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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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der ökonomischen Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des Kapitalisten
über den Arbeiter. Ausserökonomische, unmittelbare Gewalt wird daher
nur ausnahmsweise angewandt. Für den gewöhnlichen Gang der Dinge
kann der Arbeiter den "Naturgesetzen der Produktion" über-
lassen werden, d. h. seiner aus den Produktionsbedingungen selbst ent-
springenden, durch sie garantirten und verewigten Abhängigkeit vom Ka-
pital. Anders während der historischen Genesis der kapitalistischen Pro-
duktion. Die aufkommende Bourgeoisie braucht und verwendet die
Staatsgewalt, um den Arbeitslohn zu "reguliren", d. h. in-
nerhalb der Plusmacherei zusagender Schranken zu zwängen, um den Ar-
beitstag
zu verlängern, und den Arbeiter selbst im normalen Abhän-
gigkeitsgrad
zu erhalten. Es ist diess ein wesentliches Moment der
s. g. ursprünglichen Accumulation.

Die Klasse der Lohnarbeiter, die in der letzten Hälfte des 14. Jahrh.
entstand, bildete damals und im folgenden Jahrhundert nur einen sehr ge-
ringen Volksbestandtheil, der in seiner Stellung stark beschützt war durch
die selbstständige Bauernwirthschaft auf dem Land und die Zunftorganisa-
tion der städtischen Industrie. In Land und Stadt standen sich Meister
und Arbeiter social nahe. Die Subsumtion der Arbeit unter das Kapital
war nur formell, d. h. die Produktionsweise selbst besass noch keinen
specifisch kapitalistischen Charakter. Das variable Element des Kapitals
wog sehr vor über sein constantes. Die Nachfrage nach Lohnarbeit wuchs
daher rasch mit jeder Accumulation des Kapitals, während die Zufuhr von
Lohnarbeit nur langsam nachfolgte. Ein grosser Theil des nationalen Pro-
dukts, später in Accumulationsfonds des Kapitals verwandelt,
ging damals noch in den Konsumtionsfonds des Arbeiters ein.

Die Gesetzgebung über die Lohnarbeit, von Haus aus auf Exploita-
tion des Arbeiters gemünzt und ihm in ihrem Fortgang stets gleich feind-
lich222), wird in England eröffnet durch das Statute of Labourers
Edward's III
., 1349. Ihm entspricht in Frankreich die Ordonnanz
von 1350, erlassen im Namen des Königs Jean. Die englische und die
französische Gesetzgebung laufen parallel und sind dem Inhalt nach iden-

222) "Whenever the legislature attempts to regulate the differences between
masters and their workmen, its counsellors are always the masters", sagt
A. Smith. "L'esprit des lois, c'est la propriete", sagt Linguet.

der ökonomischen Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des Kapitalisten
über den Arbeiter. Ausserökonomische, unmittelbare Gewalt wird daher
nur ausnahmsweise angewandt. Für den gewöhnlichen Gang der Dinge
kann der Arbeiter den „Naturgesetzen der Produktion“ über-
lassen werden, d. h. seiner aus den Produktionsbedingungen selbst ent-
springenden, durch sie garantirten und verewigten Abhängigkeit vom Ka-
pital. Anders während der historischen Genesis der kapitalistischen Pro-
duktion. Die aufkommende Bourgeoisie braucht und verwendet die
Staatsgewalt, um den Arbeitslohn zureguliren“, d. h. in-
nerhalb der Plusmacherei zusagender Schranken zu zwängen, um den Ar-
beitstag
zu verlängern, und den Arbeiter selbst im normalen Abhän-
gigkeitsgrad
zu erhalten. Es ist diess ein wesentliches Moment der
s. g. ursprünglichen Accumulation.

Die Klasse der Lohnarbeiter, die in der letzten Hälfte des 14. Jahrh.
entstand, bildete damals und im folgenden Jahrhundert nur einen sehr ge-
ringen Volksbestandtheil, der in seiner Stellung stark beschützt war durch
die selbstständige Bauernwirthschaft auf dem Land und die Zunftorganisa-
tion der städtischen Industrie. In Land und Stadt standen sich Meister
und Arbeiter social nahe. Die Subsumtion der Arbeit unter das Kapital
war nur formell, d. h. die Produktionsweise selbst besass noch keinen
specifisch kapitalistischen Charakter. Das variable Element des Kapitals
wog sehr vor über sein constantes. Die Nachfrage nach Lohnarbeit wuchs
daher rasch mit jeder Accumulation des Kapitals, während die Zufuhr von
Lohnarbeit nur langsam nachfolgte. Ein grosser Theil des nationalen Pro-
dukts, später in Accumulationsfonds des Kapitals verwandelt,
ging damals noch in den Konsumtionsfonds des Arbeiters ein.

Die Gesetzgebung über die Lohnarbeit, von Haus aus auf Exploita-
tion des Arbeiters gemünzt und ihm in ihrem Fortgang stets gleich feind-
lich222), wird in England eröffnet durch das Statute of Labourers
Edward’s III
., 1349. Ihm entspricht in Frankreich die Ordonnanz
von 1350, erlassen im Namen des Königs Jean. Die englische und die
französische Gesetzgebung laufen parallel und sind dem Inhalt nach iden-

222) „Whenever the legislature attempts to regulate the differences between
masters and their workmen, its counsellors are always the masters“, sagt
A. Smith. „L’esprit des lois, c’est la propriété“, sagt Linguet.
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[722/0741] der ökonomischen Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des Kapitalisten über den Arbeiter. Ausserökonomische, unmittelbare Gewalt wird daher nur ausnahmsweise angewandt. Für den gewöhnlichen Gang der Dinge kann der Arbeiter den „Naturgesetzen der Produktion“ über- lassen werden, d. h. seiner aus den Produktionsbedingungen selbst ent- springenden, durch sie garantirten und verewigten Abhängigkeit vom Ka- pital. Anders während der historischen Genesis der kapitalistischen Pro- duktion. Die aufkommende Bourgeoisie braucht und verwendet die Staatsgewalt, um den Arbeitslohn zu „reguliren“, d. h. in- nerhalb der Plusmacherei zusagender Schranken zu zwängen, um den Ar- beitstag zu verlängern, und den Arbeiter selbst im normalen Abhän- gigkeitsgrad zu erhalten. Es ist diess ein wesentliches Moment der s. g. ursprünglichen Accumulation. Die Klasse der Lohnarbeiter, die in der letzten Hälfte des 14. Jahrh. entstand, bildete damals und im folgenden Jahrhundert nur einen sehr ge- ringen Volksbestandtheil, der in seiner Stellung stark beschützt war durch die selbstständige Bauernwirthschaft auf dem Land und die Zunftorganisa- tion der städtischen Industrie. In Land und Stadt standen sich Meister und Arbeiter social nahe. Die Subsumtion der Arbeit unter das Kapital war nur formell, d. h. die Produktionsweise selbst besass noch keinen specifisch kapitalistischen Charakter. Das variable Element des Kapitals wog sehr vor über sein constantes. Die Nachfrage nach Lohnarbeit wuchs daher rasch mit jeder Accumulation des Kapitals, während die Zufuhr von Lohnarbeit nur langsam nachfolgte. Ein grosser Theil des nationalen Pro- dukts, später in Accumulationsfonds des Kapitals verwandelt, ging damals noch in den Konsumtionsfonds des Arbeiters ein. Die Gesetzgebung über die Lohnarbeit, von Haus aus auf Exploita- tion des Arbeiters gemünzt und ihm in ihrem Fortgang stets gleich feind- lich 222), wird in England eröffnet durch das Statute of Labourers Edward’s III., 1349. Ihm entspricht in Frankreich die Ordonnanz von 1350, erlassen im Namen des Königs Jean. Die englische und die französische Gesetzgebung laufen parallel und sind dem Inhalt nach iden- 222) „Whenever the legislature attempts to regulate the differences between masters and their workmen, its counsellors are always the masters“, sagt A. Smith. „L’esprit des lois, c’est la propriété“, sagt Linguet.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/741>, abgerufen am 25.11.2024.