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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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J. Leach sagt aus: "Letzten Winter (1862) blieben von 19 Mäd-
chen 6 weg in Folge durch Ueberarbeitung zugezogener Krankheiten.
Um sie wach zu halten, muss ich sie anschreien." W. Duffy: "Die
Kinder konnten oft vor Müdigkeit die Augen nicht aufhalten, in der That,
wir selbst können es oft kaum." J. Lightbourne: "Ich bin 13 Jahre
alt ... Wir arbeiteten letzten Winter bis 9 Uhr Abends und den Winter
vorher bis 10 Uhr. Ich pflegte letzten Winter fast jeden Abend vom
Schmerz wunder Füsse zu schreien." G. Apsden: "Diesen meinen
Jungen pflegte ich, als er 7 Jahre alt war, auf meinem Rücken hin und
her über den Schnee zu tragen, und er pflegte 16 Stunden zu arbeiten!
... Ich habe oft nieder gekniet, um ihn zu füttern, während er an der
Maschine stand, denn er durfte sie nicht verlassen, oder
stillsetzen
." Smith, der geschäftsführende Associe einer Manchester-
Fabrik: "Wir (er meint seine "Hände," die für "uns" arbeiten) arbeiten
ohne Unterbrechung für Mahlzeiten, so dass die Tagesarbeit von 101/2
Stunden um 41/2 Uhr Nachmittags fertig ist, und alles Spätere ist Ueber-
zeit
72). (Ob dieser Herr Smith wohl keine Mahlzeit während 101/2
Stunden zu sich nimmt?) Wir (derselbe Smith) hören selten auf vor 6
Uhr Abends (er meint mit der Konsumtion "unserer" Arbeitskraftsmaschi-
nen), so dass wir (iterum Crispinus) in der That das ganze Jahr durch
Ueberzeit arbeiten ... Die Kinder und Erwachsenen (152 Kinder und
junge Personen unter 18 Jahren und 140 Erwachsene) haben gleich-
mässig
während der letzten 18 Monate im Durchschnitt allermin-
destens 7 Tage und 5 Stunden in der Woche
gearbeitet, oder
781/2 Stunden wöchentlich. Für die 6 Wochen endend am 2. Mai dieses
Jahres (1863) war der Durchschnitt höher -- 8 Tage oder 84 Stun-
den in der Woche
!" Doch fügt derselbe Herr Smith, der dem plu-

72) Diess ist nicht in unsrem Sinn der Surplusarbeitszeit zu nehmen.
Diese Herrn betrachten die 101/2 stündige Arbeit als Normalarbeitstag, der
also auch die normale Mehrarbeit einschliesst. Dann beginnt "die Ueberzeit,"
die etwas besser bezahlt wird. Man wird bei einer spätern Gelegenheit sehn, dass
die Verwendung der Arbeitskraft während des sogenannten Normaltages unter
dem Werthe
bezahlt wird, so dass die "Ueberzeit" ein blosser Kapitalistenpfiff
ist, um mehr "Mehrarbeit" auszupressen, was es übrigens selbst dann bleibt, wenn
die während des "Normaltages" verwandte Arbeitskraft wirklich voll bezahlt
wird.

J. Leach sagt aus: „Letzten Winter (1862) blieben von 19 Mäd-
chen 6 weg in Folge durch Ueberarbeitung zugezogener Krankheiten.
Um sie wach zu halten, muss ich sie anschreien.“ W. Duffy: „Die
Kinder konnten oft vor Müdigkeit die Augen nicht aufhalten, in der That,
wir selbst können es oft kaum.“ J. Lightbourne: „Ich bin 13 Jahre
alt … Wir arbeiteten letzten Winter bis 9 Uhr Abends und den Winter
vorher bis 10 Uhr. Ich pflegte letzten Winter fast jeden Abend vom
Schmerz wunder Füsse zu schreien.“ G. Apsden: „Diesen meinen
Jungen pflegte ich, als er 7 Jahre alt war, auf meinem Rücken hin und
her über den Schnee zu tragen, und er pflegte 16 Stunden zu arbeiten!
… Ich habe oft nieder gekniet, um ihn zu füttern, während er an der
Maschine stand, denn er durfte sie nicht verlassen, oder
stillsetzen
.“ Smith, der geschäftsführende Associé einer Manchester-
Fabrik: „Wir (er meint seine „Hände,“ die für „uns“ arbeiten) arbeiten
ohne Unterbrechung für Mahlzeiten, so dass die Tagesarbeit von 10½
Stunden um 4½ Uhr Nachmittags fertig ist, und alles Spätere ist Ueber-
zeit
72). (Ob dieser Herr Smith wohl keine Mahlzeit während 10½
Stunden zu sich nimmt?) Wir (derselbe Smith) hören selten auf vor 6
Uhr Abends (er meint mit der Konsumtion „unserer“ Arbeitskraftsmaschi-
nen), so dass wir (iterum Crispinus) in der That das ganze Jahr durch
Ueberzeit arbeiten … Die Kinder und Erwachsenen (152 Kinder und
junge Personen unter 18 Jahren und 140 Erwachsene) haben gleich-
mässig
während der letzten 18 Monate im Durchschnitt allermin-
destens 7 Tage und 5 Stunden in der Woche
gearbeitet, oder
78½ Stunden wöchentlich. Für die 6 Wochen endend am 2. Mai dieses
Jahres (1863) war der Durchschnitt höher — 8 Tage oder 84 Stun-
den in der Woche
!“ Doch fügt derselbe Herr Smith, der dem plu-

72) Diess ist nicht in unsrem Sinn der Surplusarbeitszeit zu nehmen.
Diese Herrn betrachten die 10½ stündige Arbeit als Normalarbeitstag, der
also auch die normale Mehrarbeit einschliesst. Dann beginnt „die Ueberzeit,“
die etwas besser bezahlt wird. Man wird bei einer spätern Gelegenheit sehn, dass
die Verwendung der Arbeitskraft während des sogenannten Normaltages unter
dem Werthe
bezahlt wird, so dass die „Ueberzeit“ ein blosser Kapitalistenpfiff
ist, um mehr „Mehrarbeit“ auszupressen, was es übrigens selbst dann bleibt, wenn
die während des „Normaltages“ verwandte Arbeitskraft wirklich voll bezahlt
wird.
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[216/0235] J. Leach sagt aus: „Letzten Winter (1862) blieben von 19 Mäd- chen 6 weg in Folge durch Ueberarbeitung zugezogener Krankheiten. Um sie wach zu halten, muss ich sie anschreien.“ W. Duffy: „Die Kinder konnten oft vor Müdigkeit die Augen nicht aufhalten, in der That, wir selbst können es oft kaum.“ J. Lightbourne: „Ich bin 13 Jahre alt … Wir arbeiteten letzten Winter bis 9 Uhr Abends und den Winter vorher bis 10 Uhr. Ich pflegte letzten Winter fast jeden Abend vom Schmerz wunder Füsse zu schreien.“ G. Apsden: „Diesen meinen Jungen pflegte ich, als er 7 Jahre alt war, auf meinem Rücken hin und her über den Schnee zu tragen, und er pflegte 16 Stunden zu arbeiten! … Ich habe oft nieder gekniet, um ihn zu füttern, während er an der Maschine stand, denn er durfte sie nicht verlassen, oder stillsetzen.“ Smith, der geschäftsführende Associé einer Manchester- Fabrik: „Wir (er meint seine „Hände,“ die für „uns“ arbeiten) arbeiten ohne Unterbrechung für Mahlzeiten, so dass die Tagesarbeit von 10½ Stunden um 4½ Uhr Nachmittags fertig ist, und alles Spätere ist Ueber- zeit 72). (Ob dieser Herr Smith wohl keine Mahlzeit während 10½ Stunden zu sich nimmt?) Wir (derselbe Smith) hören selten auf vor 6 Uhr Abends (er meint mit der Konsumtion „unserer“ Arbeitskraftsmaschi- nen), so dass wir (iterum Crispinus) in der That das ganze Jahr durch Ueberzeit arbeiten … Die Kinder und Erwachsenen (152 Kinder und junge Personen unter 18 Jahren und 140 Erwachsene) haben gleich- mässig während der letzten 18 Monate im Durchschnitt allermin- destens 7 Tage und 5 Stunden in der Woche gearbeitet, oder 78½ Stunden wöchentlich. Für die 6 Wochen endend am 2. Mai dieses Jahres (1863) war der Durchschnitt höher — 8 Tage oder 84 Stun- den in der Woche!“ Doch fügt derselbe Herr Smith, der dem plu- 72) Diess ist nicht in unsrem Sinn der Surplusarbeitszeit zu nehmen. Diese Herrn betrachten die 10½ stündige Arbeit als Normalarbeitstag, der also auch die normale Mehrarbeit einschliesst. Dann beginnt „die Ueberzeit,“ die etwas besser bezahlt wird. Man wird bei einer spätern Gelegenheit sehn, dass die Verwendung der Arbeitskraft während des sogenannten Normaltages unter dem Werthe bezahlt wird, so dass die „Ueberzeit“ ein blosser Kapitalistenpfiff ist, um mehr „Mehrarbeit“ auszupressen, was es übrigens selbst dann bleibt, wenn die während des „Normaltages“ verwandte Arbeitskraft wirklich voll bezahlt wird.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/235>, abgerufen am 24.11.2024.