Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Masse, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion wohlfeiler reprodu-
cirt werden können oder bessere Maschinen konkurrirend neben sie treten146).
In beiden Fällen ist ihr Werth, so jung und lebenskräftig sie sonst noch sein
mag, nicht mehr bestimmt durch die thatsächlich in ihr selbst vergegen-
ständlichte, sondern durch die zu ihrer eignen Reproduktion oder zur Repro-
duktion der besseren Maschine nothwendige Arbeitszeit. Sie ist daher mehr
oder minder entwerthet. Je kürzer die Periode, worin ihr Gesammt-
werth reproducirt wird, desto geringer die Gefahr des moralischen Ver-
schleisses, und je länger der Arbeitstag, um so kürzer jene Periode.
Bei der ersten Einführung der Maschinerie in irgend einen Produktions-
zweig folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer wohlfeileren Re-
produktion147), und Verbesserungen, die nicht nur einzelne Theile oder
Apparate, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer ersten
Lebensperiode wirkt daher diess besondre Motiv zur Verlängerung
des Arbeitstags am akutesten148).

Unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebnem Arbeitstag
erheischt Exploitation verdoppelter Arbeiteranzahl ebensowohl Ver-
dopplung des in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegten Theils des
constanten Kapitals als des in Rohmaterial, Hilfsstoffen u. s. w. ausgelegten.
Mit verlängertem Arbeitstag dehnt sich die Stufenleiter der Pro-
duktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapi-

146) Der schon früher erwähnte "Manchester Spinner" (Times, 26. Nov.
1862) zählt unter den Kosten der Maschinerie auf: "It (nämlich die "allowance
for deterioration of machinery") is also intended to cover the loss which is con-
stantly arising from the superseding of machines before they are worn out by
others of a new and better construction."
147) "Man schätzt im Grossen, dass eine einzige Maschine nach einem neuen
Model zu konstruiren fünfmal so viel kostet, als die Rekonstruktion derselben
Maschine nach demselben Model." (Babbage l. c. p. 349.)
148) "Seit einigen Jahren sind so bedeutende und zahlreiche Verbesserungen
in der Tüllfabrikation gemacht worden, dass eine gut erhaltene Maschine zum ur-
sprünglichen Kostenpreis von 1200 Pfd. St. einige Jahre später zu 60 Pfd. St.
verkauft wurde . . . . Die Verbesserungen folgten sich mit solcher Geschwindig-
keit, dass Maschinen unvollendet in der Hand ihrer Bauer blieben, weil sie durch
glücklichere Erfindungen bereits veraltet waren." In dieser Sturm- und Drang-
periode dehnten daher die Tüllfabrikanten bald die ursprüngliche Arbeitszeit von
8 Stunden mit doppelter Mannschaft auf 24 Stunden aus. (l. c. p. 377, 378
u. 279.)

Masse, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion wohlfeiler reprodu-
cirt werden können oder bessere Maschinen konkurrirend neben sie treten146).
In beiden Fällen ist ihr Werth, so jung und lebenskräftig sie sonst noch sein
mag, nicht mehr bestimmt durch die thatsächlich in ihr selbst vergegen-
ständlichte, sondern durch die zu ihrer eignen Reproduktion oder zur Repro-
duktion der besseren Maschine nothwendige Arbeitszeit. Sie ist daher mehr
oder minder entwerthet. Je kürzer die Periode, worin ihr Gesammt-
werth reproducirt wird, desto geringer die Gefahr des moralischen Ver-
schleisses, und je länger der Arbeitstag, um so kürzer jene Periode.
Bei der ersten Einführung der Maschinerie in irgend einen Produktions-
zweig folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer wohlfeileren Re-
produktion147), und Verbesserungen, die nicht nur einzelne Theile oder
Apparate, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer ersten
Lebensperiode wirkt daher diess besondre Motiv zur Verlängerung
des Arbeitstags am akutesten148).

Unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebnem Arbeitstag
erheischt Exploitation verdoppelter Arbeiteranzahl ebensowohl Ver-
dopplung des in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegten Theils des
constanten Kapitals als des in Rohmaterial, Hilfsstoffen u. s. w. ausgelegten.
Mit verlängertem Arbeitstag dehnt sich die Stufenleiter der Pro-
duktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapi-

146) Der schon früher erwähnte „Manchester Spinner“ (Times, 26. Nov.
1862) zählt unter den Kosten der Maschinerie auf: „It (nämlich die „allowance
for deterioration of machinery“) is also intended to cover the loss which is con-
stantly arising from the superseding of machines before they are worn out by
others of a new and better construction.“
147) „Man schätzt im Grossen, dass eine einzige Maschine nach einem neuen
Model zu konstruiren fünfmal so viel kostet, als die Rekonstruktion derselben
Maschine nach demselben Model.“ (Babbage l. c. p. 349.)
148) „Seit einigen Jahren sind so bedeutende und zahlreiche Verbesserungen
in der Tüllfabrikation gemacht worden, dass eine gut erhaltene Maschine zum ur-
sprünglichen Kostenpreis von 1200 Pfd. St. einige Jahre später zu 60 Pfd. St.
verkauft wurde . . . . Die Verbesserungen folgten sich mit solcher Geschwindig-
keit, dass Maschinen unvollendet in der Hand ihrer Bauer blieben, weil sie durch
glücklichere Erfindungen bereits veraltet waren.“ In dieser Sturm- und Drang-
periode dehnten daher die Tüllfabrikanten bald die ursprüngliche Arbeitszeit von
8 Stunden mit doppelter Mannschaft auf 24 Stunden aus. (l. c. p. 377, 378
u. 279.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0413" n="394"/>
Masse, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion wohlfeiler reprodu-<lb/>
cirt werden können oder bessere Maschinen konkurrirend neben sie treten<note place="foot" n="146)">Der schon früher erwähnte &#x201E;Manchester Spinner&#x201C; (<hi rendition="#g">Times</hi>, 26. Nov.<lb/>
1862) zählt unter den Kosten der Maschinerie auf: &#x201E;It (nämlich die &#x201E;allowance<lb/>
for deterioration of machinery&#x201C;) is also intended to cover the loss which is con-<lb/>
stantly arising from the superseding of machines before they are worn out by<lb/>
others of a new and better construction.&#x201C;</note>.<lb/>
In beiden Fällen ist ihr Werth, so jung und lebenskräftig sie sonst noch sein<lb/>
mag, nicht mehr bestimmt durch die thatsächlich in ihr selbst vergegen-<lb/>
ständlichte, sondern durch die zu ihrer eignen Reproduktion oder zur Repro-<lb/>
duktion der besseren Maschine nothwendige Arbeitszeit. Sie ist daher mehr<lb/>
oder minder <hi rendition="#g">entwerthet</hi>. Je kürzer die Periode, worin ihr Gesammt-<lb/>
werth reproducirt wird, desto geringer die Gefahr des moralischen Ver-<lb/>
schleisses, und je länger der Arbeitstag, um so kürzer jene Periode.<lb/>
Bei der ersten Einführung der Maschinerie in irgend einen Produktions-<lb/>
zweig folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer wohlfeileren Re-<lb/>
produktion<note place="foot" n="147)">&#x201E;Man schätzt im Grossen, dass eine einzige Maschine nach einem neuen<lb/>
Model zu konstruiren <hi rendition="#g">fünfmal</hi> so viel kostet, als die Rekonstruktion derselben<lb/>
Maschine nach demselben Model.&#x201C; (<hi rendition="#g">Babbage</hi> l. c. p. 349.)</note>, und Verbesserungen, die nicht nur einzelne Theile oder<lb/>
Apparate, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer <hi rendition="#g">ersten</hi><lb/>
Lebensperiode wirkt daher <hi rendition="#g">diess besondre Motiv</hi> zur Verlängerung<lb/>
des Arbeitstags am akutesten<note place="foot" n="148)">&#x201E;Seit einigen Jahren sind so bedeutende und zahlreiche Verbesserungen<lb/>
in der Tüllfabrikation gemacht worden, dass eine gut erhaltene Maschine zum ur-<lb/>
sprünglichen Kostenpreis von 1200 Pfd. St. einige Jahre später zu 60 Pfd. St.<lb/>
verkauft wurde . . . . Die Verbesserungen folgten sich mit solcher Geschwindig-<lb/>
keit, dass Maschinen unvollendet in der Hand ihrer Bauer blieben, weil sie durch<lb/>
glücklichere Erfindungen bereits veraltet waren.&#x201C; In dieser Sturm- und Drang-<lb/>
periode dehnten daher die Tüllfabrikanten bald die ursprüngliche Arbeitszeit von<lb/>
8 Stunden mit doppelter Mannschaft auf 24 Stunden aus. (l. c. p. 377, 378<lb/>
u. 279.)</note>.</p><lb/>
            <p>Unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebnem Arbeitstag<lb/>
erheischt Exploitation <hi rendition="#g">verdoppelter Arbeiteranzahl</hi> ebensowohl Ver-<lb/>
dopplung des in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegten Theils des<lb/>
constanten Kapitals als des in Rohmaterial, Hilfsstoffen u. s. w. ausgelegten.<lb/>
Mit <hi rendition="#g">verlängertem Arbeitstag</hi> dehnt sich die Stufenleiter der Pro-<lb/>
duktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapi-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0413] Masse, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion wohlfeiler reprodu- cirt werden können oder bessere Maschinen konkurrirend neben sie treten 146). In beiden Fällen ist ihr Werth, so jung und lebenskräftig sie sonst noch sein mag, nicht mehr bestimmt durch die thatsächlich in ihr selbst vergegen- ständlichte, sondern durch die zu ihrer eignen Reproduktion oder zur Repro- duktion der besseren Maschine nothwendige Arbeitszeit. Sie ist daher mehr oder minder entwerthet. Je kürzer die Periode, worin ihr Gesammt- werth reproducirt wird, desto geringer die Gefahr des moralischen Ver- schleisses, und je länger der Arbeitstag, um so kürzer jene Periode. Bei der ersten Einführung der Maschinerie in irgend einen Produktions- zweig folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer wohlfeileren Re- produktion 147), und Verbesserungen, die nicht nur einzelne Theile oder Apparate, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer ersten Lebensperiode wirkt daher diess besondre Motiv zur Verlängerung des Arbeitstags am akutesten 148). Unter sonst gleichbleibenden Umständen und bei gegebnem Arbeitstag erheischt Exploitation verdoppelter Arbeiteranzahl ebensowohl Ver- dopplung des in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegten Theils des constanten Kapitals als des in Rohmaterial, Hilfsstoffen u. s. w. ausgelegten. Mit verlängertem Arbeitstag dehnt sich die Stufenleiter der Pro- duktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapi- 146) Der schon früher erwähnte „Manchester Spinner“ (Times, 26. Nov. 1862) zählt unter den Kosten der Maschinerie auf: „It (nämlich die „allowance for deterioration of machinery“) is also intended to cover the loss which is con- stantly arising from the superseding of machines before they are worn out by others of a new and better construction.“ 147) „Man schätzt im Grossen, dass eine einzige Maschine nach einem neuen Model zu konstruiren fünfmal so viel kostet, als die Rekonstruktion derselben Maschine nach demselben Model.“ (Babbage l. c. p. 349.) 148) „Seit einigen Jahren sind so bedeutende und zahlreiche Verbesserungen in der Tüllfabrikation gemacht worden, dass eine gut erhaltene Maschine zum ur- sprünglichen Kostenpreis von 1200 Pfd. St. einige Jahre später zu 60 Pfd. St. verkauft wurde . . . . Die Verbesserungen folgten sich mit solcher Geschwindig- keit, dass Maschinen unvollendet in der Hand ihrer Bauer blieben, weil sie durch glücklichere Erfindungen bereits veraltet waren.“ In dieser Sturm- und Drang- periode dehnten daher die Tüllfabrikanten bald die ursprüngliche Arbeitszeit von 8 Stunden mit doppelter Mannschaft auf 24 Stunden aus. (l. c. p. 377, 378 u. 279.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/413
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/413>, abgerufen am 25.11.2024.