Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.Die Genesis des industriellen238) Kapitalisten ging nicht in 238) Industriell hier im Gegensatz zu agrikol. Im "kategorischen" Sinn ist der Pächter ein industrieller Kapitalist so gut wie der Fabrikant. 239) "Gegenwärtig geht aller Reichthum der Gesellschaft erst in die Hand des
Kapitalisten ... er zahlt dem Grundeigenthümer die Rente, dem Arbeiter den Lohn, dem Steuer- und Zehntenkollektor ihre Ansprüche, und behält einen grossen, in der That den grössten und täglich anwachsenden Theil des jährlichen Produkts der Arbeit für sich selbst. Der Kapitalist kann jetzt als der Eigner des ganzen gesellschaftlichen Reichthums in erster Hand betrachtet werden, obgleich kein Gesetz ihm das Recht auf diess Eigenthum übertragen hat ... Dieser Wechsel im Eigenthum wurde durch den Prozess des Wuchers bewirkt: und es ist nicht wenig merkwürdig, dass die Gesetzgeber von ganz Europa diess durch Ge- setze wider den Wucher präveniren wollten ... Die Macht des Kapitalisten über allen Reichthum des Landes ist eine vollständige Revolution im Eigenthums- recht, und durch welches Gesetz, oder welche Reihe von Gesetzen wurde sie be- wirkt?" ("The Natural and Artificial Rights of Property Contrasted. Lond. 1832", p. 98, 99. Verfasser der anonymen Schrift: Th. Hodgskin.) Die Genesis des industriellen238) Kapitalisten ging nicht in 238) Industriell hier im Gegensatz zu agrikol. Im „kategorischen“ Sinn ist der Pächter ein industrieller Kapitalist so gut wie der Fabrikant. 239) „Gegenwärtig geht aller Reichthum der Gesellschaft erst in die Hand des
Kapitalisten … er zahlt dem Grundeigenthümer die Rente, dem Arbeiter den Lohn, dem Steuer- und Zehntenkollektor ihre Ansprüche, und behält einen grossen, in der That den grössten und täglich anwachsenden Theil des jährlichen Produkts der Arbeit für sich selbst. Der Kapitalist kann jetzt als der Eigner des ganzen gesellschaftlichen Reichthums in erster Hand betrachtet werden, obgleich kein Gesetz ihm das Recht auf diess Eigenthum übertragen hat … Dieser Wechsel im Eigenthum wurde durch den Prozess des Wuchers bewirkt: und es ist nicht wenig merkwürdig, dass die Gesetzgeber von ganz Europa diess durch Ge- setze wider den Wucher präveniren wollten … Die Macht des Kapitalisten über allen Reichthum des Landes ist eine vollständige Revolution im Eigenthums- recht, und durch welches Gesetz, oder welche Reihe von Gesetzen wurde sie be- wirkt?“ („The Natural and Artificial Rights of Property Contrasted. Lond. 1832“, p. 98, 99. Verfasser der anonymen Schrift: Th. Hodgskin.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0752" n="733"/> <p>Die Genesis des <hi rendition="#g">industriellen</hi><note place="foot" n="238)"><hi rendition="#g">Industriell</hi> hier im Gegensatz zu agrikol. Im „kategorischen“<lb/> Sinn ist der Pächter ein <hi rendition="#g">industrieller Kapitalist</hi> so gut wie der Fabrikant.</note> <hi rendition="#g">Kapitalisten</hi> ging nicht in<lb/> derselben allmählichen Weise vor wie die des Pächters. Zweifelsohne<lb/> verwandelten sich manche kleine Zunftmeister und noch mehr selbstständige<lb/> kleine Handwerker oder auch Lohnarbeiter in kleine Kapitalisten und durch<lb/> allmählich ausgedehntere Exploitation von Lohnarbeit und entsprechende<lb/> Accumulation in Kapitalisten sans phrase. In der Kindheitsperiode der<lb/> kapitalistischen Produktion ging’s vielfach zu wie in der Kindheitsperiode<lb/> des mittelaltrigen Städtewesens, wo die Frage, wer von den entlaufenen<lb/> Leibeigenen soll Meister sein und wer Diener, grossentheils durch das<lb/> frühere oder spätere Datum ihrer Flucht entschieden wurde. Indess ent-<lb/> sprach der Schneckengang dieser Methode in keiner Weise den Handelsbe-<lb/> dürfnissen des neuen Weltmarkts, welchen die grossen Entdeckungen Ende<lb/> des 15. Jahrh. geschaffen hatten. Aber <hi rendition="#g">das Mittelalter</hi> hatte <hi rendition="#g">zwei<lb/> verschiedne Formen des Kapitals überliefert</hi>, die in den verschie-<lb/> densten ökonomischen Gesellschaftsformationen reifen und, vor der Aera der<lb/> kapitalistischen Produktionsweise, als <hi rendition="#g">Kapital quand même</hi> gelten —<lb/> das <hi rendition="#g">Wucherkapital</hi><note place="foot" n="239)">„Gegenwärtig geht aller Reichthum der Gesellschaft erst in die Hand des<lb/> Kapitalisten … er zahlt dem Grundeigenthümer die Rente, dem Arbeiter den<lb/> Lohn, dem Steuer- und Zehntenkollektor ihre Ansprüche, und behält einen<lb/> grossen, in der That den grössten und täglich anwachsenden Theil des jährlichen<lb/> Produkts der Arbeit für sich selbst. Der Kapitalist kann jetzt als der Eigner des<lb/> ganzen gesellschaftlichen Reichthums <hi rendition="#g">in erster Hand</hi> betrachtet werden, obgleich<lb/> kein Gesetz ihm das Recht auf diess Eigenthum übertragen hat … Dieser<lb/> Wechsel im Eigenthum wurde durch <hi rendition="#g">den Prozess des Wuchers</hi> bewirkt: und es<lb/> ist nicht wenig merkwürdig, dass die Gesetzgeber von ganz Europa diess durch Ge-<lb/> setze wider den Wucher präveniren wollten … Die Macht des Kapitalisten über allen<lb/> Reichthum des Landes ist <hi rendition="#g">eine vollständige Revolution im Eigenthums-<lb/> recht</hi>, und durch welches Gesetz, oder welche Reihe von Gesetzen wurde sie be-<lb/> wirkt?“ („<hi rendition="#g">The Natural and Artificial Rights of Property Contrasted.<lb/> Lond</hi>. 1832“, p. 98, 99. Verfasser der anonymen Schrift: <hi rendition="#g">Th. Hodgskin</hi>.)</note> und das <hi rendition="#g">Kaufmannskapital</hi>. Das durch<lb/> Wucher und Handel gebildete <hi rendition="#g">Geldkapital</hi> wurde durch die Feudal-<lb/> verfassung auf dem Land, durch die Zunftverfassung in den Städten an<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [733/0752]
Die Genesis des industriellen 238) Kapitalisten ging nicht in
derselben allmählichen Weise vor wie die des Pächters. Zweifelsohne
verwandelten sich manche kleine Zunftmeister und noch mehr selbstständige
kleine Handwerker oder auch Lohnarbeiter in kleine Kapitalisten und durch
allmählich ausgedehntere Exploitation von Lohnarbeit und entsprechende
Accumulation in Kapitalisten sans phrase. In der Kindheitsperiode der
kapitalistischen Produktion ging’s vielfach zu wie in der Kindheitsperiode
des mittelaltrigen Städtewesens, wo die Frage, wer von den entlaufenen
Leibeigenen soll Meister sein und wer Diener, grossentheils durch das
frühere oder spätere Datum ihrer Flucht entschieden wurde. Indess ent-
sprach der Schneckengang dieser Methode in keiner Weise den Handelsbe-
dürfnissen des neuen Weltmarkts, welchen die grossen Entdeckungen Ende
des 15. Jahrh. geschaffen hatten. Aber das Mittelalter hatte zwei
verschiedne Formen des Kapitals überliefert, die in den verschie-
densten ökonomischen Gesellschaftsformationen reifen und, vor der Aera der
kapitalistischen Produktionsweise, als Kapital quand même gelten —
das Wucherkapital 239) und das Kaufmannskapital. Das durch
Wucher und Handel gebildete Geldkapital wurde durch die Feudal-
verfassung auf dem Land, durch die Zunftverfassung in den Städten an
238) Industriell hier im Gegensatz zu agrikol. Im „kategorischen“
Sinn ist der Pächter ein industrieller Kapitalist so gut wie der Fabrikant.
239) „Gegenwärtig geht aller Reichthum der Gesellschaft erst in die Hand des
Kapitalisten … er zahlt dem Grundeigenthümer die Rente, dem Arbeiter den
Lohn, dem Steuer- und Zehntenkollektor ihre Ansprüche, und behält einen
grossen, in der That den grössten und täglich anwachsenden Theil des jährlichen
Produkts der Arbeit für sich selbst. Der Kapitalist kann jetzt als der Eigner des
ganzen gesellschaftlichen Reichthums in erster Hand betrachtet werden, obgleich
kein Gesetz ihm das Recht auf diess Eigenthum übertragen hat … Dieser
Wechsel im Eigenthum wurde durch den Prozess des Wuchers bewirkt: und es
ist nicht wenig merkwürdig, dass die Gesetzgeber von ganz Europa diess durch Ge-
setze wider den Wucher präveniren wollten … Die Macht des Kapitalisten über allen
Reichthum des Landes ist eine vollständige Revolution im Eigenthums-
recht, und durch welches Gesetz, oder welche Reihe von Gesetzen wurde sie be-
wirkt?“ („The Natural and Artificial Rights of Property Contrasted.
Lond. 1832“, p. 98, 99. Verfasser der anonymen Schrift: Th. Hodgskin.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |