verkäufer mit dem Kapitalisten kontrahirt. Wenn in unsrer historischen Skizze also einerseits die moderne Industrie eine Hauptrolle spielt andrerseits die Arbeit physisch und rechtlich Unmündige so galt uns die eine nur als besondre Sphäre, die andre nur als besonders schlagendes Beispiel der Arbeitsaussaugung. Ohne jedoch der spätern Entwicklung vorzugreifen, folgt aus dem blossen Zusammenhang der ge- schichtlichen Thatsachen:
Erstens: In den durch Wasser, Dampf und Maschinerie zunächst revolutionirten Industrien, in diesen ersten Schöpfungen der modernen Pro- duktionsweise, den Baumwolle-, Wolle-, Flachs-, Seide-Spinnereien und Webereien wird der Trieb des Kapitals nach mass- und rücksichtsloser Verlängerung des Arbeitstags zuerst befriedigt. Die veränderte materielle Produktionsweise und die ihr entsprechend veränderten socialen Verhältnisse der Produzenten186) schaffen erst die masslose Ausschreitung und rufen dann im Gegensatz die gesellschaftliche Kontrole hervor, welche den Arbeitstag mit seinen Pausen gesetzlich beschränkt, regulirt und uni- formirt. Diese Kontrole erscheint daher während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bloss als Ausnahmsgesetzgebung187). Sobald sie das Urgebiet der neuen Produktionsweise erobert hatte, fand sich, dass unter dess nicht nur viele andre Produktionszweige in das eigentliche Fa- brikregime eingetreten, sondern dass Manufakturen mit mehr oder minder verjährter Betriebsweise, wie Töpfereien, Glasereien u. s. w., dass altmodische Handwerke, wie die Bäckerei, und endlich selbst die zerstreute s. g. Hausarbeit, wie Nägelmacherei u. s. w.188), seit lange der kapitalistischen Exploitation eben so sehr verfallen waren als
186) "The conduct of each of these classes (capitalists and workmen) has been the result of the relative situation in which they have been placed." ("Reports etc. for 31st Oct. 1848", p. 112.)
187) "The employments placed under restriction were connected with the manufacture of textile fabrics by the aid of steam or water power. There were two conditions to which an employment must be subject to cause it to be inspected, viz. the use of steam or water power, and the manufacture of certain specified fibres." ("Reports etc. for 31. October 1864", p. 8.)
188) Ueber den Zustand dieser sogenannten häuslichen Industrie äusserst reichhaltiges Material in den letzten Berichten der "Children's Employment Commission".
verkäufer mit dem Kapitalisten kontrahirt. Wenn in unsrer historischen Skizze also einerseits die moderne Industrie eine Hauptrolle spielt andrerseits die Arbeit physisch und rechtlich Unmündige so galt uns die eine nur als besondre Sphäre, die andre nur als besonders schlagendes Beispiel der Arbeitsaussaugung. Ohne jedoch der spätern Entwicklung vorzugreifen, folgt aus dem blossen Zusammenhang der ge- schichtlichen Thatsachen:
Erstens: In den durch Wasser, Dampf und Maschinerie zunächst revolutionirten Industrien, in diesen ersten Schöpfungen der modernen Pro- duktionsweise, den Baumwolle-, Wolle-, Flachs-, Seide-Spinnereien und Webereien wird der Trieb des Kapitals nach mass- und rücksichtsloser Verlängerung des Arbeitstags zuerst befriedigt. Die veränderte materielle Produktionsweise und die ihr entsprechend veränderten socialen Verhältnisse der Produzenten186) schaffen erst die masslose Ausschreitung und rufen dann im Gegensatz die gesellschaftliche Kontrole hervor, welche den Arbeitstag mit seinen Pausen gesetzlich beschränkt, regulirt und uni- formirt. Diese Kontrole erscheint daher während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bloss als Ausnahmsgesetzgebung187). Sobald sie das Urgebiet der neuen Produktionsweise erobert hatte, fand sich, dass unter dess nicht nur viele andre Produktionszweige in das eigentliche Fa- brikregime eingetreten, sondern dass Manufakturen mit mehr oder minder verjährter Betriebsweise, wie Töpfereien, Glasereien u. s. w., dass altmodische Handwerke, wie die Bäckerei, und endlich selbst die zerstreute s. g. Hausarbeit, wie Nägelmacherei u. s. w.188), seit lange der kapitalistischen Exploitation eben so sehr verfallen waren als
186) „The conduct of each of these classes (capitalists and workmen) has been the result of the relative situation in which they have been placed.“ („Reports etc. for 31st Oct. 1848“, p. 112.)
187) „The employments placed under restriction were connected with the manufacture of textile fabrics by the aid of steam or water power. There were two conditions to which an employment must be subject to cause it to be inspected, viz. the use of steam or water power, and the manufacture of certain specified fibres.“ („Reports etc. for 31. October 1864“, p. 8.)
188) Ueber den Zustand dieser sogenannten häuslichen Industrie äusserst reichhaltiges Material in den letzten Berichten der „Children’s Employment Commission“.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0295"n="276"/>
verkäufer mit dem Kapitalisten kontrahirt. Wenn in unsrer historischen<lb/>
Skizze also einerseits die <hirendition="#g">moderne Industrie</hi> eine Hauptrolle spielt<lb/>
andrerseits <hirendition="#g">die Arbeit physisch und rechtlich Unmündige</hi><lb/>
so galt uns die eine nur als besondre Sphäre, die andre nur als besonders<lb/>
schlagendes Beispiel der Arbeitsaussaugung. Ohne jedoch der spätern<lb/>
Entwicklung vorzugreifen, folgt aus dem blossen Zusammenhang der ge-<lb/>
schichtlichen Thatsachen:</p><lb/><p><hirendition="#g">Erstens</hi>: In den durch Wasser, Dampf und Maschinerie zunächst<lb/>
revolutionirten Industrien, in diesen ersten Schöpfungen der modernen Pro-<lb/>
duktionsweise, den Baumwolle-, Wolle-, Flachs-, Seide-Spinnereien und<lb/>
Webereien wird der Trieb des Kapitals nach mass- und rücksichtsloser<lb/><hirendition="#g">Verlängerung des Arbeitstags</hi> zuerst befriedigt. Die veränderte<lb/>
materielle Produktionsweise und die ihr entsprechend veränderten socialen<lb/>
Verhältnisse der Produzenten<noteplace="foot"n="186)">„The conduct of each of these classes (capitalists and workmen) has<lb/>
been the result of the relative situation in which they have been placed.“<lb/>
(„<hirendition="#g">Reports</hi> etc. <hirendition="#g">for</hi> 31<hirendition="#g">st Oct</hi>. 1848“, p. 112.)</note> schaffen erst die masslose Ausschreitung<lb/>
und rufen dann im Gegensatz die gesellschaftliche Kontrole hervor, welche<lb/>
den Arbeitstag mit seinen Pausen gesetzlich beschränkt, regulirt und uni-<lb/>
formirt. Diese Kontrole erscheint daher während der ersten Hälfte des<lb/>
19. Jahrhunderts bloss als <hirendition="#g">Ausnahmsgesetzgebung</hi><noteplace="foot"n="187)">„The employments placed under restriction were connected with the<lb/>
manufacture of textile fabrics by the aid of steam or water power. There were<lb/>
two conditions to which an employment must be subject to cause it to be inspected,<lb/>
viz. the use of steam or water power, and the manufacture of certain specified<lb/>
fibres.“ („<hirendition="#g">Reports</hi> etc. <hirendition="#g">for</hi> 31. <hirendition="#g">October</hi> 1864“, p. 8.)</note>. Sobald sie<lb/>
das Urgebiet der neuen Produktionsweise erobert hatte, fand sich, dass unter<lb/>
dess nicht nur viele andre Produktionszweige in das <hirendition="#g">eigentliche Fa-<lb/>
brikregime</hi> eingetreten, sondern dass <hirendition="#g">Manufakturen</hi> mit mehr<lb/>
oder minder verjährter Betriebsweise, wie Töpfereien, Glasereien u. s. w.,<lb/>
dass <hirendition="#g">altmodische Handwerke</hi>, wie die Bäckerei, und endlich selbst<lb/>
die zerstreute s. g. <hirendition="#g">Hausarbeit</hi>, wie Nägelmacherei u. s. w.<noteplace="foot"n="188)">Ueber den Zustand dieser sogenannten <hirendition="#g">häuslichen</hi> Industrie äusserst<lb/>
reichhaltiges Material in den letzten Berichten der „<hirendition="#g">Children’s Employment<lb/>
Commission</hi>“.</note>, seit<lb/>
lange der kapitalistischen Exploitation eben so sehr verfallen waren als<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[276/0295]
verkäufer mit dem Kapitalisten kontrahirt. Wenn in unsrer historischen
Skizze also einerseits die moderne Industrie eine Hauptrolle spielt
andrerseits die Arbeit physisch und rechtlich Unmündige
so galt uns die eine nur als besondre Sphäre, die andre nur als besonders
schlagendes Beispiel der Arbeitsaussaugung. Ohne jedoch der spätern
Entwicklung vorzugreifen, folgt aus dem blossen Zusammenhang der ge-
schichtlichen Thatsachen:
Erstens: In den durch Wasser, Dampf und Maschinerie zunächst
revolutionirten Industrien, in diesen ersten Schöpfungen der modernen Pro-
duktionsweise, den Baumwolle-, Wolle-, Flachs-, Seide-Spinnereien und
Webereien wird der Trieb des Kapitals nach mass- und rücksichtsloser
Verlängerung des Arbeitstags zuerst befriedigt. Die veränderte
materielle Produktionsweise und die ihr entsprechend veränderten socialen
Verhältnisse der Produzenten 186) schaffen erst die masslose Ausschreitung
und rufen dann im Gegensatz die gesellschaftliche Kontrole hervor, welche
den Arbeitstag mit seinen Pausen gesetzlich beschränkt, regulirt und uni-
formirt. Diese Kontrole erscheint daher während der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts bloss als Ausnahmsgesetzgebung 187). Sobald sie
das Urgebiet der neuen Produktionsweise erobert hatte, fand sich, dass unter
dess nicht nur viele andre Produktionszweige in das eigentliche Fa-
brikregime eingetreten, sondern dass Manufakturen mit mehr
oder minder verjährter Betriebsweise, wie Töpfereien, Glasereien u. s. w.,
dass altmodische Handwerke, wie die Bäckerei, und endlich selbst
die zerstreute s. g. Hausarbeit, wie Nägelmacherei u. s. w. 188), seit
lange der kapitalistischen Exploitation eben so sehr verfallen waren als
186) „The conduct of each of these classes (capitalists and workmen) has
been the result of the relative situation in which they have been placed.“
(„Reports etc. for 31st Oct. 1848“, p. 112.)
187) „The employments placed under restriction were connected with the
manufacture of textile fabrics by the aid of steam or water power. There were
two conditions to which an employment must be subject to cause it to be inspected,
viz. the use of steam or water power, and the manufacture of certain specified
fibres.“ („Reports etc. for 31. October 1864“, p. 8.)
188) Ueber den Zustand dieser sogenannten häuslichen Industrie äusserst
reichhaltiges Material in den letzten Berichten der „Children’s Employment
Commission“.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/295>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.