den Anschein der Unpartheylichkeit, und der Handel nur das Ansehen einer bloßen Privat-Angelegenheit hätte, in der Wahrheit aber der Staat durch Gestattung oder eigene Betrei- bung dieser Zufuhr eine Partheylichkeit zum Vortheil einer der kriegführenden Mächte an den Tag legte.
In diesen Fällen der verletzten Neutralität würde die kriegführende Macht nicht nur zu Consiscation solcher Schiffe und Güter neutraler Mächte und ihrer Unterthanen, sondern auch zu Verletzung anderer Pflichten und selbst stuffenweise zum Krieg wieder diese offenbaren oder verdeckten Anhänger ihres Feindes äußerlich berechtiget seyn.
Sofern aber eine neutrale Macht durch Verkauf oder Zufuhr solcher Waaren die Neutralität nicht verletzet hat, sofern hat der kriegführende Theil kein Recht die mit selbi- gen beladenen, für offene Häfen des Feindes bestimmten Schiffe sammt ihrer Ladung zu confisciren; nur sofern in ei- nem jeden Kriege wesentlich nothwendig ist, daß der Feind nicht durch solche Güter die unstreitig zum Gebrauch des Kriegs bestimmt sind verstärkt werde, und sofern es außerordentliche Fälle giebt in welchen den besondren Umständen nach dem Feinde eben so nothwendig ist auch die Zufuhr solcher Waa- ren die beydes für Krieger und friedliche Unterthanen noth- wendig sind, zu hemmen, sofern hat er das Recht die damit beladenen Schiffe anzuhalten, und mit Loßlassung und billiger Entschädigung der Schiffe die Waaren entweder dem neutra- len Eigenthümer zu bezahlen, oder bis zu Endigung der Ge- fahr oder des Kriegs zurückzuhalten.
§. 311. Feindliche Güter auf neutralen, und neutrale auf feindli- chen Schiffen.
Ist aber von Gütern die Rede, die ihrer Natur oder den Umständen nach nicht als Contrebande auzusehn sind, so ist zwar außer Zweifel, daß der Feind feindliche Schiffe und Güter confisciren könne; da er aber kein Recht hat an einem
neutra-
Von der Neutralitaͤt.
den Anſchein der Unpartheylichkeit, und der Handel nur das Anſehen einer bloßen Privat-Angelegenheit haͤtte, in der Wahrheit aber der Staat durch Geſtattung oder eigene Betrei- bung dieſer Zufuhr eine Partheylichkeit zum Vortheil einer der kriegfuͤhrenden Maͤchte an den Tag legte.
In dieſen Faͤllen der verletzten Neutralitaͤt wuͤrde die kriegfuͤhrende Macht nicht nur zu Conſiſcation ſolcher Schiffe und Guͤter neutraler Maͤchte und ihrer Unterthanen, ſondern auch zu Verletzung anderer Pflichten und ſelbſt ſtuffenweiſe zum Krieg wieder dieſe offenbaren oder verdeckten Anhaͤnger ihres Feindes aͤußerlich berechtiget ſeyn.
Sofern aber eine neutrale Macht durch Verkauf oder Zufuhr ſolcher Waaren die Neutralitaͤt nicht verletzet hat, ſofern hat der kriegfuͤhrende Theil kein Recht die mit ſelbi- gen beladenen, fuͤr offene Haͤfen des Feindes beſtimmten Schiffe ſammt ihrer Ladung zu confiſciren; nur ſofern in ei- nem jeden Kriege weſentlich nothwendig iſt, daß der Feind nicht durch ſolche Guͤter die unſtreitig zum Gebrauch des Kriegs beſtimmt ſind verſtaͤrkt werde, und ſofern es außerordentliche Faͤlle giebt in welchen den beſondren Umſtaͤnden nach dem Feinde eben ſo nothwendig iſt auch die Zufuhr ſolcher Waa- ren die beydes fuͤr Krieger und friedliche Unterthanen noth- wendig ſind, zu hemmen, ſofern hat er das Recht die damit beladenen Schiffe anzuhalten, und mit Loßlaſſung und billiger Entſchaͤdigung der Schiffe die Waaren entweder dem neutra- len Eigenthuͤmer zu bezahlen, oder bis zu Endigung der Ge- fahr oder des Kriegs zuruͤckzuhalten.
§. 311. Feindliche Guͤter auf neutralen, und neutrale auf feindli- chen Schiffen.
Iſt aber von Guͤtern die Rede, die ihrer Natur oder den Umſtaͤnden nach nicht als Contrebande auzuſehn ſind, ſo iſt zwar außer Zweifel, daß der Feind feindliche Schiffe und Guͤter confiſciren koͤnne; da er aber kein Recht hat an einem
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Von der Neutralitaͤt.
den Anſchein der Unpartheylichkeit, und der Handel nur das
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Wahrheit aber der Staat durch Geſtattung oder eigene Betrei-
bung dieſer Zufuhr eine Partheylichkeit zum Vortheil einer
der kriegfuͤhrenden Maͤchte an den Tag legte.
In dieſen Faͤllen der verletzten Neutralitaͤt wuͤrde die
kriegfuͤhrende Macht nicht nur zu Conſiſcation ſolcher Schiffe
und Guͤter neutraler Maͤchte und ihrer Unterthanen, ſondern
auch zu Verletzung anderer Pflichten und ſelbſt ſtuffenweiſe
zum Krieg wieder dieſe offenbaren oder verdeckten Anhaͤnger
ihres Feindes aͤußerlich berechtiget ſeyn.
Sofern aber eine neutrale Macht durch Verkauf oder
Zufuhr ſolcher Waaren die Neutralitaͤt nicht verletzet hat,
ſofern hat der kriegfuͤhrende Theil kein Recht die mit ſelbi-
gen beladenen, fuͤr offene Haͤfen des Feindes beſtimmten
Schiffe ſammt ihrer Ladung zu confiſciren; nur ſofern in ei-
nem jeden Kriege weſentlich nothwendig iſt, daß der Feind
nicht durch ſolche Guͤter die unſtreitig zum Gebrauch des Kriegs
beſtimmt ſind verſtaͤrkt werde, und ſofern es außerordentliche
Faͤlle giebt in welchen den beſondren Umſtaͤnden nach dem
Feinde eben ſo nothwendig iſt auch die Zufuhr ſolcher Waa-
ren die beydes fuͤr Krieger und friedliche Unterthanen noth-
wendig ſind, zu hemmen, ſofern hat er das Recht die damit
beladenen Schiffe anzuhalten, und mit Loßlaſſung und billiger
Entſchaͤdigung der Schiffe die Waaren entweder dem neutra-
len Eigenthuͤmer zu bezahlen, oder bis zu Endigung der Ge-
fahr oder des Kriegs zuruͤckzuhalten.
§. 311.
Feindliche Guͤter auf neutralen, und neutrale auf feindli-
chen Schiffen.
Iſt aber von Guͤtern die Rede, die ihrer Natur oder
den Umſtaͤnden nach nicht als Contrebande auzuſehn ſind, ſo
iſt zwar außer Zweifel, daß der Feind feindliche Schiffe und
Guͤter confiſciren koͤnne; da er aber kein Recht hat an einem
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/379>, abgerufen am 05.02.2025.
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