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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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hergegen die Ergetzlichkeit in einer Viertel-
stunde vorüber gehet.

LXVII.

Die Furcht und Traurigkeit werden
nicht übel das Blut einer verwundeten
Seele genennet. Man siehet das Blut
nicht lang an aus der Wunden fliessen/ es
ist besser/ daß man darauf bedacht sey/ wie
man helffe und das Blut stille. Wann
dir einiger Unfall drohet/ so verliehre keine
Zeit/ zu erforschen/ wie schwer der Streich
seyn werde/ aber gedencke vielmehr an die
Mittel/ demselben zu entgehen/ oder rüste
dich/ denselben wohl zu empfangen.

LXVIII.

Dein Elend und Unglück wird dir nim-
mermehr so groß vorkommen/ wann du es
mit dem Unglück anderer Leute vergleichest.
Die allerbetrübteste Leute trösten sich leicht-
lich/ wann sie betrachten/ was andere aus-
stehen/ und es ist eine Gattung der Süßig-
keit unter dem Elend/ wann man seines
gleichen hat/ und nicht allein leidet.

LXIX.

Die Schande und Furcht erhalten die
Güter dieses Lebens/ mit genugsahmer
Sorge und Treue. Die Schande hat

eine

hergegen die Ergetzlichkeit in einer Viertel-
ſtunde voruͤber gehet.

LXVII.

Die Furcht und Traurigkeit werden
nicht uͤbel das Blut einer verwundeten
Seele genennet. Man ſiehet das Blut
nicht lang an aus der Wunden flieſſen/ es
iſt beſſer/ daß man darauf bedacht ſey/ wie
man helffe und das Blut ſtille. Wann
dir einiger Unfall drohet/ ſo verliehre keine
Zeit/ zu erforſchen/ wie ſchwer der Streich
ſeyn werde/ aber gedencke vielmehr an die
Mittel/ demſelben zu entgehen/ oder ruͤſte
dich/ denſelben wohl zu empfangen.

LXVIII.

Dein Elend und Ungluͤck wird dir nim-
mermehr ſo groß vorkommen/ wann du es
mit dem Ungluͤck anderer Leute vergleicheſt.
Die allerbetruͤbteſte Leute troͤſten ſich leicht-
lich/ wann ſie betrachten/ was andere aus-
ſtehen/ und es iſt eine Gattung der Suͤßig-
keit unter dem Elend/ wann man ſeines
gleichen hat/ und nicht allein leidet.

LXIX.

Die Schande und Furcht erhalten die
Guͤter dieſes Lebens/ mit genugſahmer
Sorge und Treue. Die Schande hat

eine
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[88[78]/0089] hergegen die Ergetzlichkeit in einer Viertel- ſtunde voruͤber gehet. LXVII. Die Furcht und Traurigkeit werden nicht uͤbel das Blut einer verwundeten Seele genennet. Man ſiehet das Blut nicht lang an aus der Wunden flieſſen/ es iſt beſſer/ daß man darauf bedacht ſey/ wie man helffe und das Blut ſtille. Wann dir einiger Unfall drohet/ ſo verliehre keine Zeit/ zu erforſchen/ wie ſchwer der Streich ſeyn werde/ aber gedencke vielmehr an die Mittel/ demſelben zu entgehen/ oder ruͤſte dich/ denſelben wohl zu empfangen. LXVIII. Dein Elend und Ungluͤck wird dir nim- mermehr ſo groß vorkommen/ wann du es mit dem Ungluͤck anderer Leute vergleicheſt. Die allerbetruͤbteſte Leute troͤſten ſich leicht- lich/ wann ſie betrachten/ was andere aus- ſtehen/ und es iſt eine Gattung der Suͤßig- keit unter dem Elend/ wann man ſeines gleichen hat/ und nicht allein leidet. LXIX. Die Schande und Furcht erhalten die Guͤter dieſes Lebens/ mit genugſahmer Sorge und Treue. Die Schande hat eine

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 88[78]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/89>, abgerufen am 24.11.2024.