den Inseln, wie der Handel im Innern Indiens wurden Monopol der höhern Beamten der Kompagnie. Die Monopole von Salz, Opium, Betel und andern Waaren waren unerschöpfliche Minen des Reichthums. Die Beamten selbst setzten die Preise fest und schindeten nach Belieben den unglück- lichen Hindu. Der Generalgouverneur nahm Theil an diesem Privathan- del. Seine Günstlinge erhielten Kontrakte unter Bedingungen, wodurch sie, klüger als die Alchymisten, aus Nichts Gold machten. Grosse Vermö- gen sprangen wie die Pilze an einem Tage auf, die ursprüngliche Accumulation ging von Statten ohne Vorschuss eines Schillings. Die gerichtliche Verfolgung des Warren Hastings wimmelt von solchen Bei- spielen. Hier ein Fall. Ein Opiumkontrakt wird einem gewissen Sullivan zugetheilt, obgleich er in öffentlichem Auftrag zu einem von den Opium- distrikten ganz entlegenen Theil Indiens reiste. Sullivan verkauft seinen Kontrakt für 40,000 Pfd. St. an einen gewissen Binn, Binn verkauft ihn seinerseits denselben Tag für 60,000 Pfd. St., und der schliessliche Käufer und Ausführer des Kontrakts erklärt, dass er hinterher noch einen unge- heuren Gewinn herausschlug. Nach einer dem Parlament vorgelegten Liste liessen sich die Kompagnie und ihre Beamten von 1757--1766 von den Indiern 6 Millionen Pfd. St. schenken! Zwischen 1769 und 1770 fabricirten die Engländer eine Hungersnoth durch den Aufkauf von allem Reis und durch Weigerung des Wiederverkaufs ausser zu fabelhaften Preisen243).
Die Behandlung der Eingeborenen war natürlich am tollsten in den nur zum Exporthandel bestimmten Pflanzungen, wie Westindien, und in den dem Raubmord preisgegebnen reichen und dichtbevölkerten Ländern, wie Mexico und Ostindien. Jedoch auch in den eigentlichen Kolonien verläug- nete sich der christliche Charakter der ursprünglichen Accumula- tion nicht. Jene nüchternen Virtuosen des Protestantismus, die Puritaner, setzten durch Beschlüsse ihrer Assembly 1703 eine Prämie von 40 Pfd. St. auf jedes indianische Scalp und jede gefangne Rothhaut, 1720 Prämie von 100 Pfd. St. auf jedes Scalp, 1744, nachdem Massachussets- Bay einen gewissen Tribus zum Rebellen erklärt hatte, folgende Preise:
243) Im Jahr 1866 starben in der einzigen Provinz Orissa mehr als eine Million Hindus am Hungertod. Die Hungersnoth währt bis zu diesem Augenblick. Nichtsdestoweniger suchte man die indische Staatskasse zu berei- chern durch die Preise, wozu man den Verhungernden Lebensmittel abliess.
den Inseln, wie der Handel im Innern Indiens wurden Monopol der höhern Beamten der Kompagnie. Die Monopole von Salz, Opium, Betel und andern Waaren waren unerschöpfliche Minen des Reichthums. Die Beamten selbst setzten die Preise fest und schindeten nach Belieben den unglück- lichen Hindu. Der Generalgouverneur nahm Theil an diesem Privathan- del. Seine Günstlinge erhielten Kontrakte unter Bedingungen, wodurch sie, klüger als die Alchymisten, aus Nichts Gold machten. Grosse Vermö- gen sprangen wie die Pilze an einem Tage auf, die ursprüngliche Accumulation ging von Statten ohne Vorschuss eines Schillings. Die gerichtliche Verfolgung des Warren Hastings wimmelt von solchen Bei- spielen. Hier ein Fall. Ein Opiumkontrakt wird einem gewissen Sullivan zugetheilt, obgleich er in öffentlichem Auftrag zu einem von den Opium- distrikten ganz entlegenen Theil Indiens reiste. Sullivan verkauft seinen Kontrakt für 40,000 Pfd. St. an einen gewissen Binn, Binn verkauft ihn seinerseits denselben Tag für 60,000 Pfd. St., und der schliessliche Käufer und Ausführer des Kontrakts erklärt, dass er hinterher noch einen unge- heuren Gewinn herausschlug. Nach einer dem Parlament vorgelegten Liste liessen sich die Kompagnie und ihre Beamten von 1757—1766 von den Indiern 6 Millionen Pfd. St. schenken! Zwischen 1769 und 1770 fabricirten die Engländer eine Hungersnoth durch den Aufkauf von allem Reis und durch Weigerung des Wiederverkaufs ausser zu fabelhaften Preisen243).
Die Behandlung der Eingeborenen war natürlich am tollsten in den nur zum Exporthandel bestimmten Pflanzungen, wie Westindien, und in den dem Raubmord preisgegebnen reichen und dichtbevölkerten Ländern, wie Mexico und Ostindien. Jedoch auch in den eigentlichen Kolonien verläug- nete sich der christliche Charakter der ursprünglichen Accumula- tion nicht. Jene nüchternen Virtuosen des Protestantismus, die Puritaner, setzten durch Beschlüsse ihrer Assembly 1703 eine Prämie von 40 Pfd. St. auf jedes indianische Scalp und jede gefangne Rothhaut, 1720 Prämie von 100 Pfd. St. auf jedes Scalp, 1744, nachdem Massachussets- Bay einen gewissen Tribus zum Rebellen erklärt hatte, folgende Preise:
243) Im Jahr 1866 starben in der einzigen Provinz Orissa mehr als eine Million Hindus am Hungertod. Die Hungersnoth währt bis zu diesem Augenblick. Nichtsdestoweniger suchte man die indische Staatskasse zu berei- chern durch die Preise, wozu man den Verhungernden Lebensmittel abliess.
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den Inseln, wie der Handel im Innern Indiens wurden Monopol der höhern
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andern Waaren waren unerschöpfliche Minen des Reichthums. Die Beamten
selbst setzten die Preise fest und schindeten nach Belieben den unglück-
lichen Hindu. Der Generalgouverneur nahm Theil an diesem Privathan-
del. Seine Günstlinge erhielten Kontrakte unter Bedingungen, wodurch sie,
klüger als die Alchymisten, aus Nichts Gold machten. Grosse Vermö-
gen sprangen wie die Pilze an einem Tage auf, die ursprüngliche
Accumulation ging von Statten ohne Vorschuss eines Schillings. Die
gerichtliche Verfolgung des Warren Hastings wimmelt von solchen Bei-
spielen. Hier ein Fall. Ein Opiumkontrakt wird einem gewissen Sullivan
zugetheilt, obgleich er in öffentlichem Auftrag zu einem von den Opium-
distrikten ganz entlegenen Theil Indiens reiste. Sullivan verkauft seinen
Kontrakt für 40,000 Pfd. St. an einen gewissen Binn, Binn verkauft ihn
seinerseits denselben Tag für 60,000 Pfd. St., und der schliessliche Käufer
und Ausführer des Kontrakts erklärt, dass er hinterher noch einen unge-
heuren Gewinn herausschlug. Nach einer dem Parlament vorgelegten
Liste liessen sich die Kompagnie und ihre Beamten von 1757—1766 von
den Indiern 6 Millionen Pfd. St. schenken! Zwischen 1769 und 1770
fabricirten die Engländer eine Hungersnoth durch den Aufkauf von allem Reis
und durch Weigerung des Wiederverkaufs ausser zu fabelhaften Preisen 243).
Die Behandlung der Eingeborenen war natürlich am tollsten in den
nur zum Exporthandel bestimmten Pflanzungen, wie Westindien, und in
den dem Raubmord preisgegebnen reichen und dichtbevölkerten Ländern,
wie Mexico und Ostindien. Jedoch auch in den eigentlichen Kolonien verläug-
nete sich der christliche Charakter der ursprünglichen Accumula-
tion nicht. Jene nüchternen Virtuosen des Protestantismus, die Puritaner,
setzten durch Beschlüsse ihrer Assembly 1703 eine Prämie von 40
Pfd. St. auf jedes indianische Scalp und jede gefangne Rothhaut, 1720
Prämie von 100 Pfd. St. auf jedes Scalp, 1744, nachdem Massachussets-
Bay einen gewissen Tribus zum Rebellen erklärt hatte, folgende Preise:
243) Im Jahr 1866 starben in der einzigen Provinz Orissa mehr als eine
Million Hindus am Hungertod. Die Hungersnoth währt bis zu diesem
Augenblick. Nichtsdestoweniger suchte man die indische Staatskasse zu berei-
chern durch die Preise, wozu man den Verhungernden Lebensmittel abliess.
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/755>, abgerufen am 25.11.2024.
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