cirkulationssphäre, son-
dern aus dem Produktionsprocess entspringen.

Besonders deutlich tritt der Unterschied von Produktionszeit und Ar-
beitszeit hervor in der Landwirthschaft. In unsern gemäßigten Klimaten
trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlängrung
der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist
selbst wieder vom Wechsel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher
nicht genau vorher bestimmbar und kontrollirbar wie in der eigentlichen
Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc. sind fortlaufend in kür-
zern Perioden producirbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Ar-
beitszeit wie folgt: „Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen
Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf die klimatischen und übrigen

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[222/0256] So in der Gerberei, wo das Eindringen der Gerbsäure in die Häute nach der alten Methode 6—18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin die Luftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G. Courcelle-Seneuil, Traité théorique et pratique des Entreprises industriel- les etc. Paris 1857, 2. éd.) Das grossartigste Beispiel von künstlicher Abkürzung der durch Naturprocesse ausgefüllten blossen Produktionszeit liefert die Geschichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung von Roheisen in Stahl in den letzten 100 Jahren, von dem um 1780 entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemer-Process und den seit- dem eingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist enorm abgekürzt worden, aber in demselben Maß auch die Anlage von fixem Kapital vergrössert. Ein eigenthümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit von der Arbeitszeit liefert die amerikanische Fabrikation von Schuhleisten. Hier entsteht ein bedeutender Theil der Unkosten daraus, dass das Holz bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muss, damit der fertige Leisten sich nachher nicht zieht, seine Form verändert. Während dieser Zeit macht das Holz keinen andern Arbeitsprocess durch. Die Umschlags- periode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die zur Leistenfabrikation selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit während deren es im austrocknenden Holz brach liegt. Es befindet sich 18 Monate im Produktionsprocess, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprocess eintreten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten ver- schiedner Theile des cirkulirenden Gesammtkapitals verschieden sein können in Folge von Umständen, die nicht innerhalb der Cirkulationssphäre, son- dern aus dem Produktionsprocess entspringen. Besonders deutlich tritt der Unterschied von Produktionszeit und Ar- beitszeit hervor in der Landwirthschaft. In unsern gemäßigten Klimaten trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlängrung der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist selbst wieder vom Wechsel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher nicht genau vorher bestimmbar und kontrollirbar wie in der eigentlichen Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc. sind fortlaufend in kür- zern Perioden producirbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Ar- beitszeit wie folgt: „Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf die klimatischen und übrigen

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/256>, abgerufen am 22.11.2024.