und Redacteur en chef der Berichte des "Board of Health", "muss den tiefen Abscheu entschuldigen, womit ich jede umfassende indu- strielle Beschäftigung erwachsner Weiber betrachte"134). "Es wird", ruft Fabrikinspektor R. Baker in einem officiellen Bericht aus, "es wird in der That ein Glück für die Manufakturdistrikte Englands sein, wenn jeder verheiratheten Frau, die Familie hat, verboten wird in irgend einer Fabrik zu arbeiten"135).
Die aus der kapitalistischen Exploitation der Weiber- und Kinder- arbeit entspringende moralische Verkümmerung ist von F. En- gels in seiner "Lage der arbeitenden Klassen Englands" und von andern Schriftstellern so erschöpfend dargestellt worden, dass ich hier nur daran erinnere. Die intellektuelle Verödung aber, künstlich producirt durch die Verwandlung unreifer Menschen in blosse Maschinen zum Fabrikat von Mehrwerth, und sehr zu unterscheiden von jener natur- wüchsigen Unwissenheit, welche den Geist in Brache legt ohne Verderb seiner Entwicklungsfähigkeit, seiner natürlichen Frucht- barkeit selbst, zwang endlich sogar das englische Parlament in allen dem Fabrikgesetz unterworfenen Industrien den Elementarunterricht zur gesetzlichen Bedingung für den "produktiven" Verbrauch von Kin- dern unter 14 Jahren zu machen. Der Geist der kapitalistischen Pro- duktion leuchtet hell aus der liederlichen Redaktion der s. g. Erzie- hungsklauseln der Fabrikakte, aus dem Mangel administrativer Ma- schinerie, wodurch dieser Zwangsunterricht grossentheils wieder illusorisch wird, aus der Fabrikantenopposition selbst gegen diess Unterrichtsgesetz und ihren praktischen Kniffen und Schlichen zu seiner Umgehung. "Die Gesetzgebung allein ist zu tadeln, weil sie ein Truggesetz (delusive law) erlassen hat, das unter dem Schein für die Erziehung der Kinder zu sor- gen, keine einzige Bestimmung enthält, wodurch dieser vorgeschützte Zweck gesichert werden kann. Es bestimmt nichts, ausser dass die Kinder für eine bestimmte Stundenzahl (3 Stunden) per Tag innerhalb der vier Wände eines Platzes, Schule benamst, eingeschlossen werden sollen, und dass der Anwender des Kindes hierüber wöchentlich ein Certifikat von einer Person
134) l. c. p. 37.
135) "Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862", p. 59. Dieser Fabrikinspektor war früher Arzt.
und Redacteur en chef der Berichte des „Board of Health“, „muss den tiefen Abscheu entschuldigen, womit ich jede umfassende indu- strielle Beschäftigung erwachsner Weiber betrachte“134). „Es wird“, ruft Fabrikinspektor R. Baker in einem officiellen Bericht aus, „es wird in der That ein Glück für die Manufakturdistrikte Englands sein, wenn jeder verheiratheten Frau, die Familie hat, verboten wird in irgend einer Fabrik zu arbeiten“135).
Die aus der kapitalistischen Exploitation der Weiber- und Kinder- arbeit entspringende moralische Verkümmerung ist von F. En- gels in seiner „Lage der arbeitenden Klassen Englands“ und von andern Schriftstellern so erschöpfend dargestellt worden, dass ich hier nur daran erinnere. Die intellektuelle Verödung aber, künstlich producirt durch die Verwandlung unreifer Menschen in blosse Maschinen zum Fabrikat von Mehrwerth, und sehr zu unterscheiden von jener natur- wüchsigen Unwissenheit, welche den Geist in Brache legt ohne Verderb seiner Entwicklungsfähigkeit, seiner natürlichen Frucht- barkeit selbst, zwang endlich sogar das englische Parlament in allen dem Fabrikgesetz unterworfenen Industrien den Elementarunterricht zur gesetzlichen Bedingung für den „produktiven“ Verbrauch von Kin- dern unter 14 Jahren zu machen. Der Geist der kapitalistischen Pro- duktion leuchtet hell aus der liederlichen Redaktion der s. g. Erzie- hungsklauseln der Fabrikakte, aus dem Mangel administrativer Ma- schinerie, wodurch dieser Zwangsunterricht grossentheils wieder illusorisch wird, aus der Fabrikantenopposition selbst gegen diess Unterrichtsgesetz und ihren praktischen Kniffen und Schlichen zu seiner Umgehung. „Die Gesetzgebung allein ist zu tadeln, weil sie ein Truggesetz (delusive law) erlassen hat, das unter dem Schein für die Erziehung der Kinder zu sor- gen, keine einzige Bestimmung enthält, wodurch dieser vorgeschützte Zweck gesichert werden kann. Es bestimmt nichts, ausser dass die Kinder für eine bestimmte Stundenzahl (3 Stunden) per Tag innerhalb der vier Wände eines Platzes, Schule benamst, eingeschlossen werden sollen, und dass der Anwender des Kindes hierüber wöchentlich ein Certifikat von einer Person
134) l. c. p. 37.
135) „Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862“, p. 59. Dieser Fabrikinspektor war früher Arzt.
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ruft Fabrikinspektor R. Baker in einem officiellen Bericht aus, „es wird
in der That ein Glück für die Manufakturdistrikte Englands sein, wenn
jeder verheiratheten Frau, die Familie hat, verboten wird in irgend
einer Fabrik zu arbeiten“ 135).
Die aus der kapitalistischen Exploitation der Weiber- und Kinder-
arbeit entspringende moralische Verkümmerung ist von F. En-
gels in seiner „Lage der arbeitenden Klassen Englands“
und von andern Schriftstellern so erschöpfend dargestellt worden, dass ich
hier nur daran erinnere. Die intellektuelle Verödung aber, künstlich
producirt durch die Verwandlung unreifer Menschen in blosse Maschinen
zum Fabrikat von Mehrwerth, und sehr zu unterscheiden von jener natur-
wüchsigen Unwissenheit, welche den Geist in Brache legt ohne Verderb
seiner Entwicklungsfähigkeit, seiner natürlichen Frucht-
barkeit selbst, zwang endlich sogar das englische Parlament in allen
dem Fabrikgesetz unterworfenen Industrien den Elementarunterricht zur
gesetzlichen Bedingung für den „produktiven“ Verbrauch von Kin-
dern unter 14 Jahren zu machen. Der Geist der kapitalistischen Pro-
duktion leuchtet hell aus der liederlichen Redaktion der s. g. Erzie-
hungsklauseln der Fabrikakte, aus dem Mangel administrativer Ma-
schinerie, wodurch dieser Zwangsunterricht grossentheils wieder illusorisch
wird, aus der Fabrikantenopposition selbst gegen diess Unterrichtsgesetz
und ihren praktischen Kniffen und Schlichen zu seiner Umgehung. „Die
Gesetzgebung allein ist zu tadeln, weil sie ein Truggesetz (delusive law)
erlassen hat, das unter dem Schein für die Erziehung der Kinder zu sor-
gen, keine einzige Bestimmung enthält, wodurch dieser vorgeschützte
Zweck gesichert werden kann. Es bestimmt nichts, ausser dass die Kinder
für eine bestimmte Stundenzahl (3 Stunden) per Tag innerhalb der vier
Wände eines Platzes, Schule benamst, eingeschlossen werden sollen, und dass
der Anwender des Kindes hierüber wöchentlich ein Certifikat von einer Person
134) l. c. p. 37.
135) „Reports of Insp. of Fact. for 31st Oct. 1862“, p. 59. Dieser
Fabrikinspektor war früher Arzt.
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/407>, abgerufen am 22.11.2024.
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