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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Einleitung.
tragsrechten behaupten läßt, so dienen doch 4) Verträge,
welche eine Macht mit einer andern eingegangen hat, oft
ihr und andern zum Muster bey Schließung eines Ver-
trags ähnlicher Art mit andern Staaten c); oft wird
selbst das, was mit einigen Völkern durch Verträge fest-
gesetzt worden, gegen andere durch Herkommen eingeführet
und als Gewohnheitsrecht beobachtet, so daß es Puncte
giebt, welche bey einigen als Vertrags-, bey andern als
Gewohnheitsvölkerrecht gelten.

a) Es giebt zwar wohl Beyspiele, daß zwey Völker einen von dritten
Mächten geschlossenen Vertrag auch gegen einander gelten zu las-
sen versprochen haben, wie z. B. Spanien und Portugel in dem
2ten Artikel ihres Tractats von 778 den zwischen Großbritannien
und Spanien 1667 geschlossenen Tractat auch gegen einander zu
beobachten versprochen, aber wer sieht nicht, daß hier ein neuer
Vertrag sey. -- Wenn der König von Preußen als er 78 der
bewaffneten Neutralität beytrat, sich erklärte, daß er den 11ten
Artikel des Handelstractats zwischen Großbritannien und Ruß-
land wegen Bestimmung der Kriegscontrebande auch in seinem
Verhältniß gegen Großbritannien, Spanien und Frankreich gel-
ten lassen wolle, s. m. Recueil des traites T. II. p. 131. so konnte
dieß, wohl nur entweder mit Bewilligung dieser Mächte, oder in
der Voraussetzung geschehen, daß dieser Artikel genau mit dem
allgemeinen Völkerrecht übereinstimme, oder daß hier nur von
einer Verbindlichkeit auf preußischer Seite die Rede war.
b) Selbst von dem System der bewaffneten Neutralität, läßt sich
dieß, auch nur in Hinsicht der Seemächte, auch wenn man Groß-
britannien abrechnet, nicht behaupten, ob wohl sonst die über die-
ses System errichteten Verträge einem solchen, durch Zusammen-
setzung hervorgebrachten, allgemeinen Vertrage am nächsten kom-
men. S. m. Essai concernant les armateurs les prises et les reprises
Cap. III.
§. 59.
c) Man braucht nur wenige Handels- und Kriegsbündnisse nach der
Zeitfolge zu durchblättern, um sich zu überzeugen, wie oft ältere
Verträge in einzelnen Artikeln den neueren zum Musier gedient
haben, so, daß daraus selbst für die Zukunft eine herkommliche
Art zu contrahiren erwachsen ist. Auch scheint nichts natürli-
cher, als bey Schließung eines Vertrags, andere Verträge ähnli-
cher Art zum Grunde zu legen. So geschieht es selbst oft im bür-
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Einleitung.
tragsrechten behaupten laͤßt, ſo dienen doch 4) Vertraͤge,
welche eine Macht mit einer andern eingegangen hat, oft
ihr und andern zum Muſter bey Schließung eines Ver-
trags aͤhnlicher Art mit andern Staaten c); oft wird
ſelbſt das, was mit einigen Voͤlkern durch Vertraͤge feſt-
geſetzt worden, gegen andere durch Herkommen eingefuͤhret
und als Gewohnheitsrecht beobachtet, ſo daß es Puncte
giebt, welche bey einigen als Vertrags-, bey andern als
Gewohnheitsvoͤlkerrecht gelten.

a) Es giebt zwar wohl Beyſpiele, daß zwey Voͤlker einen von dritten
Maͤchten geſchloſſenen Vertrag auch gegen einander gelten zu laſ-
ſen verſprochen haben, wie z. B. Spanien und Portugel in dem
2ten Artikel ihres Tractats von 778 den zwiſchen Großbritannien
und Spanien 1667 geſchloſſenen Tractat auch gegen einander zu
beobachten verſprochen, aber wer ſieht nicht, daß hier ein neuer
Vertrag ſey. — Wenn der Koͤnig von Preußen als er 78 der
bewaffneten Neutralitaͤt beytrat, ſich erklaͤrte, daß er den 11ten
Artikel des Handelstractats zwiſchen Großbritannien und Ruß-
land wegen Beſtimmung der Kriegscontrebande auch in ſeinem
Verhaͤltniß gegen Großbritannien, Spanien und Frankreich gel-
ten laſſen wolle, ſ. m. Recueil des traités T. II. p. 131. ſo konnte
dieß, wohl nur entweder mit Bewilligung dieſer Maͤchte, oder in
der Vorausſetzung geſchehen, daß dieſer Artikel genau mit dem
allgemeinen Voͤlkerrecht uͤbereinſtimme, oder daß hier nur von
einer Verbindlichkeit auf preußiſcher Seite die Rede war.
b) Selbſt von dem Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt, laͤßt ſich
dieß, auch nur in Hinſicht der Seemaͤchte, auch wenn man Groß-
britannien abrechnet, nicht behaupten, ob wohl ſonſt die uͤber die-
ſes Syſtem errichteten Vertraͤge einem ſolchen, durch Zuſammen-
ſetzung hervorgebrachten, allgemeinen Vertrage am naͤchſten kom-
men. S. m. Eſſai concernant les armateurs les priſes et les repriſes
Cap. III.
§. 59.
c) Man braucht nur wenige Handels- und Kriegsbuͤndniſſe nach der
Zeitfolge zu durchblaͤttern, um ſich zu uͤberzeugen, wie oft aͤltere
Vertraͤge in einzelnen Artikeln den neueren zum Muſier gedient
haben, ſo, daß daraus ſelbſt fuͤr die Zukunft eine herkommliche
Art zu contrahiren erwachſen iſt. Auch ſcheint nichts natuͤrli-
cher, als bey Schließung eines Vertrags, andere Vertraͤge aͤhnli-
cher Art zum Grunde zu legen. So geſchieht es ſelbſt oft im buͤr-
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[5/0033] Einleitung. tragsrechten behaupten laͤßt, ſo dienen doch 4) Vertraͤge, welche eine Macht mit einer andern eingegangen hat, oft ihr und andern zum Muſter bey Schließung eines Ver- trags aͤhnlicher Art mit andern Staaten c); oft wird ſelbſt das, was mit einigen Voͤlkern durch Vertraͤge feſt- geſetzt worden, gegen andere durch Herkommen eingefuͤhret und als Gewohnheitsrecht beobachtet, ſo daß es Puncte giebt, welche bey einigen als Vertrags-, bey andern als Gewohnheitsvoͤlkerrecht gelten. a⁾ Es giebt zwar wohl Beyſpiele, daß zwey Voͤlker einen von dritten Maͤchten geſchloſſenen Vertrag auch gegen einander gelten zu laſ- ſen verſprochen haben, wie z. B. Spanien und Portugel in dem 2ten Artikel ihres Tractats von 778 den zwiſchen Großbritannien und Spanien 1667 geſchloſſenen Tractat auch gegen einander zu beobachten verſprochen, aber wer ſieht nicht, daß hier ein neuer Vertrag ſey. — Wenn der Koͤnig von Preußen als er 78 der bewaffneten Neutralitaͤt beytrat, ſich erklaͤrte, daß er den 11ten Artikel des Handelstractats zwiſchen Großbritannien und Ruß- land wegen Beſtimmung der Kriegscontrebande auch in ſeinem Verhaͤltniß gegen Großbritannien, Spanien und Frankreich gel- ten laſſen wolle, ſ. m. Recueil des traités T. II. p. 131. ſo konnte dieß, wohl nur entweder mit Bewilligung dieſer Maͤchte, oder in der Vorausſetzung geſchehen, daß dieſer Artikel genau mit dem allgemeinen Voͤlkerrecht uͤbereinſtimme, oder daß hier nur von einer Verbindlichkeit auf preußiſcher Seite die Rede war. b⁾ Selbſt von dem Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt, laͤßt ſich dieß, auch nur in Hinſicht der Seemaͤchte, auch wenn man Groß- britannien abrechnet, nicht behaupten, ob wohl ſonſt die uͤber die- ſes Syſtem errichteten Vertraͤge einem ſolchen, durch Zuſammen- ſetzung hervorgebrachten, allgemeinen Vertrage am naͤchſten kom- men. S. m. Eſſai concernant les armateurs les priſes et les repriſes Cap. III. §. 59. c⁾ Man braucht nur wenige Handels- und Kriegsbuͤndniſſe nach der Zeitfolge zu durchblaͤttern, um ſich zu uͤberzeugen, wie oft aͤltere Vertraͤge in einzelnen Artikeln den neueren zum Muſier gedient haben, ſo, daß daraus ſelbſt fuͤr die Zukunft eine herkommliche Art zu contrahiren erwachſen iſt. Auch ſcheint nichts natuͤrli- cher, als bey Schließung eines Vertrags, andere Vertraͤge aͤhnli- cher Art zum Grunde zu legen. So geſchieht es ſelbſt oft im buͤr- gerli- A 3

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/33>, abgerufen am 23.11.2024.