Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Soweit die Fabrikgesetzgebung die Arbeit in Fabriken, Manufakturen
u. s. w. regulirt, erscheint diess zunächst nur als Einmischung in die Ex-
ploitationsrechte des Kapitals. Jede Regulation der s. g. Hausar-
beit
310) stellt sich dagegen sofort als direkter Eingriff in die patria
Potestas
dar, d. h. modern interpretirt, in die elterliche Auto-
rität
, ein Schritt, wovor das zartfühlende englische Parlament lang zu-
rückzubeben affektirte. Die Gewalt der Thatsachen zwang jedoch endlich
anzuerkennen, dass die grosse Industrie mit der ökonomischen Grundlage
des alten Familienwesens und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch
die alten Familienverhältnisse selbst auflöst. Das Recht der Kinder
musste proklamirt werden. "Unglücklicher Weise", heisst es im Schluss-
bericht der "Child. Empl. Comm." von 1866, "leuchtet aus der Gesammt-
heit der Zeugenaussagen hervor, dass die Kinder beiderlei Geschlechts gegen
Niemand so sehr des Schutzes bedürfen als gegen ihre Eltern." Das System
der masslosen Exploitation der Kinderarbeit überhaupt und der Hausarbeit
im Besondern wird dadurch "erhalten, dass die Eltern über ihre jungen
und zarten Sprösslinge eine willkührliche und heillose Gewalt ohne Zügel
oder Kontrole ausüben ... Eltern dürfen nicht die absolute Macht be-
sitzen, ihre Kinder zu reinen Maschinen zu machen, um so und so viel
wöchentlichen Lohn herauszuschlagen ... Kinder und junge Personen
haben ein Recht auf den Schutz der Legislatur wider den Missbrauch der
elterlichen Gewalt, der ihre physische Kraft vorzeitig bricht und sie degra-
dirt auf der Staffel moralischer und intellektueller Wesen"311). Es ist

entgegengesetzter Richtung, erzeugen. Er sagt u. a. schön: "An idle learning
being little better than the Learning of Idleness ... Bodily Labour, it's a
primitive institution of God . . . . Labour being as proper for the bodies health,
as eating is for its living; for what pains a man saves by Ease, he will find in
Disease ... Labour adds oyl to the lamp of life when thinking inflames it ...
A childish silly employ (diess ahnungsvoll gegen die Basedows und ihre mo-
dernen Nachstümper), leaves the children's minds silly." ("Proposals for
raising a Colledge of Industry of all useful Trades and Husban-
dry. Lond
. 1696", p. 12, 14, 18.)
310) Diese geht übrigens grossentheils auch in kleineren Werkstätten
vor, wie wir gesehn bei der Spitzenmanufaktur und Strohflechterei, und wie nament-
lich auch an den Metallmanufakturen in Sheffield, Birmingham u. s. w. ausführ-
licher gezeigt werden könnte.
311) "Child. Empl. Comm. V. Rep.", p. XXV, n. 162 und II. Rep.,
p. XXXVIII, n. 285, 289, p. XXXV, n. 191.

Soweit die Fabrikgesetzgebung die Arbeit in Fabriken, Manufakturen
u. s. w. regulirt, erscheint diess zunächst nur als Einmischung in die Ex-
ploitationsrechte des Kapitals. Jede Regulation der s. g. Hausar-
beit
310) stellt sich dagegen sofort als direkter Eingriff in die patria
Potestas
dar, d. h. modern interpretirt, in die elterliche Auto-
rität
, ein Schritt, wovor das zartfühlende englische Parlament lang zu-
rückzubeben affektirte. Die Gewalt der Thatsachen zwang jedoch endlich
anzuerkennen, dass die grosse Industrie mit der ökonomischen Grundlage
des alten Familienwesens und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch
die alten Familienverhältnisse selbst auflöst. Das Recht der Kinder
musste proklamirt werden. „Unglücklicher Weise“, heisst es im Schluss-
bericht der „Child. Empl. Comm.“ von 1866, „leuchtet aus der Gesammt-
heit der Zeugenaussagen hervor, dass die Kinder beiderlei Geschlechts gegen
Niemand so sehr des Schutzes bedürfen als gegen ihre Eltern.“ Das System
der masslosen Exploitation der Kinderarbeit überhaupt und der Hausarbeit
im Besondern wird dadurch „erhalten, dass die Eltern über ihre jungen
und zarten Sprösslinge eine willkührliche und heillose Gewalt ohne Zügel
oder Kontrole ausüben … Eltern dürfen nicht die absolute Macht be-
sitzen, ihre Kinder zu reinen Maschinen zu machen, um so und so viel
wöchentlichen Lohn herauszuschlagen … Kinder und junge Personen
haben ein Recht auf den Schutz der Legislatur wider den Missbrauch der
elterlichen Gewalt, der ihre physische Kraft vorzeitig bricht und sie degra-
dirt auf der Staffel moralischer und intellektueller Wesen“311). Es ist

entgegengesetzter Richtung, erzeugen. Er sagt u. a. schön: „An idle learning
being little better than the Learning of Idleness … Bodily Labour, it’s a
primitive institution of God . . . . Labour being as proper for the bodies health,
as eating is for its living; for what pains a man saves by Ease, he will find in
Disease … Labour adds oyl to the lamp of life when thinking inflames it …
A childish silly employ (diess ahnungsvoll gegen die Basedows und ihre mo-
dernen Nachstümper), leaves the children’s minds silly.“ („Proposals for
raising a Colledge of Industry of all useful Trades and Husban-
dry. Lond
. 1696“, p. 12, 14, 18.)
310) Diese geht übrigens grossentheils auch in kleineren Werkstätten
vor, wie wir gesehn bei der Spitzenmanufaktur und Strohflechterei, und wie nament-
lich auch an den Metallmanufakturen in Sheffield, Birmingham u. s. w. ausführ-
licher gezeigt werden könnte.
311)Child. Empl. Comm. V. Rep.“, p. XXV, n. 162 und II. Rep.,
p. XXXVIII, n. 285, 289, p. XXXV, n. 191.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0501" n="482"/>
            <p>Soweit die Fabrikgesetzgebung die Arbeit in Fabriken, Manufakturen<lb/>
u. s. w. regulirt, erscheint diess zunächst nur als Einmischung in die Ex-<lb/>
ploitationsrechte des Kapitals. Jede Regulation der s. g. <hi rendition="#g">Hausar-<lb/>
beit</hi><note place="foot" n="310)">Diese geht übrigens grossentheils auch in <hi rendition="#g">kleineren Werkstätten</hi><lb/>
vor, wie wir gesehn bei der Spitzenmanufaktur und Strohflechterei, und wie nament-<lb/>
lich auch an den Metallmanufakturen in Sheffield, Birmingham u. s. w. ausführ-<lb/>
licher gezeigt werden könnte.</note> stellt sich dagegen sofort als direkter Eingriff in die <hi rendition="#g">patria<lb/>
Potestas</hi> dar, d. h. modern interpretirt, in die <hi rendition="#g">elterliche Auto-<lb/>
rität</hi>, ein Schritt, wovor das zartfühlende englische Parlament lang zu-<lb/>
rückzubeben affektirte. Die Gewalt der Thatsachen zwang jedoch endlich<lb/>
anzuerkennen, dass die grosse Industrie mit der ökonomischen Grundlage<lb/>
des alten Familienwesens und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch<lb/>
die alten Familienverhältnisse selbst auflöst. <hi rendition="#g">Das Recht der Kinder</hi><lb/>
musste proklamirt werden. &#x201E;Unglücklicher Weise&#x201C;, heisst es im Schluss-<lb/>
bericht der &#x201E;Child. Empl. Comm.&#x201C; von 1866, &#x201E;leuchtet aus der Gesammt-<lb/>
heit der Zeugenaussagen hervor, dass die Kinder beiderlei Geschlechts gegen<lb/>
Niemand so sehr des Schutzes bedürfen als gegen ihre Eltern.&#x201C; Das System<lb/>
der masslosen Exploitation der Kinderarbeit überhaupt und der Hausarbeit<lb/>
im Besondern wird dadurch &#x201E;erhalten, dass die Eltern über ihre jungen<lb/>
und zarten Sprösslinge eine willkührliche und heillose Gewalt ohne Zügel<lb/>
oder Kontrole ausüben &#x2026; Eltern dürfen nicht die absolute Macht be-<lb/>
sitzen, ihre Kinder zu reinen Maschinen zu machen, um so und so viel<lb/>
wöchentlichen Lohn herauszuschlagen &#x2026; Kinder und junge Personen<lb/>
haben ein Recht auf den Schutz der Legislatur wider den Missbrauch der<lb/>
elterlichen Gewalt, der ihre physische Kraft vorzeitig bricht und sie degra-<lb/>
dirt auf der Staffel moralischer und intellektueller Wesen&#x201C;<note place="foot" n="311)">&#x201E;<hi rendition="#g">Child. Empl. Comm. V. Rep</hi>.&#x201C;, p. XXV, n. 162 und II. <hi rendition="#g">Rep</hi>.,<lb/>
p. XXXVIII, n. 285, 289, p. XXXV, n. 191.</note>. Es ist<lb/><note xml:id="seg2pn_77_2" prev="#seg2pn_77_1" place="foot" n="309)">entgegengesetzter Richtung, erzeugen. Er sagt u. a. schön: &#x201E;An idle learning<lb/>
being little better than the Learning of Idleness &#x2026; <hi rendition="#g">Bodily Labour</hi>, it&#x2019;s a<lb/>
primitive institution of God . . . . Labour being as proper for the bodies health,<lb/>
as eating is for its living; for what pains a man saves by Ease, he will find in<lb/>
Disease &#x2026; Labour adds oyl to the lamp of life when thinking inflames it &#x2026;<lb/>
A childish <hi rendition="#g">silly employ</hi> (diess ahnungsvoll gegen die Basedows und ihre mo-<lb/>
dernen Nachstümper), leaves the children&#x2019;s minds silly.&#x201C; (&#x201E;<hi rendition="#g">Proposals for<lb/>
raising a Colledge of Industry of all useful Trades and Husban-<lb/>
dry. Lond</hi>. 1696&#x201C;, p. 12, 14, 18.)</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[482/0501] Soweit die Fabrikgesetzgebung die Arbeit in Fabriken, Manufakturen u. s. w. regulirt, erscheint diess zunächst nur als Einmischung in die Ex- ploitationsrechte des Kapitals. Jede Regulation der s. g. Hausar- beit 310) stellt sich dagegen sofort als direkter Eingriff in die patria Potestas dar, d. h. modern interpretirt, in die elterliche Auto- rität, ein Schritt, wovor das zartfühlende englische Parlament lang zu- rückzubeben affektirte. Die Gewalt der Thatsachen zwang jedoch endlich anzuerkennen, dass die grosse Industrie mit der ökonomischen Grundlage des alten Familienwesens und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch die alten Familienverhältnisse selbst auflöst. Das Recht der Kinder musste proklamirt werden. „Unglücklicher Weise“, heisst es im Schluss- bericht der „Child. Empl. Comm.“ von 1866, „leuchtet aus der Gesammt- heit der Zeugenaussagen hervor, dass die Kinder beiderlei Geschlechts gegen Niemand so sehr des Schutzes bedürfen als gegen ihre Eltern.“ Das System der masslosen Exploitation der Kinderarbeit überhaupt und der Hausarbeit im Besondern wird dadurch „erhalten, dass die Eltern über ihre jungen und zarten Sprösslinge eine willkührliche und heillose Gewalt ohne Zügel oder Kontrole ausüben … Eltern dürfen nicht die absolute Macht be- sitzen, ihre Kinder zu reinen Maschinen zu machen, um so und so viel wöchentlichen Lohn herauszuschlagen … Kinder und junge Personen haben ein Recht auf den Schutz der Legislatur wider den Missbrauch der elterlichen Gewalt, der ihre physische Kraft vorzeitig bricht und sie degra- dirt auf der Staffel moralischer und intellektueller Wesen“ 311). Es ist 309) 310) Diese geht übrigens grossentheils auch in kleineren Werkstätten vor, wie wir gesehn bei der Spitzenmanufaktur und Strohflechterei, und wie nament- lich auch an den Metallmanufakturen in Sheffield, Birmingham u. s. w. ausführ- licher gezeigt werden könnte. 311) „Child. Empl. Comm. V. Rep.“, p. XXV, n. 162 und II. Rep., p. XXXVIII, n. 285, 289, p. XXXV, n. 191. 309) entgegengesetzter Richtung, erzeugen. Er sagt u. a. schön: „An idle learning being little better than the Learning of Idleness … Bodily Labour, it’s a primitive institution of God . . . . Labour being as proper for the bodies health, as eating is for its living; for what pains a man saves by Ease, he will find in Disease … Labour adds oyl to the lamp of life when thinking inflames it … A childish silly employ (diess ahnungsvoll gegen die Basedows und ihre mo- dernen Nachstümper), leaves the children’s minds silly.“ („Proposals for raising a Colledge of Industry of all useful Trades and Husban- dry. Lond. 1696“, p. 12, 14, 18.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/501
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/501>, abgerufen am 22.07.2024.