der östlichen Grafschaften, welche aus Kaninchengeheg und armer Vieh- weide in üppige Kornfelder umgezaubert wurden. Man weiss bereits, dass gleichzeitig die Gesammtzahl der in der Agrikultur betheiligten Personen abnahm. Was die eigentlichen Ackerbauer, bei- derlei Geschlechts und aller Altersstufen, betrifft, so sank ihre Zahl von 1,241,269 im Jahr 1851 auf 1,163,227 im Jahr 1861149). Wenn der englische Generalregistrator daher mit Recht bemerkt: "Der Zuwachs von Pächtern und Landarbeitern seit 1801 steht in gar keinem Verhältniss zum Zuwachs des agrikolen Produkts"150), so gilt diess Missverhältniss noch viel mehr von der letzten Periode, wo positive Abnahme der ländlichen Arbeiterbevölkerung Hand in Hand ging mit Aus- dehnung des bebauten Areals, intensiverer Kultur, unerhörter Accumula- tion des dem Boden einverleibten und des seiner Bearbeitung gewidmeten Kapitals, Steigerung des Bodenprodukts ohne Parallele in der Geschichte der englischen Agronomie, strotzenden Rentrollen der Grundeigenthümer und schwellendem Reichthum der kapitalistischen Pächter. Nimmt man diess zusammen mit der ununterbrochen raschen Erweiterung des städtischen Absatzmarkts und der Herrschaft des Freihandels, so war der Landar- beiter post tot discrimina rerum endlich in Verhältnisse gestellt, die ihn, secundum artem, glückstoll machen mussten.
Professor Rogers gelangt dagegen zum Resultat, dass der englische Landarbeiter heutigen Tags, gar nicht zu sprechen von seinem Vorgänger in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts und im 15. Jahrhundert, sondern nur verglichen mit seinem Vorgänger aus der Periode 1770--1780, seine Lage ausserordentlich verschlechtert hat, dass "er wieder ein Leibeigner geworden ist" und zwar schlecht gefütterter und behauster Leibeigner151). Dr. Julian Hunter, in seinem epochemachenden Bericht über die Wohnlichkeit der Landarbeiter, sagt: "Die Existenzkost des hind (der Zeit der Leibeigenschaft angehöriger Name für den Landarbeiter) ist fixirt zu dem möglichst niedrigen Betrag, womit er leben kann ... seine Zufuhr
149) Die Zahl der Schafhirten wuchs von 12,517 auf 25,559.
150)Census etc. l. c. p. 36.
151)Rogers l. c. p. 693. "The peasant has again become a serf." l. c. p. 10. Herr Rogers gehört zur liberalen Schule, ist persönlicher Freund von Cobden und Bright, also kein laudator temporis acti.
der östlichen Grafschaften, welche aus Kaninchengeheg und armer Vieh- weide in üppige Kornfelder umgezaubert wurden. Man weiss bereits, dass gleichzeitig die Gesammtzahl der in der Agrikultur betheiligten Personen abnahm. Was die eigentlichen Ackerbauer, bei- derlei Geschlechts und aller Altersstufen, betrifft, so sank ihre Zahl von 1,241,269 im Jahr 1851 auf 1,163,227 im Jahr 1861149). Wenn der englische Generalregistrator daher mit Recht bemerkt: „Der Zuwachs von Pächtern und Landarbeitern seit 1801 steht in gar keinem Verhältniss zum Zuwachs des agrikolen Produkts“150), so gilt diess Missverhältniss noch viel mehr von der letzten Periode, wo positive Abnahme der ländlichen Arbeiterbevölkerung Hand in Hand ging mit Aus- dehnung des bebauten Areals, intensiverer Kultur, unerhörter Accumula- tion des dem Boden einverleibten und des seiner Bearbeitung gewidmeten Kapitals, Steigerung des Bodenprodukts ohne Parallele in der Geschichte der englischen Agronomie, strotzenden Rentrollen der Grundeigenthümer und schwellendem Reichthum der kapitalistischen Pächter. Nimmt man diess zusammen mit der ununterbrochen raschen Erweiterung des städtischen Absatzmarkts und der Herrschaft des Freihandels, so war der Landar- beiter post tot discrimina rerum endlich in Verhältnisse gestellt, die ihn, secundum artem, glückstoll machen mussten.
Professor Rogers gelangt dagegen zum Resultat, dass der englische Landarbeiter heutigen Tags, gar nicht zu sprechen von seinem Vorgänger in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts und im 15. Jahrhundert, sondern nur verglichen mit seinem Vorgänger aus der Periode 1770—1780, seine Lage ausserordentlich verschlechtert hat, dass „er wieder ein Leibeigner geworden ist“ und zwar schlecht gefütterter und behauster Leibeigner151). Dr. Julian Hunter, in seinem epochemachenden Bericht über die Wohnlichkeit der Landarbeiter, sagt: „Die Existenzkost des hind (der Zeit der Leibeigenschaft angehöriger Name für den Landarbeiter) ist fixirt zu dem möglichst niedrigen Betrag, womit er leben kann … seine Zufuhr
149) Die Zahl der Schafhirten wuchs von 12,517 auf 25,559.
150)Census etc. l. c. p. 36.
151)Rogers l. c. p. 693. „The peasant has again become a serf.“ l. c. p. 10. Herr Rogers gehört zur liberalen Schule, ist persönlicher Freund von Cobden und Bright, also kein laudator temporis acti.
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der östlichen Grafschaften, welche aus Kaninchengeheg und armer Vieh-
weide in üppige Kornfelder umgezaubert wurden. Man weiss bereits,
dass gleichzeitig die Gesammtzahl der in der Agrikultur betheiligten
Personen abnahm. Was die eigentlichen Ackerbauer, bei-
derlei Geschlechts und aller Altersstufen, betrifft, so sank ihre Zahl von
1,241,269 im Jahr 1851 auf 1,163,227 im Jahr 1861 149). Wenn der
englische Generalregistrator daher mit Recht bemerkt: „Der Zuwachs von
Pächtern und Landarbeitern seit 1801 steht in gar keinem Verhältniss
zum Zuwachs des agrikolen Produkts“ 150), so gilt diess Missverhältniss
noch viel mehr von der letzten Periode, wo positive Abnahme der
ländlichen Arbeiterbevölkerung Hand in Hand ging mit Aus-
dehnung des bebauten Areals, intensiverer Kultur, unerhörter Accumula-
tion des dem Boden einverleibten und des seiner Bearbeitung gewidmeten
Kapitals, Steigerung des Bodenprodukts ohne Parallele in der Geschichte
der englischen Agronomie, strotzenden Rentrollen der Grundeigenthümer
und schwellendem Reichthum der kapitalistischen Pächter. Nimmt man
diess zusammen mit der ununterbrochen raschen Erweiterung des städtischen
Absatzmarkts und der Herrschaft des Freihandels, so war der Landar-
beiter post tot discrimina rerum endlich in Verhältnisse gestellt, die ihn,
secundum artem, glückstoll machen mussten.
Professor Rogers gelangt dagegen zum Resultat, dass der englische
Landarbeiter heutigen Tags, gar nicht zu sprechen von seinem Vorgänger
in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts und im 15. Jahrhundert, sondern
nur verglichen mit seinem Vorgänger aus der Periode 1770—1780, seine
Lage ausserordentlich verschlechtert hat, dass „er wieder ein Leibeigner
geworden ist“ und zwar schlecht gefütterter und behauster Leibeigner 151).
Dr. Julian Hunter, in seinem epochemachenden Bericht über die
Wohnlichkeit der Landarbeiter, sagt: „Die Existenzkost des hind (der
Zeit der Leibeigenschaft angehöriger Name für den Landarbeiter) ist fixirt
zu dem möglichst niedrigen Betrag, womit er leben kann … seine Zufuhr
149) Die Zahl der Schafhirten wuchs von 12,517 auf 25,559.
150) Census etc. l. c. p. 36.
151) Rogers l. c. p. 693. „The peasant has again become a serf.“ l. c.
p. 10. Herr Rogers gehört zur liberalen Schule, ist persönlicher Freund von
Cobden und Bright, also kein laudator temporis acti.
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/685>, abgerufen am 18.12.2024.
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