von Arbeitern, und mit der absoluten Zunahme der Arbeiter eine Abnahme des Lohns, aber er sieht in der That nur die lokale Oscillation des Arbeitsmarkts einer besondern Produktionssphäre, er sieht nur Phä- nomene der Vertheilung der Arbeiterbevöl kerung in die verschiednen Anlagesphären des Kapitals, je nach seinen wechselnden Bedürfnissen.
Die industrielle Reservearmee oder relative Surpluspopulation drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Ueberpro- duktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Surpluspopula- tion ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nach- frage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spiel- raum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrsch- sucht des Kapitals abso lut zusagenden Schranken ein. Es ist hier der Ort auf eine der Grossthaten der ökonomischen Apologetik zurückzukom- men. Man erinnert sich, dass wenn durch Einführung neuer oder Ausdehnung alter Maschinerie ein Stück variables Kapital in constantes verwandelt wird, der ökonomische Apologet diese Operation, welche Kapital "bindet" und eben dadurch Arbeiter "freisetzt", umgekehrt so deutet, das sie Kapital für den Arbeiter freisetzt. Erst jetzt kann man die Unverschämtheit des Apologeten vollständig würdigen. Was freigesetzt wird, sind nicht nur die unmittelbar durch die Maschine verdrängten Arbeiter, sondern ebenso ihre Ersatzmann- schaft und das, bei gewohnter Ausdehnung des Geschäfts auf seiner alten Basis, regelmässig absorbirte Zuschusskontingent. Es ist nicht altes Kapital für Arbeiter freigesetzt, aber es sind Arbeiter für etwa "zuschüssiges" Ka- pital freigesetzt. D. h. also, der Mechanismus der kapitalistischen Produk- tion sorgt dafür, dass der absolute Zuwachs von Kapital von keiner entsprechenden Steigerung der allgemeinen Arbeitsnachfrage begleitet ist. Und diess nennt der Apologet eine Kompensation für das Elend, die Leiden und den möglichen Untergang der deplacirten Arbeiter wäh- rend der Uebergangsperiode, welche sie in die industrielle Reservearmee bannt! Die Nachfrage nach Arbeit ist nicht identisch mit Wachsthum des Kapitals, die Zufuhr der Arbeiter nicht mit dem Wachsthum der Arbeiter- klasse, so dass zwei von einander unabhängige Potenzen auf einander einwirkten. Les des sont pipes. Das Kapital agirt auf beiden Seiten zugleich. Wenn seine Accumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit
von Arbeitern, und mit der absoluten Zunahme der Arbeiter eine Abnahme des Lohns, aber er sieht in der That nur die lokale Oscillation des Arbeitsmarkts einer besondern Produktionssphäre, er sieht nur Phä- nomene der Vertheilung der Arbeiterbevöl kerung in die verschiednen Anlagesphären des Kapitals, je nach seinen wechselnden Bedürfnissen.
Die industrielle Reservearmee oder relative Surpluspopulation drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Ueberpro- duktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Surpluspopula- tion ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nach- frage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spiel- raum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrsch- sucht des Kapitals abso lut zusagenden Schranken ein. Es ist hier der Ort auf eine der Grossthaten der ökonomischen Apologetik zurückzukom- men. Man erinnert sich, dass wenn durch Einführung neuer oder Ausdehnung alter Maschinerie ein Stück variables Kapital in constantes verwandelt wird, der ökonomische Apologet diese Operation, welche Kapital „bindet“ und eben dadurch Arbeiter „freisetzt“, umgekehrt so deutet, das sie Kapital für den Arbeiter freisetzt. Erst jetzt kann man die Unverschämtheit des Apologeten vollständig würdigen. Was freigesetzt wird, sind nicht nur die unmittelbar durch die Maschine verdrängten Arbeiter, sondern ebenso ihre Ersatzmann- schaft und das, bei gewohnter Ausdehnung des Geschäfts auf seiner alten Basis, regelmässig absorbirte Zuschusskontingent. Es ist nicht altes Kapital für Arbeiter freigesetzt, aber es sind Arbeiter für etwa „zuschüssiges“ Ka- pital freigesetzt. D. h. also, der Mechanismus der kapitalistischen Produk- tion sorgt dafür, dass der absolute Zuwachs von Kapital von keiner entsprechenden Steigerung der allgemeinen Arbeitsnachfrage begleitet ist. Und diess nennt der Apologet eine Kompensation für das Elend, die Leiden und den möglichen Untergang der deplacirten Arbeiter wäh- rend der Uebergangsperiode, welche sie in die industrielle Reservearmee bannt! Die Nachfrage nach Arbeit ist nicht identisch mit Wachsthum des Kapitals, die Zufuhr der Arbeiter nicht mit dem Wachsthum der Arbeiter- klasse, so dass zwei von einander unabhängige Potenzen auf einander einwirkten. Les dés sont pipés. Das Kapital agirt auf beiden Seiten zugleich. Wenn seine Accumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit
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von Arbeitern, und mit der absoluten Zunahme der Arbeiter eine Abnahme
des Lohns, aber er sieht in der That nur die lokale Oscillation des
Arbeitsmarkts einer besondern Produktionssphäre, er sieht nur Phä-
nomene der Vertheilung der Arbeiterbevöl kerung in die
verschiednen Anlagesphären des Kapitals, je nach seinen wechselnden
Bedürfnissen.
Die industrielle Reservearmee oder relative Surpluspopulation drückt
während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive
Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Ueberpro-
duktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Surpluspopula-
tion ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nach-
frage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spiel-
raum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrsch-
sucht des Kapitals abso lut zusagenden Schranken ein. Es ist hier
der Ort auf eine der Grossthaten der ökonomischen Apologetik zurückzukom-
men. Man erinnert sich, dass wenn durch Einführung neuer oder Ausdehnung
alter Maschinerie ein Stück variables Kapital in constantes verwandelt wird,
der ökonomische Apologet diese Operation, welche Kapital „bindet“ und eben
dadurch Arbeiter „freisetzt“, umgekehrt so deutet, das sie Kapital für den
Arbeiter freisetzt. Erst jetzt kann man die Unverschämtheit des Apologeten
vollständig würdigen. Was freigesetzt wird, sind nicht nur die unmittelbar
durch die Maschine verdrängten Arbeiter, sondern ebenso ihre Ersatzmann-
schaft und das, bei gewohnter Ausdehnung des Geschäfts auf seiner alten
Basis, regelmässig absorbirte Zuschusskontingent. Es ist nicht altes Kapital
für Arbeiter freigesetzt, aber es sind Arbeiter für etwa „zuschüssiges“ Ka-
pital freigesetzt. D. h. also, der Mechanismus der kapitalistischen Produk-
tion sorgt dafür, dass der absolute Zuwachs von Kapital von keiner
entsprechenden Steigerung der allgemeinen Arbeitsnachfrage
begleitet ist. Und diess nennt der Apologet eine Kompensation für das
Elend, die Leiden und den möglichen Untergang der deplacirten Arbeiter wäh-
rend der Uebergangsperiode, welche sie in die industrielle Reservearmee
bannt! Die Nachfrage nach Arbeit ist nicht identisch mit Wachsthum des
Kapitals, die Zufuhr der Arbeiter nicht mit dem Wachsthum der Arbeiter-
klasse, so dass zwei von einander unabhängige Potenzen auf einander
einwirkten. Les dés sont pipés. Das Kapital agirt auf beiden Seiten
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/645>, abgerufen am 27.11.2024.
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