produktiven Arbeiter abnöthigen unter dem Namen Bodenrente oder Profit, wird beansprucht für den Gebrauch des Bodens oder andrer Gegenstände . . . . . Da alle physischen Stoffe, an denen oder ver- mittelst derer der besitzlose produktive Arbeiter, der nichts besitzt ausser seiner Fähigkeit zu produciren, diese seine Produktionsfähig- keit geltend machen kann, im Besitz Andrer sind, deren Interessen den seinen entgegengesetzt, und deren Einwilligung eine Vorbedingung seiner Thätigkeit ist, -- hängt es da nicht ab, und muss es nicht abhängen von der Gnade dieser Kapitalisten, welchen Theil der Früchte seiner eignen Arbeit sie ihm als Entschädigung für diese Arbeit wollen zukommen lassen? (p. 125) . . . . . im Verhält- niss zur Grösse des zurückbehaltenen Produkts, ob man dies Steuern, Profit oder Diebstahl nenne . . . . diese Defalkationen" (p. 126) u. s. w.
Ich gestehe, ich schreibe diese Zeilen nicht ohne eine gewisse Beschämung. Dass die antikapitalistische englische Literatur der zwanziger und dreissiger Jahre in Deutschland so gänzlich un- bekannt ist, trotzdem Marx schon in der Misere de la Philosophie direkt darauf hingewiesen und Manches davon -- das Pamphlet von 1821, Ravenstone, Hodgskin etc., im ersten Band des "Kapital" mehrfach citirt -- das mag noch hingehn. Aber dass nicht nur der sich an Rodbertus' Rockschösse mit Verzweiflung anklammernde Literatus vulgaris, "der wirklich auch nichts gelernt hat," sondern auch der Professor in Amt und Würden, der "sich mit Gelehrsam- keit brüsten thut," seine klassische Oekonomie bis zu dem Grad vergessen hat, dass er Marx ernsthaft vorwirft, er habe Rodbertus Dinge entwendet, die schon in A. Smith und Ricardo zu lesen stehn -- das beweist, wie tief die officielle Oekonomie heute herunter- gekommen ist.
Was hat dann aber Marx über den Mehrwerth Neues gesagt? Wie kommt es, dass Marx' Mehrwerthstheorie wie ein Blitz aus heitrem Himmel eingeschlagen hat, und das in allen civilisirten Ländern, während die Theorien aller seiner socialistischen Vorgänger, Rodbertus eingeschlossen, wiirkungslos verpufften?
Die Geschichte der Chemie kann uns das an einem Beispiel zeigen.
*
produktiven Arbeiter abnöthigen unter dem Namen Bodenrente oder Profit, wird beansprucht für den Gebrauch des Bodens oder andrer Gegenstände . . . . . Da alle physischen Stoffe, an denen oder ver- mittelst derer der besitzlose produktive Arbeiter, der nichts besitzt ausser seiner Fähigkeit zu produciren, diese seine Produktionsfähig- keit geltend machen kann, im Besitz Andrer sind, deren Interessen den seinen entgegengesetzt, und deren Einwilligung eine Vorbedingung seiner Thätigkeit ist, — hängt es da nicht ab, und muss es nicht abhängen von der Gnade dieser Kapitalisten, welchen Theil der Früchte seiner eignen Arbeit sie ihm als Entschädigung für diese Arbeit wollen zukommen lassen? (p. 125) . . . . . im Verhält- niss zur Grösse des zurückbehaltenen Produkts, ob man dies Steuern, Profit oder Diebstahl nenne . . . . diese Defalkationen“ (p. 126) u. s. w.
Ich gestehe, ich schreibe diese Zeilen nicht ohne eine gewisse Beschämung. Dass die antikapitalistische englische Literatur der zwanziger und dreissiger Jahre in Deutschland so gänzlich un- bekannt ist, trotzdem Marx schon in der Misère de la Philosophie direkt darauf hingewiesen und Manches davon — das Pamphlet von 1821, Ravenstone, Hodgskin etc., im ersten Band des „Kapital“ mehrfach citirt — das mag noch hingehn. Aber dass nicht nur der sich an Rodbertus’ Rockschösse mit Verzweiflung anklammernde Literatus vulgaris, „der wirklich auch nichts gelernt hat,“ sondern auch der Professor in Amt und Würden, der „sich mit Gelehrsam- keit brüsten thut,“ seine klassische Oekonomie bis zu dem Grad vergessen hat, dass er Marx ernsthaft vorwirft, er habe Rodbertus Dinge entwendet, die schon in A. Smith und Ricardo zu lesen stehn — das beweist, wie tief die officielle Oekonomie heute herunter- gekommen ist.
Was hat dann aber Marx über den Mehrwerth Neues gesagt? Wie kommt es, dass Marx’ Mehrwerthstheorie wie ein Blitz aus heitrem Himmel eingeschlagen hat, und das in allen civilisirten Ländern, während die Theorien aller seiner socialistischen Vorgänger, Rodbertus eingeschlossen, wiirkungslos verpufften?
Die Geschichte der Chemie kann uns das an einem Beispiel zeigen.
*
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0023"n="XVII"/>
produktiven Arbeiter abnöthigen unter dem Namen Bodenrente oder<lb/>
Profit, wird beansprucht für den Gebrauch des Bodens oder andrer<lb/>
Gegenstände . . . . . Da alle physischen Stoffe, an denen oder ver-<lb/>
mittelst derer der besitzlose produktive Arbeiter, der nichts besitzt<lb/>
ausser seiner Fähigkeit zu produciren, diese seine Produktionsfähig-<lb/>
keit geltend machen kann, im Besitz Andrer sind, deren Interessen<lb/>
den seinen entgegengesetzt, und deren Einwilligung eine Vorbedingung<lb/>
seiner Thätigkeit ist, — hängt es da nicht ab, und muss es nicht<lb/>
abhängen von der Gnade dieser Kapitalisten, welchen <hirendition="#g">Theil der<lb/>
Früchte seiner eignen Arbeit</hi> sie ihm als Entschädigung für<lb/>
diese Arbeit wollen zukommen lassen? (p. 125) . . . . . im Verhält-<lb/>
niss zur Grösse des <hirendition="#g">zurückbehaltenen Produkts</hi>, ob man dies<lb/>
Steuern, Profit oder Diebstahl nenne . . . . diese Defalkationen“ (p.<lb/>
126) u. s. w.</p><lb/><p>Ich gestehe, ich schreibe diese Zeilen nicht ohne eine gewisse<lb/>
Beschämung. Dass die antikapitalistische englische Literatur der<lb/>
zwanziger und dreissiger Jahre in Deutschland so gänzlich un-<lb/>
bekannt ist, trotzdem Marx schon in der Misère de la Philosophie<lb/>
direkt darauf hingewiesen und Manches davon — das Pamphlet von<lb/>
1821, Ravenstone, Hodgskin etc., im ersten Band des „Kapital“<lb/>
mehrfach citirt — das mag noch hingehn. Aber dass nicht nur<lb/>
der sich an Rodbertus’ Rockschösse mit Verzweiflung anklammernde<lb/>
Literatus vulgaris, „der wirklich auch nichts gelernt hat,“ sondern<lb/>
auch der Professor in Amt und Würden, der „sich mit Gelehrsam-<lb/>
keit brüsten thut,“ seine klassische Oekonomie bis zu dem Grad<lb/>
vergessen hat, dass er Marx ernsthaft vorwirft, er habe Rodbertus<lb/>
Dinge entwendet, die schon in A. Smith und Ricardo zu lesen stehn<lb/>— das beweist, wie tief die officielle Oekonomie heute herunter-<lb/>
gekommen ist.</p><lb/><p>Was hat dann aber Marx über den Mehrwerth Neues gesagt?<lb/>
Wie kommt es, dass Marx’ Mehrwerthstheorie wie ein Blitz aus<lb/>
heitrem Himmel eingeschlagen hat, und das in allen civilisirten<lb/>
Ländern, während die Theorien aller seiner socialistischen Vorgänger,<lb/>
Rodbertus eingeschlossen, wiirkungslos verpufften?</p><lb/><p>Die Geschichte der Chemie kann uns das an einem Beispiel<lb/>
zeigen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">*</fw><lb/></div></front></text></TEI>
[XVII/0023]
produktiven Arbeiter abnöthigen unter dem Namen Bodenrente oder
Profit, wird beansprucht für den Gebrauch des Bodens oder andrer
Gegenstände . . . . . Da alle physischen Stoffe, an denen oder ver-
mittelst derer der besitzlose produktive Arbeiter, der nichts besitzt
ausser seiner Fähigkeit zu produciren, diese seine Produktionsfähig-
keit geltend machen kann, im Besitz Andrer sind, deren Interessen
den seinen entgegengesetzt, und deren Einwilligung eine Vorbedingung
seiner Thätigkeit ist, — hängt es da nicht ab, und muss es nicht
abhängen von der Gnade dieser Kapitalisten, welchen Theil der
Früchte seiner eignen Arbeit sie ihm als Entschädigung für
diese Arbeit wollen zukommen lassen? (p. 125) . . . . . im Verhält-
niss zur Grösse des zurückbehaltenen Produkts, ob man dies
Steuern, Profit oder Diebstahl nenne . . . . diese Defalkationen“ (p.
126) u. s. w.
Ich gestehe, ich schreibe diese Zeilen nicht ohne eine gewisse
Beschämung. Dass die antikapitalistische englische Literatur der
zwanziger und dreissiger Jahre in Deutschland so gänzlich un-
bekannt ist, trotzdem Marx schon in der Misère de la Philosophie
direkt darauf hingewiesen und Manches davon — das Pamphlet von
1821, Ravenstone, Hodgskin etc., im ersten Band des „Kapital“
mehrfach citirt — das mag noch hingehn. Aber dass nicht nur
der sich an Rodbertus’ Rockschösse mit Verzweiflung anklammernde
Literatus vulgaris, „der wirklich auch nichts gelernt hat,“ sondern
auch der Professor in Amt und Würden, der „sich mit Gelehrsam-
keit brüsten thut,“ seine klassische Oekonomie bis zu dem Grad
vergessen hat, dass er Marx ernsthaft vorwirft, er habe Rodbertus
Dinge entwendet, die schon in A. Smith und Ricardo zu lesen stehn
— das beweist, wie tief die officielle Oekonomie heute herunter-
gekommen ist.
Was hat dann aber Marx über den Mehrwerth Neues gesagt?
Wie kommt es, dass Marx’ Mehrwerthstheorie wie ein Blitz aus
heitrem Himmel eingeschlagen hat, und das in allen civilisirten
Ländern, während die Theorien aller seiner socialistischen Vorgänger,
Rodbertus eingeschlossen, wiirkungslos verpufften?
Die Geschichte der Chemie kann uns das an einem Beispiel
zeigen.
*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. XVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/23>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.