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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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bern, jungen Personen beiderlei Geschlechts (13--18 Jahr), obgleich Jun-
gen meist mit dem 13. Jahr ausscheiden, endlich Kindern beiderlei
Geschlechts (6--13. Jahr). An der Spitze steht der Gangmaster
(Gangmeister), immer ein gewöhnlicher Landarbeiter, meist ein s. g.
schlechter Kerl, Liederjahn, unstät, versoffen, aber mit einem ge-
wissen Unternehmungsgeist und savoir faire. Er wirbt den Gang,
der unter ihm arbeitet, nicht unter dem Pächter. Mit letztrem
akkordirt er meist auf Stückwerk, und sein Einkommen, das im Durch-
schnitt nicht sehr hoch über das eines gewöhnlichen Landarbeiters
steigt173), hängt fast ganz ab vom Geschick, womit er in kürzester Zeit
möglichst viel Arbeit aus seiner Bande flüssig zu machen weiss. Die
Pächter haben entdeckt, dass Frauenzimmer nur unter männlicher Dikta-
tur ordentlich arbeiten, dass aber Frauenzimmer und Kinder, wenn einmal
im Zug, mit wahrem Ungestüm, was schon Fourier wusste, ihre Lebens-
kraft verausgaben, während der erwachsne männliche Arbeiter so heim-
tückisch ist damit, soviel er kann, hauszuhalten. Der Gangmeister zieht von
einem Gut zum andern und beschäftigt so seine Bande 6--8 Monate im Jahr.
Er ist daher ein viel einträglicherer und sicherer Kunde für die Arbeiterfa-
milien als der einzelne Pächter, welcher die Kinder nur gelegentlich beschäf-
tigt. Dieser Umstand befestigt seinen Einfluss so sehr in den offnen Ort-
schaften, dass in vielen die Kinder nur durch seine Dazwischenkunft hab-
bar sind. Das individuelle Verpumpen derselben, ausserhalb des Gangs,
an die Pächter, bildet sein Nebengeschäft.

Die "Schattenseiten" des Systems sind die Ueberarbeit der Kinder
und jungen Personen, die ungeheuren Märsche, die sie täglich zu und von
den 5, 6 und manchmal 7 Meilen entfernten Gütern zu machen haben, end-
lich die Demoralisation des "Gangs". Obgleich der Gangmeister, der in
einigen Gegenden "the driver" (Treiber) heisst, mit einem langen Stabe
ausgerüstet ist, wendet er solchen jedoch nur selten an, und Klage über
brutale Behandlung ist Ausnahme. Er ist ein demokratischer Kaiser
oder eine Art Rattenfänger von Hameln. Er bedarf also der Popularität
unter seinen Unterthanen und fesselt sie an sich durch das unter seinen
Auspicien blühende Zigeunerthum. Rohe Ungebundenheit, lustige Ausge-

173) Einzelne Gangmeister jedoch haben sich zu Pächtern von 500 Acres oder
Besitzern ganzer Häuserreihen heraufgearbeitet.

bern, jungen Personen beiderlei Geschlechts (13—18 Jahr), obgleich Jun-
gen meist mit dem 13. Jahr ausscheiden, endlich Kindern beiderlei
Geschlechts (6—13. Jahr). An der Spitze steht der Gangmaster
(Gangmeister), immer ein gewöhnlicher Landarbeiter, meist ein s. g.
schlechter Kerl, Liederjahn, unstät, versoffen, aber mit einem ge-
wissen Unternehmungsgeist und savoir faire. Er wirbt den Gang,
der unter ihm arbeitet, nicht unter dem Pächter. Mit letztrem
akkordirt er meist auf Stückwerk, und sein Einkommen, das im Durch-
schnitt nicht sehr hoch über das eines gewöhnlichen Landarbeiters
steigt173), hängt fast ganz ab vom Geschick, womit er in kürzester Zeit
möglichst viel Arbeit aus seiner Bande flüssig zu machen weiss. Die
Pächter haben entdeckt, dass Frauenzimmer nur unter männlicher Dikta-
tur ordentlich arbeiten, dass aber Frauenzimmer und Kinder, wenn einmal
im Zug, mit wahrem Ungestüm, was schon Fourier wusste, ihre Lebens-
kraft verausgaben, während der erwachsne männliche Arbeiter so heim-
tückisch ist damit, soviel er kann, hauszuhalten. Der Gangmeister zieht von
einem Gut zum andern und beschäftigt so seine Bande 6—8 Monate im Jahr.
Er ist daher ein viel einträglicherer und sicherer Kunde für die Arbeiterfa-
milien als der einzelne Pächter, welcher die Kinder nur gelegentlich beschäf-
tigt. Dieser Umstand befestigt seinen Einfluss so sehr in den offnen Ort-
schaften, dass in vielen die Kinder nur durch seine Dazwischenkunft hab-
bar sind. Das individuelle Verpumpen derselben, ausserhalb des Gangs,
an die Pächter, bildet sein Nebengeschäft.

Die „Schattenseiten“ des Systems sind die Ueberarbeit der Kinder
und jungen Personen, die ungeheuren Märsche, die sie täglich zu und von
den 5, 6 und manchmal 7 Meilen entfernten Gütern zu machen haben, end-
lich die Demoralisation des „Gangs“. Obgleich der Gangmeister, der in
einigen Gegenden „the driver“ (Treiber) heisst, mit einem langen Stabe
ausgerüstet ist, wendet er solchen jedoch nur selten an, und Klage über
brutale Behandlung ist Ausnahme. Er ist ein demokratischer Kaiser
oder eine Art Rattenfänger von Hameln. Er bedarf also der Popularität
unter seinen Unterthanen und fesselt sie an sich durch das unter seinen
Auspicien blühende Zigeunerthum. Rohe Ungebundenheit, lustige Ausge-

173) Einzelne Gangmeister jedoch haben sich zu Pächtern von 500 Acres oder
Besitzern ganzer Häuserreihen heraufgearbeitet.
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[685/0704] bern, jungen Personen beiderlei Geschlechts (13—18 Jahr), obgleich Jun- gen meist mit dem 13. Jahr ausscheiden, endlich Kindern beiderlei Geschlechts (6—13. Jahr). An der Spitze steht der Gangmaster (Gangmeister), immer ein gewöhnlicher Landarbeiter, meist ein s. g. schlechter Kerl, Liederjahn, unstät, versoffen, aber mit einem ge- wissen Unternehmungsgeist und savoir faire. Er wirbt den Gang, der unter ihm arbeitet, nicht unter dem Pächter. Mit letztrem akkordirt er meist auf Stückwerk, und sein Einkommen, das im Durch- schnitt nicht sehr hoch über das eines gewöhnlichen Landarbeiters steigt 173), hängt fast ganz ab vom Geschick, womit er in kürzester Zeit möglichst viel Arbeit aus seiner Bande flüssig zu machen weiss. Die Pächter haben entdeckt, dass Frauenzimmer nur unter männlicher Dikta- tur ordentlich arbeiten, dass aber Frauenzimmer und Kinder, wenn einmal im Zug, mit wahrem Ungestüm, was schon Fourier wusste, ihre Lebens- kraft verausgaben, während der erwachsne männliche Arbeiter so heim- tückisch ist damit, soviel er kann, hauszuhalten. Der Gangmeister zieht von einem Gut zum andern und beschäftigt so seine Bande 6—8 Monate im Jahr. Er ist daher ein viel einträglicherer und sicherer Kunde für die Arbeiterfa- milien als der einzelne Pächter, welcher die Kinder nur gelegentlich beschäf- tigt. Dieser Umstand befestigt seinen Einfluss so sehr in den offnen Ort- schaften, dass in vielen die Kinder nur durch seine Dazwischenkunft hab- bar sind. Das individuelle Verpumpen derselben, ausserhalb des Gangs, an die Pächter, bildet sein Nebengeschäft. Die „Schattenseiten“ des Systems sind die Ueberarbeit der Kinder und jungen Personen, die ungeheuren Märsche, die sie täglich zu und von den 5, 6 und manchmal 7 Meilen entfernten Gütern zu machen haben, end- lich die Demoralisation des „Gangs“. Obgleich der Gangmeister, der in einigen Gegenden „the driver“ (Treiber) heisst, mit einem langen Stabe ausgerüstet ist, wendet er solchen jedoch nur selten an, und Klage über brutale Behandlung ist Ausnahme. Er ist ein demokratischer Kaiser oder eine Art Rattenfänger von Hameln. Er bedarf also der Popularität unter seinen Unterthanen und fesselt sie an sich durch das unter seinen Auspicien blühende Zigeunerthum. Rohe Ungebundenheit, lustige Ausge- 173) Einzelne Gangmeister jedoch haben sich zu Pächtern von 500 Acres oder Besitzern ganzer Häuserreihen heraufgearbeitet.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/704>, abgerufen am 25.11.2024.