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Martin, Marie: Wahre Frauenbildung. Tübingen 1905.

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schließen leicht skrupellos Ehen, die sie nur noch tiefer in das
Verderben hineintreiben. Eine unbefriedigte Frau ist noch
elender als ein unbefriedigtes Mädchen. Ihr eignes Leben
ist hoffnungslos und zugleich eine Unglücksquelle für ihren
ganzen Lebenskreis.

Es ist der Vorzug des weiblichen Geschlechts, daß es viel
breiter und unauflöslicher an die Natur gebunden ist als der
Mann. Die Frau, deren Naturaufgaben, ergänzende
Gefährtin des Mannes und Mutter eines heranwachsenden
Geschlechts zu sein, ihr ganzes Leben ausfüllen und ihre Kräfte
voll in Anspruch nehmen, ihr Lebensberuf sein soll, ist
die natürliche Vertreterin dessen, was sich ziemt, und sie
verliert sich schwerer -- dann freilich auch hoffnungsloser und
ekelhafter! -- von der Natur ab, zu der sie jedes Kind, das
zur Welt kommt, zurücklockt. Dafür aber wird es der Frau
viel schwerer als dem Manne, die richtige Vorbereitung für
den Beruf und die richtige Weiterentwickelung der Bildung
zu finden und zu für sie gesunden Kulturverhältnissen
zu kommen. Den Mann dagegen hält seine Naturauf-
gabe
weniger in den gesunden Schranken, er wird viel leichter
der Natur untreu nach dem Schema: erlaubt ist, was gefällt.
Dagegen findet sich für ihn auch viel leichter ein glatter Weg
zur Bildung und allseitiger Kultur, weil sein Lebensberuf
nicht von seiner Naturaufgabe abhängt, sondern ihm klare,
äußere Entwickelungsziele steckt, die ihn auf den Weg geistiger
Bildung, immer höherer Kultur, weisen.

Unbefriedigt müssen beide Geschlechter sein, wenn ihnen
das Leben keinen ihren Anlagen entsprechenden Lebensinhalt,
keine ihrem Wesen entsprechenden Aufgaben bietet; oder
wenn diese Aufgaben wohl da sind, aber ihre Anlagen
nicht entsprechend entwickelt wurden, also verfaulen oder ver-
trocknen mußten, folglich den Aufgaben nicht gewachsen sind.
Sowie der Kontakt zwischen Anlagen und Aufgaben im
Menschenleben verloren ist, dann geht das Unglück an, das

schließen leicht skrupellos Ehen, die sie nur noch tiefer in das
Verderben hineintreiben. Eine unbefriedigte Frau ist noch
elender als ein unbefriedigtes Mädchen. Ihr eignes Leben
ist hoffnungslos und zugleich eine Unglücksquelle für ihren
ganzen Lebenskreis.

Es ist der Vorzug des weiblichen Geschlechts, daß es viel
breiter und unauflöslicher an die Natur gebunden ist als der
Mann. Die Frau, deren Naturaufgaben, ergänzende
Gefährtin des Mannes und Mutter eines heranwachsenden
Geschlechts zu sein, ihr ganzes Leben ausfüllen und ihre Kräfte
voll in Anspruch nehmen, ihr Lebensberuf sein soll, ist
die natürliche Vertreterin dessen, was sich ziemt, und sie
verliert sich schwerer — dann freilich auch hoffnungsloser und
ekelhafter! — von der Natur ab, zu der sie jedes Kind, das
zur Welt kommt, zurücklockt. Dafür aber wird es der Frau
viel schwerer als dem Manne, die richtige Vorbereitung für
den Beruf und die richtige Weiterentwickelung der Bildung
zu finden und zu für sie gesunden Kulturverhältnissen
zu kommen. Den Mann dagegen hält seine Naturauf-
gabe
weniger in den gesunden Schranken, er wird viel leichter
der Natur untreu nach dem Schema: erlaubt ist, was gefällt.
Dagegen findet sich für ihn auch viel leichter ein glatter Weg
zur Bildung und allseitiger Kultur, weil sein Lebensberuf
nicht von seiner Naturaufgabe abhängt, sondern ihm klare,
äußere Entwickelungsziele steckt, die ihn auf den Weg geistiger
Bildung, immer höherer Kultur, weisen.

Unbefriedigt müssen beide Geschlechter sein, wenn ihnen
das Leben keinen ihren Anlagen entsprechenden Lebensinhalt,
keine ihrem Wesen entsprechenden Aufgaben bietet; oder
wenn diese Aufgaben wohl da sind, aber ihre Anlagen
nicht entsprechend entwickelt wurden, also verfaulen oder ver-
trocknen mußten, folglich den Aufgaben nicht gewachsen sind.
Sowie der Kontakt zwischen Anlagen und Aufgaben im
Menschenleben verloren ist, dann geht das Unglück an, das

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[10/0013] schließen leicht skrupellos Ehen, die sie nur noch tiefer in das Verderben hineintreiben. Eine unbefriedigte Frau ist noch elender als ein unbefriedigtes Mädchen. Ihr eignes Leben ist hoffnungslos und zugleich eine Unglücksquelle für ihren ganzen Lebenskreis. Es ist der Vorzug des weiblichen Geschlechts, daß es viel breiter und unauflöslicher an die Natur gebunden ist als der Mann. Die Frau, deren Naturaufgaben, ergänzende Gefährtin des Mannes und Mutter eines heranwachsenden Geschlechts zu sein, ihr ganzes Leben ausfüllen und ihre Kräfte voll in Anspruch nehmen, ihr Lebensberuf sein soll, ist die natürliche Vertreterin dessen, was sich ziemt, und sie verliert sich schwerer — dann freilich auch hoffnungsloser und ekelhafter! — von der Natur ab, zu der sie jedes Kind, das zur Welt kommt, zurücklockt. Dafür aber wird es der Frau viel schwerer als dem Manne, die richtige Vorbereitung für den Beruf und die richtige Weiterentwickelung der Bildung zu finden und zu für sie gesunden Kulturverhältnissen zu kommen. Den Mann dagegen hält seine Naturauf- gabe weniger in den gesunden Schranken, er wird viel leichter der Natur untreu nach dem Schema: erlaubt ist, was gefällt. Dagegen findet sich für ihn auch viel leichter ein glatter Weg zur Bildung und allseitiger Kultur, weil sein Lebensberuf nicht von seiner Naturaufgabe abhängt, sondern ihm klare, äußere Entwickelungsziele steckt, die ihn auf den Weg geistiger Bildung, immer höherer Kultur, weisen. Unbefriedigt müssen beide Geschlechter sein, wenn ihnen das Leben keinen ihren Anlagen entsprechenden Lebensinhalt, keine ihrem Wesen entsprechenden Aufgaben bietet; oder wenn diese Aufgaben wohl da sind, aber ihre Anlagen nicht entsprechend entwickelt wurden, also verfaulen oder ver- trocknen mußten, folglich den Aufgaben nicht gewachsen sind. Sowie der Kontakt zwischen Anlagen und Aufgaben im Menschenleben verloren ist, dann geht das Unglück an, das

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Zitationshilfe: Martin, Marie: Wahre Frauenbildung. Tübingen 1905, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martin_frauenbildung_1905/13>, abgerufen am 24.11.2024.