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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Siebentes Buch. Sechstes Hauptstück.
gert werden könne. Da hingegen der Privat-Gottesdienst
oder die sacra privata bald nach Einführung der christli-
chen Religion aus mehreren Gründen theils in den Con-
cilien a), theils durch bürgerliche Gesetze b) den Privatper-
sonen im allgemeinen untersagt worden, und er daher nur
denen zusteht, welche dazu eine besondere Erlaubniß erhal-
ten haben, so entsteht die Frage: wiefern dem Gesandten
dieses ius privatorum sacrorum, es sey nach dem allge-
meinen, oder herkommlichen Völkerrecht zustehe?

a) Concil. Gangrense c. 5. 6. Laodicense can. 57. s. J. H. Böhmer
de priuatis legatorum sacris cap. I.
§. 15.
b) Nov. 18. L. c. C. de summa trinitate L. 3. C. de heret. L. 15. C.
de ep. et clericis.
§. 220.
Ob der Gesandte ihn nach dem A. V. begehren könne.

Nun ist nicht nur dieser Privat-Gottesdienst dem
Gesandten dann entbehrlich, wenn seine Religion in dem
Lande öffentlich geübt wird in welchem er residirt, sondern
wenn auch dieses nicht der Fall ist, so läßt sich, da selbst
nach den Grundsätzen der catholischen Religion im Noth-
falle die bloße Hausandacht auf eine Zeitlang ohne Gefahr
der Seele hinreichen kann, das ius sacrorum privatorum
für den Gesandten nicht als schlechterdings unentbehrlich
ansehn, obwohl es bey länger fortgesetzten oder beständigen
Gesandschaften kaum würde entbehret werden können.

Nähme man den Begriff der Exterritorialität der
Gesandten in seinem ganzen Umfange an, so würde es
blos von dem Willen des sendenden Hofes abhängen, sei-
nem Gesandten in dessen Hotel den häuslichen Gottesdienst
einzuräumen. Daß aber das allgemeine Völkerrecht diese
Exterritorialität auf Puncte nicht erstrecke, die zu dem Zweck
der Gesandschaft nicht wesentlich erfordert werden, ist schon
oben erinnert worden.


§. 221.

Siebentes Buch. Sechstes Hauptſtuͤck.
gert werden koͤnne. Da hingegen der Privat-Gottesdienſt
oder die ſacra privata bald nach Einfuͤhrung der chriſtli-
chen Religion aus mehreren Gruͤnden theils in den Con-
cilien a), theils durch buͤrgerliche Geſetze b) den Privatper-
ſonen im allgemeinen unterſagt worden, und er daher nur
denen zuſteht, welche dazu eine beſondere Erlaubniß erhal-
ten haben, ſo entſteht die Frage: wiefern dem Geſandten
dieſes ius privatorum ſacrorum, es ſey nach dem allge-
meinen, oder herkommlichen Voͤlkerrecht zuſtehe?

a) Concil. Gangrenſe c. 5. 6. Laodicenſe can. 57. ſ. J. H. Böhmer
de priuatis legatorum ſacris cap. I.
§. 15.
b) Nov. 18. L. c. C. de ſumma trinitate L. 3. C. de heret. L. 15. C.
de ep. et clericis.
§. 220.
Ob der Geſandte ihn nach dem A. V. begehren koͤnne.

Nun iſt nicht nur dieſer Privat-Gottesdienſt dem
Geſandten dann entbehrlich, wenn ſeine Religion in dem
Lande oͤffentlich geuͤbt wird in welchem er reſidirt, ſondern
wenn auch dieſes nicht der Fall iſt, ſo laͤßt ſich, da ſelbſt
nach den Grundſaͤtzen der catholiſchen Religion im Noth-
falle die bloße Hausandacht auf eine Zeitlang ohne Gefahr
der Seele hinreichen kann, das ius ſacrorum privatorum
fuͤr den Geſandten nicht als ſchlechterdings unentbehrlich
anſehn, obwohl es bey laͤnger fortgeſetzten oder beſtaͤndigen
Geſandſchaften kaum wuͤrde entbehret werden koͤnnen.

Naͤhme man den Begriff der Exterritorialitaͤt der
Geſandten in ſeinem ganzen Umfange an, ſo wuͤrde es
blos von dem Willen des ſendenden Hofes abhaͤngen, ſei-
nem Geſandten in deſſen Hotel den haͤuslichen Gottesdienſt
einzuraͤumen. Daß aber das allgemeine Voͤlkerrecht dieſe
Exterritorialitaͤt auf Puncte nicht erſtrecke, die zu dem Zweck
der Geſandſchaft nicht weſentlich erfordert werden, iſt ſchon
oben erinnert worden.


§. 221.
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[262/0290] Siebentes Buch. Sechstes Hauptſtuͤck. gert werden koͤnne. Da hingegen der Privat-Gottesdienſt oder die ſacra privata bald nach Einfuͤhrung der chriſtli- chen Religion aus mehreren Gruͤnden theils in den Con- cilien a), theils durch buͤrgerliche Geſetze b) den Privatper- ſonen im allgemeinen unterſagt worden, und er daher nur denen zuſteht, welche dazu eine beſondere Erlaubniß erhal- ten haben, ſo entſteht die Frage: wiefern dem Geſandten dieſes ius privatorum ſacrorum, es ſey nach dem allge- meinen, oder herkommlichen Voͤlkerrecht zuſtehe? a⁾ Concil. Gangrenſe c. 5. 6. Laodicenſe can. 57. ſ. J. H. Böhmer de priuatis legatorum ſacris cap. I. §. 15. b⁾ Nov. 18. L. c. C. de ſumma trinitate L. 3. C. de heret. L. 15. C. de ep. et clericis. §. 220. Ob der Geſandte ihn nach dem A. V. begehren koͤnne. Nun iſt nicht nur dieſer Privat-Gottesdienſt dem Geſandten dann entbehrlich, wenn ſeine Religion in dem Lande oͤffentlich geuͤbt wird in welchem er reſidirt, ſondern wenn auch dieſes nicht der Fall iſt, ſo laͤßt ſich, da ſelbſt nach den Grundſaͤtzen der catholiſchen Religion im Noth- falle die bloße Hausandacht auf eine Zeitlang ohne Gefahr der Seele hinreichen kann, das ius ſacrorum privatorum fuͤr den Geſandten nicht als ſchlechterdings unentbehrlich anſehn, obwohl es bey laͤnger fortgeſetzten oder beſtaͤndigen Geſandſchaften kaum wuͤrde entbehret werden koͤnnen. Naͤhme man den Begriff der Exterritorialitaͤt der Geſandten in ſeinem ganzen Umfange an, ſo wuͤrde es blos von dem Willen des ſendenden Hofes abhaͤngen, ſei- nem Geſandten in deſſen Hotel den haͤuslichen Gottesdienſt einzuraͤumen. Daß aber das allgemeine Voͤlkerrecht dieſe Exterritorialitaͤt auf Puncte nicht erſtrecke, die zu dem Zweck der Geſandſchaft nicht weſentlich erfordert werden, iſt ſchon oben erinnert worden. §. 221.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/290>, abgerufen am 24.11.2024.