Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.bat uns in sein Haus zu gehn und zu sehn, ob irgend etwas für ihn ge- 137) Da es grade jetzt Mode unter den englischen Kapitalisten ist, Belgien
als das Paradies des Arbeiters zu schildern, weil "die Freiheit der Arbeit" dort weder durch den Despotismus der Trade's Unions, noch durch Fabrikgesetze verkümmert sei, hier ein paar Worte über das "Glück" des nur durch Klerisei, Grundaristokratie, liberale Bourgeois und Bureaukraten, aber bei Leibe nicht durch Trade's Unions und Fabrikgesetze gehänselten "freien" belgischen Arbeiters. Herr Ducpetiaux, eine gute Autorität, früher, ich weiss nicht ob noch, Gene- ralinspektor der belgischen Gefängnisse, sagt in seinen: "Budgets econo- miques des classes ouvrieres en Belgique": "Im Durchschnitt zählt eine Arbeiterfamilie 4 Kinder, also mit Vater und Mutter 6 Personen. Von diesen 6 Personen können 4 nützlich beschäftigt werden, wenn Krankheit u. dgl. nicht dazwischen kömmt. Unter diesen Umständen sind folgendes die Hilfsquellen der Familie auf ihrem Maximalgrad:
der Arbeiter die Nahrung hätte:
indem wir der Familienmutter ein Salair gaben. entzogen wir dem Haushalt ihre Leitung. Wer wird dem Inneren vorstehn, das Essen bereiten, Wäsche, Flicke- reien u. s. w. besorgen? Wie bringt es die grosse Mehrzahl der Arbeiter, welche die Waaren weder im Grossen kauft, noch im Halbgrossen, gleich der Gefängniss- verwaltung, wie bringt sie es fertig zu leben? Indem sie zu Nothbehelfen flüchtet, wovon der Arbeiter allein das Geheimniss hat, indem sie an ihrer täglichen Ration abknappt, wenig oder gar kein Fleisch isst, ebenso mit Butter und Gewürzen, indem sie die Familie in eine oder zwei Kammern packt, wo Mädchen und Jungen zusammen- schlafen, oft auf demselben Strohsack, indem sie an der Kleidung ökonomisirt, an Wäsche und Reinigungsmitteln, den Sonntagsvergnügungen entsagt u. s. w. Einmal bei dieser letzten Grenze angelangt, wirft die geringste Erhöhung der Preise der Lebensmittel u. s. w. sie auf die Armenliste." In der That ist in diesem "Paradies der Kapitalisten" die geringste Variation der Getreidepreise be- bat uns in sein Haus zu gehn und zu sehn, ob irgend etwas für ihn ge- 137) Da es grade jetzt Mode unter den englischen Kapitalisten ist, Belgien
als das Paradies des Arbeiters zu schildern, weil „die Freiheit der Arbeit“ dort weder durch den Despotismus der Trade’s Unions, noch durch Fabrikgesetze verkümmert sei, hier ein paar Worte über das „Glück“ des nur durch Klerisei, Grundaristokratie, liberale Bourgeois und Bureaukraten, aber bei Leibe nicht durch Trade’s Unions und Fabrikgesetze gehänselten „freien“ belgischen Arbeiters. Herr Ducpetiaux, eine gute Autorität, früher, ich weiss nicht ob noch, Gene- ralinspektor der belgischen Gefängnisse, sagt in seinen: „Budgets écono- miques des classes ouvrières en Belgique“: „Im Durchschnitt zählt eine Arbeiterfamilie 4 Kinder, also mit Vater und Mutter 6 Personen. Von diesen 6 Personen können 4 nützlich beschäftigt werden, wenn Krankheit u. dgl. nicht dazwischen kömmt. Unter diesen Umständen sind folgendes die Hilfsquellen der Familie auf ihrem Maximalgrad:
der Arbeiter die Nahrung hätte:
indem wir der Familienmutter ein Salair gaben. entzogen wir dem Haushalt ihre Leitung. Wer wird dem Inneren vorstehn, das Essen bereiten, Wäsche, Flicke- reien u. s. w. besorgen? Wie bringt es die grosse Mehrzahl der Arbeiter, welche die Waaren weder im Grossen kauft, noch im Halbgrossen, gleich der Gefängniss- verwaltung, wie bringt sie es fertig zu leben? Indem sie zu Nothbehelfen flüchtet, wovon der Arbeiter allein das Geheimniss hat, indem sie an ihrer täglichen Ration abknappt, wenig oder gar kein Fleisch isst, ebenso mit Butter und Gewürzen, indem sie die Familie in eine oder zwei Kammern packt, wo Mädchen und Jungen zusammen- schlafen, oft auf demselben Strohsack, indem sie an der Kleidung ökonomisirt, an Wäsche und Reinigungsmitteln, den Sonntagsvergnügungen entsagt u. s. w. Einmal bei dieser letzten Grenze angelangt, wirft die geringste Erhöhung der Preise der Lebensmittel u. s. w. sie auf die Armenliste.“ In der That ist in diesem „Paradies der Kapitalisten“ die geringste Variation der Getreidepreise be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0679" n="660"/> bat uns in sein Haus zu gehn und zu sehn, ob irgend etwas für ihn ge-<lb/> schehn könne. Ein junges Weib, zwei hübsche Kinder, ein Kluster von<lb/> Pfandzetteln und ein ganz kahles Zimmer war alles, was er zu zeigen<lb/> hatte“<note xml:id="seg2pn_100_1" next="#seg2pn_100_2" place="foot" n="137)">Da es grade jetzt Mode unter den englischen Kapitalisten ist, <hi rendition="#g">Belgien</hi><lb/> als das Paradies des Arbeiters zu schildern, weil „<hi rendition="#g">die Freiheit der Arbeit</hi>“<lb/> dort weder durch den Despotismus der Trade’s Unions, noch durch Fabrikgesetze<lb/> verkümmert sei, hier ein paar Worte über das „Glück“ des nur durch Klerisei,<lb/> Grundaristokratie, liberale Bourgeois und Bureaukraten, aber bei Leibe nicht durch<lb/> Trade’s Unions und Fabrikgesetze gehänselten „freien“ belgischen Arbeiters.<lb/> Herr <hi rendition="#g">Ducpetiaux</hi>, eine gute Autorität, früher, ich weiss nicht ob noch, Gene-<lb/> ralinspektor der belgischen Gefängnisse, sagt in seinen: „<hi rendition="#g">Budgets écono-<lb/> miques des classes ouvrières en Belgique</hi>“: „Im Durchschnitt zählt<lb/> eine Arbeiterfamilie 4 Kinder, also mit Vater und Mutter 6 Personen. Von diesen<lb/> 6 Personen können 4 nützlich beschäftigt werden, wenn Krankheit u. dgl. nicht<lb/> dazwischen kömmt. Unter diesen Umständen sind folgendes die Hilfsquellen der<lb/> Familie auf ihrem <hi rendition="#g">Maximalgrad</hi>:<lb/><table><row><cell>Der Vater</cell><cell>300 Tage</cell><cell>zu</cell><cell>1 fc. 56 c.</cell><cell>per Jahr</cell><cell>468 fcs.<lb/></cell></row><row><cell>Die Mutter</cell><cell>〃</cell><cell>„</cell><cell>0 fc. 89 c.</cell><cell>〃</cell><cell>267 fcs.<lb/></cell></row><row><cell>Der älteste Junge</cell><cell>〃</cell><cell>〃</cell><cell>0 fc. 56 c.</cell><cell>〃</cell><cell>168 fcs.<lb/></cell></row><row><cell>Die älteste Tochter</cell><cell>〃</cell><cell>〃</cell><cell>0 fc. 55 c.</cell><cell>〃</cell><cell>165 fcs.<lb/></cell></row><row><cell/><cell/><cell/><cell/><cell/><cell>1,068 fcs.<lb/></cell></row></table> Die <hi rendition="#g">Jahresausgabe</hi> der Familie und ihr <hi rendition="#g">Deficit</hi> würden sich erheben, falls<lb/> der Arbeiter die Nahrung hätte:<lb/><table><row><cell><hi rendition="#g">Des Seesoldaten</hi>,</cell><cell>auf</cell><cell>1828 fcs.</cell><cell><hi rendition="#g">Deficit</hi>:</cell><cell>760 fcs.<lb/></cell></row><row><cell><hi rendition="#g">Des Soldaten</hi>,</cell><cell>〃</cell><cell>1473 fcs.</cell><cell>〃</cell><cell>405 fcs.<lb/></cell></row><row><cell><hi rendition="#g">Des Gefangnen</hi>,</cell><cell>〃</cell><cell>1112 fcs.</cell><cell>〃</cell><cell>44 fcs.<lb/></cell></row></table> In jener <hi rendition="#g">Musterfamilie</hi> haben wir alle möglichen Hilfsquellen vereinigt. Aber<lb/> indem wir der Familienmutter ein Salair gaben. entzogen wir dem Haushalt ihre<lb/> Leitung. Wer wird dem Inneren vorstehn, das Essen bereiten, Wäsche, Flicke-<lb/> reien u. s. w. besorgen? Wie bringt es die grosse Mehrzahl der Arbeiter, welche<lb/> die Waaren weder im Grossen kauft, noch im Halbgrossen, gleich der Gefängniss-<lb/> verwaltung, wie bringt sie es fertig zu leben? Indem sie zu Nothbehelfen flüchtet,<lb/> wovon der Arbeiter allein das Geheimniss hat, indem sie an ihrer täglichen Ration<lb/> abknappt, wenig oder gar kein Fleisch isst, ebenso mit Butter und Gewürzen, indem<lb/> sie die Familie in eine oder zwei Kammern packt, wo Mädchen und Jungen zusammen-<lb/> schlafen, oft auf demselben Strohsack, indem sie an der Kleidung ökonomisirt, an<lb/> Wäsche und Reinigungsmitteln, den Sonntagsvergnügungen entsagt u. s. w. Einmal<lb/> bei dieser letzten Grenze angelangt, wirft die geringste Erhöhung der Preise der<lb/> Lebensmittel u. s. w. sie auf die Armenliste.“ In der That ist in diesem „Paradies<lb/> der Kapitalisten“ <hi rendition="#g">die geringste Variation der Getreidepreise be-</hi></note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [660/0679]
bat uns in sein Haus zu gehn und zu sehn, ob irgend etwas für ihn ge-
schehn könne. Ein junges Weib, zwei hübsche Kinder, ein Kluster von
Pfandzetteln und ein ganz kahles Zimmer war alles, was er zu zeigen
hatte“ 137).
137) Da es grade jetzt Mode unter den englischen Kapitalisten ist, Belgien
als das Paradies des Arbeiters zu schildern, weil „die Freiheit der Arbeit“
dort weder durch den Despotismus der Trade’s Unions, noch durch Fabrikgesetze
verkümmert sei, hier ein paar Worte über das „Glück“ des nur durch Klerisei,
Grundaristokratie, liberale Bourgeois und Bureaukraten, aber bei Leibe nicht durch
Trade’s Unions und Fabrikgesetze gehänselten „freien“ belgischen Arbeiters.
Herr Ducpetiaux, eine gute Autorität, früher, ich weiss nicht ob noch, Gene-
ralinspektor der belgischen Gefängnisse, sagt in seinen: „Budgets écono-
miques des classes ouvrières en Belgique“: „Im Durchschnitt zählt
eine Arbeiterfamilie 4 Kinder, also mit Vater und Mutter 6 Personen. Von diesen
6 Personen können 4 nützlich beschäftigt werden, wenn Krankheit u. dgl. nicht
dazwischen kömmt. Unter diesen Umständen sind folgendes die Hilfsquellen der
Familie auf ihrem Maximalgrad:
Der Vater 300 Tage zu 1 fc. 56 c. per Jahr 468 fcs.
Die Mutter 〃 „ 0 fc. 89 c. 〃 267 fcs.
Der älteste Junge 〃 〃 0 fc. 56 c. 〃 168 fcs.
Die älteste Tochter 〃 〃 0 fc. 55 c. 〃 165 fcs.
1,068 fcs.
Die Jahresausgabe der Familie und ihr Deficit würden sich erheben, falls
der Arbeiter die Nahrung hätte:
Des Seesoldaten, auf 1828 fcs. Deficit: 760 fcs.
Des Soldaten, 〃 1473 fcs. 〃 405 fcs.
Des Gefangnen, 〃 1112 fcs. 〃 44 fcs.
In jener Musterfamilie haben wir alle möglichen Hilfsquellen vereinigt. Aber
indem wir der Familienmutter ein Salair gaben. entzogen wir dem Haushalt ihre
Leitung. Wer wird dem Inneren vorstehn, das Essen bereiten, Wäsche, Flicke-
reien u. s. w. besorgen? Wie bringt es die grosse Mehrzahl der Arbeiter, welche
die Waaren weder im Grossen kauft, noch im Halbgrossen, gleich der Gefängniss-
verwaltung, wie bringt sie es fertig zu leben? Indem sie zu Nothbehelfen flüchtet,
wovon der Arbeiter allein das Geheimniss hat, indem sie an ihrer täglichen Ration
abknappt, wenig oder gar kein Fleisch isst, ebenso mit Butter und Gewürzen, indem
sie die Familie in eine oder zwei Kammern packt, wo Mädchen und Jungen zusammen-
schlafen, oft auf demselben Strohsack, indem sie an der Kleidung ökonomisirt, an
Wäsche und Reinigungsmitteln, den Sonntagsvergnügungen entsagt u. s. w. Einmal
bei dieser letzten Grenze angelangt, wirft die geringste Erhöhung der Preise der
Lebensmittel u. s. w. sie auf die Armenliste.“ In der That ist in diesem „Paradies
der Kapitalisten“ die geringste Variation der Getreidepreise be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |