Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

ralis majestatis so sehr ergeben ist, schmunzelnd hinzu: "Maschinenarbeit
ist leicht." Und so sagen die Anwender des Block Printing: "Handar-
beit ist gesunder als Maschinenarbeit." Im Ganzen erklären sich die
Herrn Fabrikanten mit Entrüstung gegen den Vorschlag, "die Maschi-
nen wenigstens während der Mahlzeiten still zu setzen
".
"Ein Gesetz," sagt Herr Otley, der manager einer Tapetenfabrik in
Borough, das "Arbeitsstunden von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends er-
laubte, würde uns (!) sehr wohl zusagen, aber die Stunden des Factory
Act von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends passen uns (!) nicht ...
Unsere Maschine wird während des Mittagessens (welche Gross-
muth!) still gesetzt. Das Stillsetzen verursacht keinen nennenswerthen
Verlust an Papier und Farbe. "Aber," fügt er sympathetisch hinzu,
"ich kann verstehn, dass der damit verbundene Verlust
nicht geliebt wird
." Der Kommissionsbericht meint naiv, die Furcht
einiger "leitender Firmen" Zeit, d. h. Aneignungszeit fremder Arbeitszeit,
und dadurch "Profit zu verlieren," sei kein "hinreichender Grund," um
Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren während 12 -- 16
Stunden ihr Mittagsmahl "verlieren zu lassen", oder es ihnen zuzusetzen,
wie man der Dampfmaschine Kohle und Wasser, der Wolle Seife, dem Rad
Oel u. s. w. zusetzt, -- während des Produktionsprozesses
selbst
, als blossen Hilfsstoff des Arbeitsmittels73).

Kein Industriezweig in England -- (wir sehn von dem erst neuer-
dings sich bahnbrechenden Maschinenbrod ab) -- hat so alterthümliche,
ja, wie man aus den Dichtern der römischen Kaiserzeit ersehn kann, vor-
christliche Produktionsweise bis heute beibehalten, als die Bäckerei.
Aber das Kapital, wie früher bemerkt, ist zunächst gleichgültig gegen
den technologischen Charakter des Arbeitsprozesses, dessen es sich be-
mächtigt. Es nimmt ihn zunächst, wie es ihn vorfindet.

Die unglaubliche Brodverfälschung, namentlich in London, wurde
zuerst enthüllt durch das Comite des Unterhauses "über die Verfäl-
schung von Nahrungsmitteln
" (1855--56) und Dr. Hassall's
Schrift: "Adulterations detected74)". Die Folge dieser Enthül-
lungen war das Gesetz vom 6. August 1860: "for preventing the adulte-

73) l. c. Appendix p. 123, 124, 125, 140 u. LIV.
74) Alaun, fein gerieben, oder mit Salz gemischt, ist ein normaler Handels-
artikel, der den bezeichnenden Namen "baker's stuff" führt.

ralis majestatis so sehr ergeben ist, schmunzelnd hinzu: „Maschinenarbeit
ist leicht.“ Und so sagen die Anwender des Block Printing: „Handar-
beit ist gesunder als Maschinenarbeit.“ Im Ganzen erklären sich die
Herrn Fabrikanten mit Entrüstung gegen den Vorschlag, „die Maschi-
nen wenigstens während der Mahlzeiten still zu setzen
“.
„Ein Gesetz,“ sagt Herr Otley, der manager einer Tapetenfabrik in
Borough, das „Arbeitsstunden von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends er-
laubte, würde uns (!) sehr wohl zusagen, aber die Stunden des Factory
Act von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends passen uns (!) nicht …
Unsere Maschine wird während des Mittagessens (welche Gross-
muth!) still gesetzt. Das Stillsetzen verursacht keinen nennenswerthen
Verlust an Papier und Farbe. „Aber,“ fügt er sympathetisch hinzu,
ich kann verstehn, dass der damit verbundene Verlust
nicht geliebt wird
.“ Der Kommissionsbericht meint naiv, die Furcht
einiger „leitender Firmen“ Zeit, d. h. Aneignungszeit fremder Arbeitszeit,
und dadurch „Profit zu verlieren,“ sei kein „hinreichender Grund,“ um
Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren während 12 — 16
Stunden ihr Mittagsmahl „verlieren zu lassen“, oder es ihnen zuzusetzen,
wie man der Dampfmaschine Kohle und Wasser, der Wolle Seife, dem Rad
Oel u. s. w. zusetzt, — während des Produktionsprozesses
selbst
, als blossen Hilfsstoff des Arbeitsmittels73).

Kein Industriezweig in England — (wir sehn von dem erst neuer-
dings sich bahnbrechenden Maschinenbrod ab) — hat so alterthümliche,
ja, wie man aus den Dichtern der römischen Kaiserzeit ersehn kann, vor-
christliche Produktionsweise bis heute beibehalten, als die Bäckerei.
Aber das Kapital, wie früher bemerkt, ist zunächst gleichgültig gegen
den technologischen Charakter des Arbeitsprozesses, dessen es sich be-
mächtigt. Es nimmt ihn zunächst, wie es ihn vorfindet.

Die unglaubliche Brodverfälschung, namentlich in London, wurde
zuerst enthüllt durch das Comité des Unterhauses „über die Verfäl-
schung von Nahrungsmitteln
“ (1855—56) und Dr. Hassall’s
Schrift: „Adulterations detected74)“. Die Folge dieser Enthül-
lungen war das Gesetz vom 6. August 1860: „for preventing the adulte-

73) l. c. Appendix p. 123, 124, 125, 140 u. LIV.
74) Alaun, fein gerieben, oder mit Salz gemischt, ist ein normaler Handels-
artikel, der den bezeichnenden Namen „baker’s stuff“ führt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0236" n="217"/>
ralis majestatis so sehr ergeben ist, schmunzelnd hinzu: &#x201E;Maschinenarbeit<lb/>
ist leicht.&#x201C; Und so sagen die Anwender des Block Printing: &#x201E;Handar-<lb/>
beit ist gesunder als Maschinenarbeit.&#x201C; Im Ganzen erklären sich die<lb/>
Herrn Fabrikanten mit Entrüstung gegen den Vorschlag, &#x201E;<hi rendition="#g">die Maschi-<lb/>
nen wenigstens während der Mahlzeiten still zu setzen</hi>&#x201C;.<lb/>
&#x201E;Ein Gesetz,&#x201C; sagt Herr <hi rendition="#g">Otley</hi>, der manager einer Tapetenfabrik in<lb/>
Borough, das &#x201E;Arbeitsstunden von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends er-<lb/>
laubte, würde <hi rendition="#g">uns</hi> (!) sehr wohl zusagen, aber die Stunden des Factory<lb/>
Act von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends passen <hi rendition="#g">uns</hi> (!) nicht &#x2026;<lb/>
Unsere Maschine wird <hi rendition="#g">während des Mittagessens</hi> (welche Gross-<lb/>
muth!) still gesetzt. Das Stillsetzen verursacht keinen nennenswerthen<lb/>
Verlust an Papier und Farbe. &#x201E;Aber,&#x201C; fügt er sympathetisch hinzu,<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">ich kann verstehn, dass der damit verbundene Verlust<lb/>
nicht geliebt wird</hi>.&#x201C; Der Kommissionsbericht meint naiv, die Furcht<lb/>
einiger &#x201E;leitender Firmen&#x201C; Zeit, d. h. Aneignungszeit fremder Arbeitszeit,<lb/>
und dadurch &#x201E;Profit zu verlieren,&#x201C; sei kein &#x201E;hinreichender Grund,&#x201C; um<lb/>
Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren während 12 &#x2014; 16<lb/>
Stunden ihr Mittagsmahl &#x201E;verlieren zu lassen&#x201C;, oder es ihnen zuzusetzen,<lb/>
wie man der Dampfmaschine Kohle und Wasser, der Wolle Seife, dem Rad<lb/>
Oel u. s. w. zusetzt, &#x2014; <hi rendition="#g">während des Produktionsprozesses<lb/>
selbst</hi>, als blossen <hi rendition="#g">Hilfsstoff des Arbeitsmittels</hi><note place="foot" n="73)">l. c. Appendix p. 123, 124, 125, 140 u. LIV.</note>.</p><lb/>
              <p>Kein Industriezweig in England &#x2014; (wir sehn von dem erst neuer-<lb/>
dings sich bahnbrechenden Maschinenbrod ab) &#x2014; hat so alterthümliche,<lb/>
ja, wie man aus den Dichtern der römischen Kaiserzeit ersehn kann, vor-<lb/>
christliche Produktionsweise bis heute beibehalten, als die <hi rendition="#g">Bäckerei</hi>.<lb/>
Aber das <hi rendition="#g">Kapital</hi>, wie früher bemerkt, ist zunächst gleichgültig gegen<lb/>
den technologischen Charakter des Arbeitsprozesses, dessen es sich be-<lb/>
mächtigt. Es nimmt ihn zunächst, wie es ihn vorfindet.</p><lb/>
              <p>Die unglaubliche Brodverfälschung, namentlich in London, wurde<lb/>
zuerst enthüllt durch das Comité des Unterhauses &#x201E;<hi rendition="#g">über die Verfäl-<lb/>
schung von Nahrungsmitteln</hi>&#x201C; (1855&#x2014;56) und <hi rendition="#g">Dr. Hassall&#x2019;</hi>s<lb/>
Schrift: &#x201E;<hi rendition="#g">Adulterations detected</hi><note place="foot" n="74)">Alaun, fein gerieben, oder mit Salz gemischt, ist ein normaler Handels-<lb/>
artikel, der den bezeichnenden Namen &#x201E;baker&#x2019;s stuff&#x201C; führt.</note>&#x201C;. Die Folge dieser Enthül-<lb/>
lungen war das Gesetz vom 6. August 1860: &#x201E;for preventing the adulte-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0236] ralis majestatis so sehr ergeben ist, schmunzelnd hinzu: „Maschinenarbeit ist leicht.“ Und so sagen die Anwender des Block Printing: „Handar- beit ist gesunder als Maschinenarbeit.“ Im Ganzen erklären sich die Herrn Fabrikanten mit Entrüstung gegen den Vorschlag, „die Maschi- nen wenigstens während der Mahlzeiten still zu setzen“. „Ein Gesetz,“ sagt Herr Otley, der manager einer Tapetenfabrik in Borough, das „Arbeitsstunden von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends er- laubte, würde uns (!) sehr wohl zusagen, aber die Stunden des Factory Act von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends passen uns (!) nicht … Unsere Maschine wird während des Mittagessens (welche Gross- muth!) still gesetzt. Das Stillsetzen verursacht keinen nennenswerthen Verlust an Papier und Farbe. „Aber,“ fügt er sympathetisch hinzu, „ich kann verstehn, dass der damit verbundene Verlust nicht geliebt wird.“ Der Kommissionsbericht meint naiv, die Furcht einiger „leitender Firmen“ Zeit, d. h. Aneignungszeit fremder Arbeitszeit, und dadurch „Profit zu verlieren,“ sei kein „hinreichender Grund,“ um Kinder unter 13 und junge Personen unter 18 Jahren während 12 — 16 Stunden ihr Mittagsmahl „verlieren zu lassen“, oder es ihnen zuzusetzen, wie man der Dampfmaschine Kohle und Wasser, der Wolle Seife, dem Rad Oel u. s. w. zusetzt, — während des Produktionsprozesses selbst, als blossen Hilfsstoff des Arbeitsmittels 73). Kein Industriezweig in England — (wir sehn von dem erst neuer- dings sich bahnbrechenden Maschinenbrod ab) — hat so alterthümliche, ja, wie man aus den Dichtern der römischen Kaiserzeit ersehn kann, vor- christliche Produktionsweise bis heute beibehalten, als die Bäckerei. Aber das Kapital, wie früher bemerkt, ist zunächst gleichgültig gegen den technologischen Charakter des Arbeitsprozesses, dessen es sich be- mächtigt. Es nimmt ihn zunächst, wie es ihn vorfindet. Die unglaubliche Brodverfälschung, namentlich in London, wurde zuerst enthüllt durch das Comité des Unterhauses „über die Verfäl- schung von Nahrungsmitteln“ (1855—56) und Dr. Hassall’s Schrift: „Adulterations detected 74)“. Die Folge dieser Enthül- lungen war das Gesetz vom 6. August 1860: „for preventing the adulte- 73) l. c. Appendix p. 123, 124, 125, 140 u. LIV. 74) Alaun, fein gerieben, oder mit Salz gemischt, ist ein normaler Handels- artikel, der den bezeichnenden Namen „baker’s stuff“ führt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/236
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/236>, abgerufen am 24.11.2024.