Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.daher wenigstens eben so mächtig als irgend eine der drei Fraktionen der Ehe wir der parlamentarischen Geschichte weiter folgen, sind einige Be¬ daher wenigſtens eben ſo mächtig als irgend eine der drei Fraktionen der Ehe wir der parlamentariſchen Geſchichte weiter folgen, ſind einige Be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="25"/> daher wenigſtens eben ſo mächtig als irgend eine der drei Fraktionen der<lb/> Ordnungspartei für ſich genommen. Ihre relative Minorität gegen die ge¬<lb/> ſammte royaliſtiſche Koalition ſchien durch beſondere Umſtände aufgewogen.<lb/> Nicht nur zeigten die Departementswahlen, daß ſie einen bedeutenden Anhang<lb/> unter der Landbevölkerung gewonnen hatte. Sie zählte beinahe alle Depu¬<lb/> tirten von Paris unter ſich, die Armee hatte durch die Wahl von drei Unter¬<lb/> offizieren ein demokratiſches Glaubensbekenntniß abgelegt und der Chef der<lb/> Montagne, Ledru-Rollin, war im Unterſchiede von allen Repräſentanten der<lb/> Ordnungspartei in den parlamentariſchen Adelſtand erhoben worden durch<lb/> fünf Departements, die ihre Stimmen auf ihn vereinigt. Die Montagne<lb/> ſchien alſo am 29. Mai 1849, bei den unvermeidlichen Kolliſionen der Roya¬<lb/> liſten unter ſich und der geſammten Ordnungspartei mit Bonaparte, alle<lb/> Elemente des Erfolgs vor ſich zu haben. Vierzehn Tage ſpäter hatte ſie<lb/> Alles verloren, die Ehre eingerechnet.</p><lb/> <p>Ehe wir der parlamentariſchen Geſchichte weiter folgen, ſind einige Be¬<lb/> merkungen nöthig, um gewöhnliche Täuſchungen über den ganzen Charakter<lb/> der Epoche, die uns vorliegt, zu vermeiden. In der demokratiſchen Manier<lb/> zu ſehn, handelt es ſich während der Periode der geſetzgebenden National¬<lb/> verſammlung, um was es ſich in der Periode der konſtituirenden handelte,<lb/> um den einfachen Kampf zwiſchen Republikanern und Royaliſten. Die Be¬<lb/> wegung ſelbſt aber faſſen ſie in Ein Stichwort zuſammen: „<hi rendition="#g">Reaktion</hi>“,<lb/> Nacht, worin alle Katzen grau ſind, und die ihnen erlaubt, ihre nachtwächter¬<lb/> lichen Gemeinplätze abzuleiern. Und allerdings, auf den erſten Blick zeigt<lb/> die Ordnungspartei einen Knäuel von verſchiedenen royaliſtiſchen Fraktionen,<lb/> die nicht nur gegen einander intriguiren, um jede ihren eignen Prätendenten<lb/> auf den Thron zu erheben und den Prätendenten der Gegenpartei auszu¬<lb/> ſchließen, ſondern auch ſich alle vereinigen in gemeinſchaftlichem Haß und ge¬<lb/> meinſchaftlichen Angriffen gegen die „Republik“. Die Montagne ihrerſeits<lb/> erſcheint im Gegenſatze zu dieſer royaliſtiſchen Konſpiration als Vertreterin<lb/> der „Republik“. Die Ordnungspartei erſcheint beſtändig beſchäftigt mit<lb/> einer „Reaktion“, die ſich nicht mehr nicht minder als in Preußen gegen<lb/> Preſſe, Aſſoziation u. dgl. richtet, und in brutalen Polizeieinmiſchungen der<lb/> Bureaukratie, der Gensdarmerie und der Parkette ſich vollſtreckt wie in<lb/> Preußen. Die „Montagne“ ihrerſeits wieder iſt ebenſo fortwährend be¬<lb/> ſchäftigt, dieſe Angriffe abzuwehren und ſo die „ewigen Menſchenrechte“ zu<lb/> vertheidigen, wie jede ſogenannte Volkspartei mehr oder minder ſeit anderthalb<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0037]
daher wenigſtens eben ſo mächtig als irgend eine der drei Fraktionen der
Ordnungspartei für ſich genommen. Ihre relative Minorität gegen die ge¬
ſammte royaliſtiſche Koalition ſchien durch beſondere Umſtände aufgewogen.
Nicht nur zeigten die Departementswahlen, daß ſie einen bedeutenden Anhang
unter der Landbevölkerung gewonnen hatte. Sie zählte beinahe alle Depu¬
tirten von Paris unter ſich, die Armee hatte durch die Wahl von drei Unter¬
offizieren ein demokratiſches Glaubensbekenntniß abgelegt und der Chef der
Montagne, Ledru-Rollin, war im Unterſchiede von allen Repräſentanten der
Ordnungspartei in den parlamentariſchen Adelſtand erhoben worden durch
fünf Departements, die ihre Stimmen auf ihn vereinigt. Die Montagne
ſchien alſo am 29. Mai 1849, bei den unvermeidlichen Kolliſionen der Roya¬
liſten unter ſich und der geſammten Ordnungspartei mit Bonaparte, alle
Elemente des Erfolgs vor ſich zu haben. Vierzehn Tage ſpäter hatte ſie
Alles verloren, die Ehre eingerechnet.
Ehe wir der parlamentariſchen Geſchichte weiter folgen, ſind einige Be¬
merkungen nöthig, um gewöhnliche Täuſchungen über den ganzen Charakter
der Epoche, die uns vorliegt, zu vermeiden. In der demokratiſchen Manier
zu ſehn, handelt es ſich während der Periode der geſetzgebenden National¬
verſammlung, um was es ſich in der Periode der konſtituirenden handelte,
um den einfachen Kampf zwiſchen Republikanern und Royaliſten. Die Be¬
wegung ſelbſt aber faſſen ſie in Ein Stichwort zuſammen: „Reaktion“,
Nacht, worin alle Katzen grau ſind, und die ihnen erlaubt, ihre nachtwächter¬
lichen Gemeinplätze abzuleiern. Und allerdings, auf den erſten Blick zeigt
die Ordnungspartei einen Knäuel von verſchiedenen royaliſtiſchen Fraktionen,
die nicht nur gegen einander intriguiren, um jede ihren eignen Prätendenten
auf den Thron zu erheben und den Prätendenten der Gegenpartei auszu¬
ſchließen, ſondern auch ſich alle vereinigen in gemeinſchaftlichem Haß und ge¬
meinſchaftlichen Angriffen gegen die „Republik“. Die Montagne ihrerſeits
erſcheint im Gegenſatze zu dieſer royaliſtiſchen Konſpiration als Vertreterin
der „Republik“. Die Ordnungspartei erſcheint beſtändig beſchäftigt mit
einer „Reaktion“, die ſich nicht mehr nicht minder als in Preußen gegen
Preſſe, Aſſoziation u. dgl. richtet, und in brutalen Polizeieinmiſchungen der
Bureaukratie, der Gensdarmerie und der Parkette ſich vollſtreckt wie in
Preußen. Die „Montagne“ ihrerſeits wieder iſt ebenſo fortwährend be¬
ſchäftigt, dieſe Angriffe abzuwehren und ſo die „ewigen Menſchenrechte“ zu
vertheidigen, wie jede ſogenannte Volkspartei mehr oder minder ſeit anderthalb
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