Achtes Hauptstück. Von der Wiederherstellung des Friedens.
§. 322. Erste Schritte zum Frieden.
Nach der Theorie sollte der Feind wenigstens dann dem Kriege ein Ende machen, wenn ihm seine Genugthuung mit Inbegriff der Kriegskosten und, wo er diese zu fordern berechtiget ist, auch Sicherheit für die Zukunft von dem Feinde angeboten wird. Wie aber in der Praxis oft schwer zu bestimmen ist, ob das was ihm angeboten wird allen diesen Gegenständen Genüge leiste, so entscheidet gemeiniglich Kriegsglück und Politik die Frage, wie lange der Krieg fortgesetzt werde, ob die gesuchte Genugthuung noch weiter verfolget, oder, ehe sie erlangt worden, Friede geschlossen werden solle.
Daß der Feind den Anträgen seines Feindes einen Frie- den mit ihm zu verhandeln jederzeit Gehör geben müsse, läßt sich nicht ohne Ausnahmen behaupten. Uebrigens thut bald der Feind selbst, bald eine neutrale Macht die ersten Schritte zu künftiger Wiedervereinigung. Und so werden auch die Friedensunterhandlungen bald unmittelbar zwischen den krieg- führenden Mächten, bald mit Zuziehung eines dritten Staats betrieben, der entweder bloß seine guten Dienste (bona officia) verwendet, oder mit Einwilligung beider Theile zum Vermittler (mediateur) oder wohl gar zum Schieds- richter (arbitre) angenommen wird. (§. 172.)
So können auch die Verhandlungen entweder an dem Hofe eines der Kriegführenden Theile, oder eines neutralen Staats, oder auch an einem dritten Ort gehalten werden. Die Versammlung der zu diesem Ende abgesandten Bevoll- mächtigten wird Congreßa) genannt.
a)Dictionaire de Trevoux verbo Congres.
§. 323.
Achtes Buch. Achtes Hauptſtuͤck.
Achtes Hauptſtuͤck. Von der Wiederherſtellung des Friedens.
§. 322. Erſte Schritte zum Frieden.
Nach der Theorie ſollte der Feind wenigſtens dann dem Kriege ein Ende machen, wenn ihm ſeine Genugthuung mit Inbegriff der Kriegskoſten und, wo er dieſe zu fordern berechtiget iſt, auch Sicherheit fuͤr die Zukunft von dem Feinde angeboten wird. Wie aber in der Praxis oft ſchwer zu beſtimmen iſt, ob das was ihm angeboten wird allen dieſen Gegenſtaͤnden Genuͤge leiſte, ſo entſcheidet gemeiniglich Kriegsgluͤck und Politik die Frage, wie lange der Krieg fortgeſetzt werde, ob die geſuchte Genugthuung noch weiter verfolget, oder, ehe ſie erlangt worden, Friede geſchloſſen werden ſolle.
Daß der Feind den Antraͤgen ſeines Feindes einen Frie- den mit ihm zu verhandeln jederzeit Gehoͤr geben muͤſſe, laͤßt ſich nicht ohne Ausnahmen behaupten. Uebrigens thut bald der Feind ſelbſt, bald eine neutrale Macht die erſten Schritte zu kuͤnftiger Wiedervereinigung. Und ſo werden auch die Friedensunterhandlungen bald unmittelbar zwiſchen den krieg- fuͤhrenden Maͤchten, bald mit Zuziehung eines dritten Staats betrieben, der entweder bloß ſeine guten Dienſte (bona officia) verwendet, oder mit Einwilligung beider Theile zum Vermittler (mediateur) oder wohl gar zum Schieds- richter (arbitre) angenommen wird. (§. 172.)
So koͤnnen auch die Verhandlungen entweder an dem Hofe eines der Kriegfuͤhrenden Theile, oder eines neutralen Staats, oder auch an einem dritten Ort gehalten werden. Die Verſammlung der zu dieſem Ende abgeſandten Bevoll- maͤchtigten wird Congreßa) genannt.
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§. 323.
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Achtes Buch. Achtes Hauptſtuͤck.
Achtes Hauptſtuͤck.
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§. 322.
Erſte Schritte zum Frieden.
Nach der Theorie ſollte der Feind wenigſtens dann
dem Kriege ein Ende machen, wenn ihm ſeine Genugthuung
mit Inbegriff der Kriegskoſten und, wo er dieſe zu fordern
berechtiget iſt, auch Sicherheit fuͤr die Zukunft von dem
Feinde angeboten wird. Wie aber in der Praxis oft ſchwer
zu beſtimmen iſt, ob das was ihm angeboten wird allen
dieſen Gegenſtaͤnden Genuͤge leiſte, ſo entſcheidet gemeiniglich
Kriegsgluͤck und Politik die Frage, wie lange der Krieg
fortgeſetzt werde, ob die geſuchte Genugthuung noch weiter
verfolget, oder, ehe ſie erlangt worden, Friede geſchloſſen
werden ſolle.
Daß der Feind den Antraͤgen ſeines Feindes einen Frie-
den mit ihm zu verhandeln jederzeit Gehoͤr geben muͤſſe, laͤßt
ſich nicht ohne Ausnahmen behaupten. Uebrigens thut bald
der Feind ſelbſt, bald eine neutrale Macht die erſten Schritte
zu kuͤnftiger Wiedervereinigung. Und ſo werden auch die
Friedensunterhandlungen bald unmittelbar zwiſchen den krieg-
fuͤhrenden Maͤchten, bald mit Zuziehung eines dritten Staats
betrieben, der entweder bloß ſeine guten Dienſte (bona
officia) verwendet, oder mit Einwilligung beider Theile
zum Vermittler (mediateur) oder wohl gar zum Schieds-
richter (arbitre) angenommen wird. (§. 172.)
So koͤnnen auch die Verhandlungen entweder an dem
Hofe eines der Kriegfuͤhrenden Theile, oder eines neutralen
Staats, oder auch an einem dritten Ort gehalten werden.
Die Verſammlung der zu dieſem Ende abgeſandten Bevoll-
maͤchtigten wird Congreß a) genannt.
a⁾ Dictionaire de Trevoux verbo Congrès.
§. 323.
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/392>, abgerufen am 16.02.2025.
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