Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

scheint sie annähernd so in den noch handwerksmässigen Anfängen der
Manufaktur25) und in jener Art grosser Agrikultur, welche der Manufaktur-
periode entspricht, und sich wesentlich nur durch die Masse der gleich-
zeitig angewandten Arbeiter und den Umfang der koncentrirten Produk-
tionsmittel von der Bauernwirthschaft unterscheidet. Die einfache Coope-
ration ist stets noch vorherrschende Form solcher Produktionszweige, worin
das Kapital auf grosser Stufenleiter operirt, ohne dass Theilung der
Arbeit oder Maschinerie eine bedeutende Rolle spielte.

Die Cooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen
Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als be-
sondere Form
neben ihren weiter entwickelten Formen erscheint.

3) Theilung der Arbeit und Manufaktur.

Die auf Theilung der Arbeit beruhende Cooperation schafft sich ihre
klassische Gestalt in der Manufaktur. Als charakteristische Form des
kapitalistischen Produktionsprozesses herrscht sie vor während der eigent-
lichen Manufakturperiode, die, rauh angeschlagen, von Mitte des
16. Jahrhunderts bis zum letzten Dritttheil des achtzehnten währt.

Die Manufaktur entspringt auf doppelte Weise.

Entweder werden Arbeiter von verschiedenartigen, selbstständi-
gen Handwerken, durch deren Hände ein Produkt bis zu seiner letzten Reife
laufen muss, in eine Werkstatt unter dem Kommando desselben Kapitalisten
vereinigt. Z. B. eine Kutsche war das Gesammtprodukt der Arbeiten einer
grossen Anzahl unabhängiger Handwerker, wie Stellmacher, Sattler, Schnei-
der, Schlosser, Gürtler, Drechsler, Posamentirer, Glaser, Maler, Lackirer,
Vergolder u. s. w. In der Kutschenmanufaktur wurden alle diese ver-
schiednen Handwerker in einem Arbeitshaus vereinigt, um einander gleich-
zeitig in die Hand zu arbeiten. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden,
bevor sie gemacht ist. Werden aber viele Kutschen gleichzeitig gemacht, so
kann ein Theil beständig vergoldet werden, während ein andrer Theil eine
frühere Phase des Produktionsprozesses durchläuft. Soweit stehn wir

25) "Whether the united skill, industry and emulation of many together on
the same work be not the way to advance it? And whether it had been otherwise
possible for England, to have carried on her Woollen Manufacture to so great a
perfection?" (Berkeley: "The Querist." Lond. 1750, p. 521.)

scheint sie annähernd so in den noch handwerksmässigen Anfängen der
Manufaktur25) und in jener Art grosser Agrikultur, welche der Manufaktur-
periode entspricht, und sich wesentlich nur durch die Masse der gleich-
zeitig angewandten Arbeiter und den Umfang der koncentrirten Produk-
tionsmittel von der Bauernwirthschaft unterscheidet. Die einfache Coope-
ration ist stets noch vorherrschende Form solcher Produktionszweige, worin
das Kapital auf grosser Stufenleiter operirt, ohne dass Theilung der
Arbeit oder Maschinerie eine bedeutende Rolle spielte.

Die Cooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen
Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als be-
sondere Form
neben ihren weiter entwickelten Formen erscheint.

3) Theilung der Arbeit und Manufaktur.

Die auf Theilung der Arbeit beruhende Cooperation schafft sich ihre
klassische Gestalt in der Manufaktur. Als charakteristische Form des
kapitalistischen Produktionsprozesses herrscht sie vor während der eigent-
lichen Manufakturperiode, die, rauh angeschlagen, von Mitte des
16. Jahrhunderts bis zum letzten Dritttheil des achtzehnten währt.

Die Manufaktur entspringt auf doppelte Weise.

Entweder werden Arbeiter von verschiedenartigen, selbstständi-
gen Handwerken, durch deren Hände ein Produkt bis zu seiner letzten Reife
laufen muss, in eine Werkstatt unter dem Kommando desselben Kapitalisten
vereinigt. Z. B. eine Kutsche war das Gesammtprodukt der Arbeiten einer
grossen Anzahl unabhängiger Handwerker, wie Stellmacher, Sattler, Schnei-
der, Schlosser, Gürtler, Drechsler, Posamentirer, Glaser, Maler, Lackirer,
Vergolder u. s. w. In der Kutschenmanufaktur wurden alle diese ver-
schiednen Handwerker in einem Arbeitshaus vereinigt, um einander gleich-
zeitig in die Hand zu arbeiten. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden,
bevor sie gemacht ist. Werden aber viele Kutschen gleichzeitig gemacht, so
kann ein Theil beständig vergoldet werden, während ein andrer Theil eine
frühere Phase des Produktionsprozesses durchläuft. Soweit stehn wir

25) „Whether the united skill, industry and emulation of many together on
the same work be not the way to advance it? And whether it had been otherwise
possible for England, to have carried on her Woollen Manufacture to so great a
perfection?“ (Berkeley: „The Querist.“ Lond. 1750, p. 521.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0337" n="318"/>
scheint sie annähernd so in den noch handwerksmässigen Anfängen der<lb/>
Manufaktur<note place="foot" n="25)">&#x201E;Whether the united skill, industry and emulation of many together on<lb/>
the same work be not the way to advance it? And whether it had been otherwise<lb/>
possible for England, to have carried on her Woollen Manufacture to so great a<lb/>
perfection?&#x201C; (<hi rendition="#g">Berkeley: &#x201E;The Querist.&#x201C; Lond</hi>. 1750, p. 521.)</note> und in jener Art grosser Agrikultur, welche der Manufaktur-<lb/>
periode entspricht, und sich wesentlich nur durch die Masse der gleich-<lb/>
zeitig angewandten Arbeiter und den Umfang der koncentrirten Produk-<lb/>
tionsmittel von der Bauernwirthschaft unterscheidet. Die einfache Coope-<lb/>
ration ist stets noch vorherrschende Form solcher Produktionszweige, worin<lb/>
das Kapital auf grosser Stufenleiter operirt, ohne dass Theilung der<lb/>
Arbeit oder Maschinerie eine bedeutende Rolle spielte.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Cooperation</hi> bleibt die <hi rendition="#g">Grundform</hi> der kapitalistischen<lb/>
Produktionsweise, obgleich <hi rendition="#g">ihre einfache Gestalt</hi> selbst <hi rendition="#g">als be-<lb/>
sondere Form</hi> neben ihren weiter entwickelten Formen erscheint.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>3) <hi rendition="#g">Theilung der Arbeit und Manufaktur</hi>.</head><lb/>
            <p>Die auf Theilung der Arbeit beruhende Cooperation schafft sich ihre<lb/>
klassische Gestalt in der <hi rendition="#g">Manufaktur</hi>. Als charakteristische Form des<lb/>
kapitalistischen Produktionsprozesses herrscht sie vor während der eigent-<lb/>
lichen <hi rendition="#g">Manufakturperiode</hi>, die, rauh angeschlagen, von Mitte des<lb/>
16. Jahrhunderts bis zum letzten Dritttheil des achtzehnten währt.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Manufaktur</hi> entspringt auf doppelte Weise.</p><lb/>
            <p>Entweder werden Arbeiter von <hi rendition="#g">verschiedenartigen</hi>, selbstständi-<lb/>
gen Handwerken, durch deren Hände ein Produkt bis zu seiner letzten Reife<lb/>
laufen muss, in <hi rendition="#g">eine</hi> Werkstatt unter dem Kommando desselben Kapitalisten<lb/><hi rendition="#g">vereinigt</hi>. Z. B. eine Kutsche war das Gesammtprodukt der Arbeiten einer<lb/>
grossen Anzahl unabhängiger Handwerker, wie Stellmacher, Sattler, Schnei-<lb/>
der, Schlosser, Gürtler, Drechsler, Posamentirer, Glaser, Maler, Lackirer,<lb/>
Vergolder u. s. w. In der <hi rendition="#g">Kutschenmanufaktur</hi> wurden alle diese ver-<lb/>
schiednen Handwerker in einem Arbeitshaus vereinigt, um einander gleich-<lb/>
zeitig in die Hand zu arbeiten. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden,<lb/>
bevor sie gemacht ist. Werden aber viele Kutschen gleichzeitig gemacht, so<lb/>
kann ein Theil beständig vergoldet werden, während ein andrer Theil eine<lb/>
frühere Phase des Produktionsprozesses durchläuft. Soweit stehn wir<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0337] scheint sie annähernd so in den noch handwerksmässigen Anfängen der Manufaktur 25) und in jener Art grosser Agrikultur, welche der Manufaktur- periode entspricht, und sich wesentlich nur durch die Masse der gleich- zeitig angewandten Arbeiter und den Umfang der koncentrirten Produk- tionsmittel von der Bauernwirthschaft unterscheidet. Die einfache Coope- ration ist stets noch vorherrschende Form solcher Produktionszweige, worin das Kapital auf grosser Stufenleiter operirt, ohne dass Theilung der Arbeit oder Maschinerie eine bedeutende Rolle spielte. Die Cooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als be- sondere Form neben ihren weiter entwickelten Formen erscheint. 3) Theilung der Arbeit und Manufaktur. Die auf Theilung der Arbeit beruhende Cooperation schafft sich ihre klassische Gestalt in der Manufaktur. Als charakteristische Form des kapitalistischen Produktionsprozesses herrscht sie vor während der eigent- lichen Manufakturperiode, die, rauh angeschlagen, von Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum letzten Dritttheil des achtzehnten währt. Die Manufaktur entspringt auf doppelte Weise. Entweder werden Arbeiter von verschiedenartigen, selbstständi- gen Handwerken, durch deren Hände ein Produkt bis zu seiner letzten Reife laufen muss, in eine Werkstatt unter dem Kommando desselben Kapitalisten vereinigt. Z. B. eine Kutsche war das Gesammtprodukt der Arbeiten einer grossen Anzahl unabhängiger Handwerker, wie Stellmacher, Sattler, Schnei- der, Schlosser, Gürtler, Drechsler, Posamentirer, Glaser, Maler, Lackirer, Vergolder u. s. w. In der Kutschenmanufaktur wurden alle diese ver- schiednen Handwerker in einem Arbeitshaus vereinigt, um einander gleich- zeitig in die Hand zu arbeiten. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden, bevor sie gemacht ist. Werden aber viele Kutschen gleichzeitig gemacht, so kann ein Theil beständig vergoldet werden, während ein andrer Theil eine frühere Phase des Produktionsprozesses durchläuft. Soweit stehn wir 25) „Whether the united skill, industry and emulation of many together on the same work be not the way to advance it? And whether it had been otherwise possible for England, to have carried on her Woollen Manufacture to so great a perfection?“ (Berkeley: „The Querist.“ Lond. 1750, p. 521.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/337
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/337>, abgerufen am 23.11.2024.