Anmelden (DTAQ)

DWDS dlexDB CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Gesandschaftliche Verhandlungen.

morial, und einige Republiken d) haben sich auf den Fuß
gesetzt über keinen Punct zu berathschlagen der ihnen nicht
zuvor schriftlich eingehändiget worden. Wenn aber keine
Berathschlagung gefordert wird, so kann man den Gesand-
ten nicht allgemein nöthigen das was er mündlich vorgetra-
gen hat schriftlich zu übergeben, oder eine davon genommene
Abschrift zu unterzeichnen.

a) Die Frage wiefern der Regent berechtiget sey allein mit den
fremden Gesandten ohne Zuziehung der Stände in Verhandlung
zu treten, hängt von der Verfassung eines jeden Staats und den
Umständen ab. Kein Minister aber hat ein Recht auf die unmit-
telbare Conferenz mit dem Souverain zu dringen.

b) Wenn ein Premier Minister an dem Hofe ist, so erfordert es die
Achtung für diesen daß der Gesandte ihm Abschrift von dem Me-
morial mittheile welches er in der Audienz zu übergeben geson-
nen ist.

c) Ueber die Art wie die Gesandten der verschiedenen Klassen in Hol-
land mit den General-Staaten in Verhandlung treten s. Jani-
con etat present des provinces unies T. I. p. 96 u. f. Ueber die
Art wie in Venedig mit einem Collegium von 26 Personen confe-
rirt wird s. Le Bret Vorlesungen Th. I. S. 252.

d) Ueber die verein. Niederlande s. Memoires d'Avaux T. II. p. 127.
T. IV. p. 353. 363.

e) Memoires d'Estrades T. III. p.228.

§. 229.
Mittel.

Darf der Minister sich Bestechungen erlauben um den
Zweck seiner Sendung oder des Interesse seines Hofes zu
befördern? diese Frage verdient wenigstens theoretisch un-
tersucht zu werden a).

Es ist nicht als eine wirkliche Bestechung anzusehn,
wenn der Gesandte durch Geschenke des Wohlwollen oder
die Freundschaft derer zu gewinnen sucht, die ihm zu seinen
Zwecken behülflich seyn können, aber ohne weder ausdrücklich

noch

Geſandſchaftliche Verhandlungen.

morial, und einige Republiken d) haben ſich auf den Fuß
geſetzt uͤber keinen Punct zu berathſchlagen der ihnen nicht
zuvor ſchriftlich eingehaͤndiget worden. Wenn aber keine
Berathſchlagung gefordert wird, ſo kann man den Geſand-
ten nicht allgemein noͤthigen das was er muͤndlich vorgetra-
gen hat ſchriftlich zu uͤbergeben, oder eine davon genommene
Abſchrift zu unterzeichnen.

a) Die Frage wiefern der Regent berechtiget ſey allein mit den
fremden Geſandten ohne Zuziehung der Staͤnde in Verhandlung
zu treten, haͤngt von der Verfaſſung eines jeden Staats und den
Umſtaͤnden ab. Kein Miniſter aber hat ein Recht auf die unmit-
telbare Conferenz mit dem Souverain zu dringen.

b) Wenn ein Premier Miniſter an dem Hofe iſt, ſo erfordert es die
Achtung fuͤr dieſen daß der Geſandte ihm Abſchrift von dem Me-
morial mittheile welches er in der Audienz zu uͤbergeben geſon-
nen iſt.

c) Ueber die Art wie die Geſandten der verſchiedenen Klaſſen in Hol-
land mit den General-Staaten in Verhandlung treten ſ. Jani-
çon état preſent des provinces unies T. I. p. 96 u. f. Ueber die
Art wie in Venedig mit einem Collegium von 26 Perſonen confe-
rirt wird ſ. Le Bret Vorleſungen Th. I. S. 252.

d) Ueber die verein. Niederlande ſ. Memoires d’Avaux T. II. p. 127.
T. IV. p. 353. 363.

e) Memoires d’Estrades T. III. p.228.

§. 229.
Mittel.

Darf der Miniſter ſich Beſtechungen erlauben um den
Zweck ſeiner Sendung oder des Intereſſe ſeines Hofes zu
befoͤrdern? dieſe Frage verdient wenigſtens theoretiſch un-
terſucht zu werden a).

Es iſt nicht als eine wirkliche Beſtechung anzuſehn,
wenn der Geſandte durch Geſchenke des Wohlwollen oder
die Freundſchaft derer zu gewinnen ſucht, die ihm zu ſeinen
Zwecken behuͤlflich ſeyn koͤnnen, aber ohne weder ausdruͤcklich

noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0299" n="271"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;and&#x017F;chaftliche Verhandlungen.</fw><lb/>
morial, und einige Republiken <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>) haben &#x017F;ich auf den Fuß<lb/>
ge&#x017F;etzt u&#x0364;ber keinen Punct zu berath&#x017F;chlagen der ihnen nicht<lb/>
zuvor &#x017F;chriftlich eingeha&#x0364;ndiget worden. Wenn aber keine<lb/>
Berath&#x017F;chlagung gefordert wird, &#x017F;o kann man den Ge&#x017F;and-<lb/>
ten nicht allgemein no&#x0364;thigen das was er mu&#x0364;ndlich vorgetra-<lb/>
gen hat &#x017F;chriftlich zu u&#x0364;bergeben, oder eine davon genommene<lb/>
Ab&#x017F;chrift zu unterzeichnen.</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">Die Frage wiefern der Regent berechtiget &#x017F;ey allein mit den<lb/>
fremden Ge&#x017F;andten ohne Zuziehung der Sta&#x0364;nde in Verhandlung<lb/>
zu treten, ha&#x0364;ngt von der Verfa&#x017F;&#x017F;ung eines jeden Staats und den<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nden ab. Kein Mini&#x017F;ter aber hat ein Recht auf die unmit-<lb/>
telbare Conferenz mit dem Souverain zu dringen.</note><lb/>
            <note place="end" n="b)">Wenn ein Premier Mini&#x017F;ter an dem Hofe i&#x017F;t, &#x017F;o erfordert es die<lb/>
Achtung fu&#x0364;r die&#x017F;en daß der Ge&#x017F;andte ihm Ab&#x017F;chrift von dem Me-<lb/>
morial mittheile welches er in der Audienz zu u&#x0364;bergeben ge&#x017F;on-<lb/>
nen i&#x017F;t.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">Ueber die Art wie die Ge&#x017F;andten der ver&#x017F;chiedenen Kla&#x017F;&#x017F;en in Hol-<lb/>
land mit den General-Staaten in Verhandlung treten &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Jani-<lb/>
çon</hi><hi rendition="#i">état pre&#x017F;ent des provinces unies</hi> T. I. p.</hi> 96 u. f. Ueber die<lb/>
Art wie in Venedig mit einem Collegium von 26 Per&#x017F;onen confe-<lb/>
rirt wird &#x017F;. <hi rendition="#fr">Le <hi rendition="#g">Bret</hi> Vorle&#x017F;ungen</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 252.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">Ueber die verein. Niederlande &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Memoires</hi><hi rendition="#k">d&#x2019;Avaux</hi> T. II. p. 127.<lb/>
T. IV. p.</hi> 353. 363.</note><lb/>
            <note place="end" n="e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Memoires</hi><hi rendition="#k">d&#x2019;Estrades</hi> T. III. p.</hi>228.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 229.<lb/><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mittel</hi>.</hi></head><lb/>
            <p>Darf der Mini&#x017F;ter &#x017F;ich Be&#x017F;techungen erlauben um den<lb/>
Zweck &#x017F;einer Sendung oder des Intere&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eines Hofes zu<lb/>
befo&#x0364;rdern? die&#x017F;e Frage verdient wenig&#x017F;tens theoreti&#x017F;ch un-<lb/>
ter&#x017F;ucht zu werden <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t nicht als eine wirkliche Be&#x017F;techung anzu&#x017F;ehn,<lb/>
wenn der Ge&#x017F;andte durch Ge&#x017F;chenke des Wohlwollen oder<lb/>
die Freund&#x017F;chaft derer zu gewinnen &#x017F;ucht, die ihm zu &#x017F;einen<lb/>
Zwecken behu&#x0364;lflich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, aber ohne weder ausdru&#x0364;cklich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[271/0299] Geſandſchaftliche Verhandlungen. morial, und einige Republiken d) haben ſich auf den Fuß geſetzt uͤber keinen Punct zu berathſchlagen der ihnen nicht zuvor ſchriftlich eingehaͤndiget worden. Wenn aber keine Berathſchlagung gefordert wird, ſo kann man den Geſand- ten nicht allgemein noͤthigen das was er muͤndlich vorgetra- gen hat ſchriftlich zu uͤbergeben, oder eine davon genommene Abſchrift zu unterzeichnen. a⁾ Die Frage wiefern der Regent berechtiget ſey allein mit den fremden Geſandten ohne Zuziehung der Staͤnde in Verhandlung zu treten, haͤngt von der Verfaſſung eines jeden Staats und den Umſtaͤnden ab. Kein Miniſter aber hat ein Recht auf die unmit- telbare Conferenz mit dem Souverain zu dringen. b⁾ Wenn ein Premier Miniſter an dem Hofe iſt, ſo erfordert es die Achtung fuͤr dieſen daß der Geſandte ihm Abſchrift von dem Me- morial mittheile welches er in der Audienz zu uͤbergeben geſon- nen iſt. c⁾ Ueber die Art wie die Geſandten der verſchiedenen Klaſſen in Hol- land mit den General-Staaten in Verhandlung treten ſ. Jani- çon état preſent des provinces unies T. I. p. 96 u. f. Ueber die Art wie in Venedig mit einem Collegium von 26 Perſonen confe- rirt wird ſ. Le Bret Vorleſungen Th. I. S. 252. d⁾ Ueber die verein. Niederlande ſ. Memoires d’Avaux T. II. p. 127. T. IV. p. 353. 363. e⁾ Memoires d’Estrades T. III. p.228. §. 229. Mittel. Darf der Miniſter ſich Beſtechungen erlauben um den Zweck ſeiner Sendung oder des Intereſſe ſeines Hofes zu befoͤrdern? dieſe Frage verdient wenigſtens theoretiſch un- terſucht zu werden a). Es iſt nicht als eine wirkliche Beſtechung anzuſehn, wenn der Geſandte durch Geſchenke des Wohlwollen oder die Freundſchaft derer zu gewinnen ſucht, die ihm zu ſeinen Zwecken behuͤlflich ſeyn koͤnnen, aber ohne weder ausdruͤcklich noch

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/299
Zitationshilfe:	Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/299>, abgerufen am 23.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.