Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

lichen Charaktere, welche Sachen oder die sachlichen Charaktere, welche
gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit auf Grundlage
einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für blosse Zeichen, erklärt
man sie zugleich für willkührliches Reflexionsprodukt der Menschen. Es
war diess beliebte Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts, um den räth-
selhaften Gestalten menschlicher Verhältnisse, deren Entstehungsprozess
es noch nicht entziffern konnte, vorläufig wenigstens den Schein der Fremd-
heit abzustreifen.

Es ward vorhin bemerkt, dass die Aequivalentform einer Waare die
quantitative Bestimmung ihrer Werthgrösse nicht einschliesst.
Weiss man, dass Gold Geld, daher mit allen andern Waaren unmittelbar
austauschbar ist, so weiss man desswegen nicht, wie viel z. B. 10 Pfund
Gold werth sind. Wie jede Waare kann das Geld seine eigne Werth-
grösse nur relativ in andern Waaren ausdrücken. Sein eigner Werth
ist bestimmt durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit und
drückt sich in dem Quantum jeder andern Waare aus, worin gleichviel
Arbeitszeit geronnen ist43). Diese Festsetzung seiner relativen Werth-
grösse findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tausch-
handel. Sobald es als Geld in den Austauschprozess eintritt, ist sein
Werth bereits gegeben. Wenn es schon in den letzten Decennien des
17. Jahrhunderts weit überschrittener Anfang der Geldanalyse, zu wissen,
dass Geld Waare ist, so aber auch nur der Anfang. Die Schwierigkeit

war ausdrücklich verboten, das Geld als Waare zu behandeln. "Pecunias vero
nulli emere fas erit, nam in usu publico constitutas oportet non esse mercem."
Gute Auseinandersetzung hierüber von G. F. Pagnini: "Saggio sopra
il giusto pregio delle cose
. 1751", bei Custodi Parte Moderna,
t. II. Namentlich im zweiten Theil der Schrift polemisirt Pagnini gegen die
Herren Juristen.
43) "If a man can bring to London an ounce of silver out of the earth in
Peru, in the same time that he can produce a bushel of corn, then one is
the natural price of the other; now if by reason of new and more easier mines a
man can procure two ounces of silver as easily as he formerly did one, the corn will
be as cheap at 10 shillings the bushel, as it was before at 5 shillings, caeteris
paribus." William Petty: "A Treatise on Taxes and Contri-
butions
. Lond. 1667", p. 31.

lichen Charaktere, welche Sachen oder die sachlichen Charaktere, welche
gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit auf Grundlage
einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für blosse Zeichen, erklärt
man sie zugleich für willkührliches Reflexionsprodukt der Menschen. Es
war diess beliebte Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts, um den räth-
selhaften Gestalten menschlicher Verhältnisse, deren Entstehungsprozess
es noch nicht entziffern konnte, vorläufig wenigstens den Schein der Fremd-
heit abzustreifen.

Es ward vorhin bemerkt, dass die Aequivalentform einer Waare die
quantitative Bestimmung ihrer Werthgrösse nicht einschliesst.
Weiss man, dass Gold Geld, daher mit allen andern Waaren unmittelbar
austauschbar ist, so weiss man desswegen nicht, wie viel z. B. 10 Pfund
Gold werth sind. Wie jede Waare kann das Geld seine eigne Werth-
grösse nur relativ in andern Waaren ausdrücken. Sein eigner Werth
ist bestimmt durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit und
drückt sich in dem Quantum jeder andern Waare aus, worin gleichviel
Arbeitszeit geronnen ist43). Diese Festsetzung seiner relativen Werth-
grösse findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tausch-
handel. Sobald es als Geld in den Austauschprozess eintritt, ist sein
Werth bereits gegeben. Wenn es schon in den letzten Decennien des
17. Jahrhunderts weit überschrittener Anfang der Geldanalyse, zu wissen,
dass Geld Waare ist, so aber auch nur der Anfang. Die Schwierigkeit

war ausdrücklich verboten, das Geld als Waare zu behandeln. „Pecunias vero
nulli emere fas erit, nam in usu publico constitutas oportet non esse mercem.“
Gute Auseinandersetzung hierüber von G. F. Pagnini: „Saggio sopra
il giusto pregio delle cose
. 1751“, bei Custodi Parte Moderna,
t. II. Namentlich im zweiten Theil der Schrift polemisirt Pagnini gegen die
Herren Juristen.
43) „If a man can bring to London an ounce of silver out of the earth in
Peru, in the same time that he can produce a bushel of corn, then one is
the natural price of the other; now if by reason of new and more easier mines a
man can procure two ounces of silver as easily as he formerly did one, the corn will
be as cheap at 10 shillings the bushel, as it was before at 5 shillings, caeteris
paribus.“ William Petty: „A Treatise on Taxes and Contri-
butions
. Lond. 1667“, p. 31.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0072" n="53"/>
lichen Charaktere, welche Sachen oder die <hi rendition="#g">sachlichen</hi> Charaktere, welche<lb/><hi rendition="#g">gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit</hi> auf Grundlage<lb/>
einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für blosse Zeichen, erklärt<lb/>
man sie zugleich für willkührliches Reflexionsprodukt der Menschen. Es<lb/>
war diess beliebte Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts, um den räth-<lb/>
selhaften Gestalten menschlicher Verhältnisse, deren Entstehungsprozess<lb/>
es noch nicht entziffern konnte, vorläufig wenigstens den Schein der Fremd-<lb/>
heit abzustreifen.</p><lb/>
            <p>Es ward vorhin bemerkt, dass die Aequivalentform einer Waare die<lb/><hi rendition="#g">quantitative</hi> Bestimmung ihrer Werth<hi rendition="#g">grösse</hi> nicht einschliesst.<lb/>
Weiss man, dass Gold Geld, daher mit allen andern Waaren unmittelbar<lb/>
austauschbar ist, so weiss man desswegen nicht, <hi rendition="#g">wie viel</hi> z. B. 10 Pfund<lb/>
Gold <hi rendition="#g">werth</hi> sind. Wie jede Waare kann das Geld seine eigne Werth-<lb/>
grösse nur relativ in <hi rendition="#g">andern</hi> Waaren <hi rendition="#g">ausdrücken</hi>. Sein eigner Werth<lb/>
ist bestimmt durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit und<lb/>
drückt sich in dem Quantum jeder andern Waare aus, worin gleichviel<lb/>
Arbeitszeit geronnen ist<note place="foot" n="43)">&#x201E;If a man can bring to London an ounce of silver out of the earth in<lb/>
Peru, <hi rendition="#g">in the same time</hi> that he can produce a bushel of corn, then one is<lb/>
the natural price of the other; now if by reason of new and more easier mines a<lb/>
man can procure two ounces of silver as easily as he formerly did one, the corn will<lb/>
be as cheap at 10 shillings the bushel, as it was before at 5 shillings, caeteris<lb/>
paribus.&#x201C; <hi rendition="#g">William Petty</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">A Treatise on Taxes and Contri-<lb/>
butions</hi>. Lond. 1667&#x201C;, p. 31.</note>. Diese Festsetzung seiner relativen Werth-<lb/>
grösse findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tausch-<lb/>
handel. Sobald es als <hi rendition="#g">Geld</hi> in den Austauschprozess eintritt, ist sein<lb/>
Werth bereits <hi rendition="#g">gegeben</hi>. Wenn es schon in den letzten Decennien des<lb/>
17. Jahrhunderts weit überschrittener Anfang der Geldanalyse, zu wissen,<lb/>
dass Geld <hi rendition="#g">Waare</hi> ist, so aber auch nur der Anfang. Die Schwierigkeit<lb/><note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="42)">war ausdrücklich verboten, das Geld als <hi rendition="#g">Waare</hi> zu behandeln. &#x201E;Pecunias vero<lb/>
nulli emere fas erit, nam in usu publico constitutas oportet non esse <hi rendition="#g">mercem</hi>.&#x201C;<lb/>
Gute Auseinandersetzung hierüber von G. F. <hi rendition="#g">Pagnini</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">Saggio sopra<lb/>
il giusto pregio delle cose</hi>. 1751&#x201C;, bei <hi rendition="#g">Custodi Parte Moderna</hi>,<lb/>
t. II. Namentlich im zweiten Theil der Schrift polemisirt Pagnini gegen die<lb/>
Herren Juristen.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0072] lichen Charaktere, welche Sachen oder die sachlichen Charaktere, welche gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit auf Grundlage einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für blosse Zeichen, erklärt man sie zugleich für willkührliches Reflexionsprodukt der Menschen. Es war diess beliebte Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts, um den räth- selhaften Gestalten menschlicher Verhältnisse, deren Entstehungsprozess es noch nicht entziffern konnte, vorläufig wenigstens den Schein der Fremd- heit abzustreifen. Es ward vorhin bemerkt, dass die Aequivalentform einer Waare die quantitative Bestimmung ihrer Werthgrösse nicht einschliesst. Weiss man, dass Gold Geld, daher mit allen andern Waaren unmittelbar austauschbar ist, so weiss man desswegen nicht, wie viel z. B. 10 Pfund Gold werth sind. Wie jede Waare kann das Geld seine eigne Werth- grösse nur relativ in andern Waaren ausdrücken. Sein eigner Werth ist bestimmt durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit und drückt sich in dem Quantum jeder andern Waare aus, worin gleichviel Arbeitszeit geronnen ist 43). Diese Festsetzung seiner relativen Werth- grösse findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tausch- handel. Sobald es als Geld in den Austauschprozess eintritt, ist sein Werth bereits gegeben. Wenn es schon in den letzten Decennien des 17. Jahrhunderts weit überschrittener Anfang der Geldanalyse, zu wissen, dass Geld Waare ist, so aber auch nur der Anfang. Die Schwierigkeit 42) 43) „If a man can bring to London an ounce of silver out of the earth in Peru, in the same time that he can produce a bushel of corn, then one is the natural price of the other; now if by reason of new and more easier mines a man can procure two ounces of silver as easily as he formerly did one, the corn will be as cheap at 10 shillings the bushel, as it was before at 5 shillings, caeteris paribus.“ William Petty: „A Treatise on Taxes and Contri- butions. Lond. 1667“, p. 31. 42) war ausdrücklich verboten, das Geld als Waare zu behandeln. „Pecunias vero nulli emere fas erit, nam in usu publico constitutas oportet non esse mercem.“ Gute Auseinandersetzung hierüber von G. F. Pagnini: „Saggio sopra il giusto pregio delle cose. 1751“, bei Custodi Parte Moderna, t. II. Namentlich im zweiten Theil der Schrift polemisirt Pagnini gegen die Herren Juristen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/72
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/72>, abgerufen am 25.11.2024.