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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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mehr geistige Aufmerksamkeit u. s. w., und dasselbe Individuum besitzt
diese Eigenschaften nicht in gleichem Grad. Nach der Trennung, Ver-
selbstständigung und Isolirung der verschiednen Operationen werden die
Arbeiter ihren vorwiegenden Eigenschaften gemäss getheilt, klassificirt und
gruppirt. Bilden ihre Naturbesonderheiten die Grundlage, worauf sich
die Theilung der Arbeit pfropft, so entwickelt die Manufaktur, einmal ein-
geführt, Arbeitskräfte, die von Natur nur zu einseitiger Sonderfunktion
taugen. Der Gesammtarbeiter besitzt jetzt alle produktiven Eigen-
schaften in gleich hohem Grad der Virtuosität und verausgabt sie zugleich
auf's ökonomischste, indem er alle seine Organe, individualisirt in besondern
Arbeitern oder Arbeitergruppen, ausschliesslich zu ihren spezifischen Funk-
tionen verwendet45). Die Einseitigkeit und selbst die Unvollkommenheit
des Theilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit als Glied des Gesammt-
arbeiters46). Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn
in ihr naturgemäss sicher wirkendes Organ, während der Zusammenhang
des Gesammtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmässigkeit eines Ma-
schinentheils zu wirken47). Da die verschiednen Funktionen des Ge-
sammtarbeiters einfacher oder zusammengesetzter, niedriger oder höher,
erheischen seine Organe, die individuellen Arbeitskräfte, sehr verschiedne
Grade der Ausbildung und besitzen daher sehr verschiedne Werthe. Die
Manufaktur entwickelt also eine Hierarchie der Arbeitskräfte,
der eine Stufenleiter der Arbeitslöhne entspricht. Wird einerseits der in-
dividuelle Arbeiter einer einseitigen Funktion angeeignet und lebens-

45) "Indem man das Machwerk in mehrere verschiedne Operationen theilt,
deren jede verschiedne Grade von Gewandtheit und Kraft erheischt, kann der
Manufakturherr sich genau das jeder Operation entsprechende Quantum von Kraft
und Gewandtheit verschaffen. Wäre dagegen das ganze Werk von einem Arbeiter
zu verrichten, so müsste dasselbe Individuum genug Gewandtheit für die delika-
testen und genug Kraft für die mühseligsten Operationen besitzen." (Ch. Bab-
bage
l. c. ch. XIX.)
46) Z. B. einseitige Muskelentwicklung, Knochenverkrümmung u. s. w.
47) Sehr richtig antwortet Herr Wm. Marschall, der general manager einer
Glasmanufaktur, auf die Frage des Untersuchungskommissärs, wie die Arbeitsam-
keit unter den beschäftigten Jungen aufrecht erhalten werde: "They cannot well
neglect their work; when they once begin, they must go on; they are just
the same as parts of a machine
." ("Child. Empl. Comm. Fourth
Report
" 1865, p. 247.)

mehr geistige Aufmerksamkeit u. s. w., und dasselbe Individuum besitzt
diese Eigenschaften nicht in gleichem Grad. Nach der Trennung, Ver-
selbstständigung und Isolirung der verschiednen Operationen werden die
Arbeiter ihren vorwiegenden Eigenschaften gemäss getheilt, klassificirt und
gruppirt. Bilden ihre Naturbesonderheiten die Grundlage, worauf sich
die Theilung der Arbeit pfropft, so entwickelt die Manufaktur, einmal ein-
geführt, Arbeitskräfte, die von Natur nur zu einseitiger Sonderfunktion
taugen. Der Gesammtarbeiter besitzt jetzt alle produktiven Eigen-
schaften in gleich hohem Grad der Virtuosität und verausgabt sie zugleich
auf’s ökonomischste, indem er alle seine Organe, individualisirt in besondern
Arbeitern oder Arbeitergruppen, ausschliesslich zu ihren spezifischen Funk-
tionen verwendet45). Die Einseitigkeit und selbst die Unvollkommenheit
des Theilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit als Glied des Gesammt-
arbeiters46). Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn
in ihr naturgemäss sicher wirkendes Organ, während der Zusammenhang
des Gesammtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmässigkeit eines Ma-
schinentheils zu wirken47). Da die verschiednen Funktionen des Ge-
sammtarbeiters einfacher oder zusammengesetzter, niedriger oder höher,
erheischen seine Organe, die individuellen Arbeitskräfte, sehr verschiedne
Grade der Ausbildung und besitzen daher sehr verschiedne Werthe. Die
Manufaktur entwickelt also eine Hierarchie der Arbeitskräfte,
der eine Stufenleiter der Arbeitslöhne entspricht. Wird einerseits der in-
dividuelle Arbeiter einer einseitigen Funktion angeeignet und lebens-

45) „Indem man das Machwerk in mehrere verschiedne Operationen theilt,
deren jede verschiedne Grade von Gewandtheit und Kraft erheischt, kann der
Manufakturherr sich genau das jeder Operation entsprechende Quantum von Kraft
und Gewandtheit verschaffen. Wäre dagegen das ganze Werk von einem Arbeiter
zu verrichten, so müsste dasselbe Individuum genug Gewandtheit für die delika-
testen und genug Kraft für die mühseligsten Operationen besitzen.“ (Ch. Bab-
bage
l. c. ch. XIX.)
46) Z. B. einseitige Muskelentwicklung, Knochenverkrümmung u. s. w.
47) Sehr richtig antwortet Herr Wm. Marschall, der general manager einer
Glasmanufaktur, auf die Frage des Untersuchungskommissärs, wie die Arbeitsam-
keit unter den beschäftigten Jungen aufrecht erhalten werde: „They cannot well
neglect their work; when they once begin, they must go on; they are just
the same as parts of a machine
.“ („Child. Empl. Comm. Fourth
Report
“ 1865, p. 247.)
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[333/0352] mehr geistige Aufmerksamkeit u. s. w., und dasselbe Individuum besitzt diese Eigenschaften nicht in gleichem Grad. Nach der Trennung, Ver- selbstständigung und Isolirung der verschiednen Operationen werden die Arbeiter ihren vorwiegenden Eigenschaften gemäss getheilt, klassificirt und gruppirt. Bilden ihre Naturbesonderheiten die Grundlage, worauf sich die Theilung der Arbeit pfropft, so entwickelt die Manufaktur, einmal ein- geführt, Arbeitskräfte, die von Natur nur zu einseitiger Sonderfunktion taugen. Der Gesammtarbeiter besitzt jetzt alle produktiven Eigen- schaften in gleich hohem Grad der Virtuosität und verausgabt sie zugleich auf’s ökonomischste, indem er alle seine Organe, individualisirt in besondern Arbeitern oder Arbeitergruppen, ausschliesslich zu ihren spezifischen Funk- tionen verwendet 45). Die Einseitigkeit und selbst die Unvollkommenheit des Theilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit als Glied des Gesammt- arbeiters 46). Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn in ihr naturgemäss sicher wirkendes Organ, während der Zusammenhang des Gesammtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmässigkeit eines Ma- schinentheils zu wirken 47). Da die verschiednen Funktionen des Ge- sammtarbeiters einfacher oder zusammengesetzter, niedriger oder höher, erheischen seine Organe, die individuellen Arbeitskräfte, sehr verschiedne Grade der Ausbildung und besitzen daher sehr verschiedne Werthe. Die Manufaktur entwickelt also eine Hierarchie der Arbeitskräfte, der eine Stufenleiter der Arbeitslöhne entspricht. Wird einerseits der in- dividuelle Arbeiter einer einseitigen Funktion angeeignet und lebens- 45) „Indem man das Machwerk in mehrere verschiedne Operationen theilt, deren jede verschiedne Grade von Gewandtheit und Kraft erheischt, kann der Manufakturherr sich genau das jeder Operation entsprechende Quantum von Kraft und Gewandtheit verschaffen. Wäre dagegen das ganze Werk von einem Arbeiter zu verrichten, so müsste dasselbe Individuum genug Gewandtheit für die delika- testen und genug Kraft für die mühseligsten Operationen besitzen.“ (Ch. Bab- bage l. c. ch. XIX.) 46) Z. B. einseitige Muskelentwicklung, Knochenverkrümmung u. s. w. 47) Sehr richtig antwortet Herr Wm. Marschall, der general manager einer Glasmanufaktur, auf die Frage des Untersuchungskommissärs, wie die Arbeitsam- keit unter den beschäftigten Jungen aufrecht erhalten werde: „They cannot well neglect their work; when they once begin, they must go on; they are just the same as parts of a machine.“ („Child. Empl. Comm. Fourth Report“ 1865, p. 247.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/352>, abgerufen am 22.11.2024.