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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Siebentes Buch. Fünstes Hauptstück.
§. 213.
Persönliche Befreyung des Gesandten von der Civil-
gerichtbarkeit
.

Daß nach dem strengen äußeren Völkerrecht der Ge-
sandte von aller bürgerlichen Gerichtbarkeit des Orts wo er
residirt befreyet seyn müsse, läßt sich schwerlich befriedigend
erweisen a). Aber nach der herkommlichen Exterritoriali-
tät, genießt er für seine Person einer völligen Befreyung
von der Civil-Gerichtbarkeit des Staats an den er gesandt
worden, und kann nur vor den Tribunalen seines eigenen
Souverains in Anspruch genommen werden, es wäre denn
1) daß er zur. Zeit seiner Ernennung Unterthan des Staats
war bey welchem er residirt und dieser seine Gerichtbarkeit
nicht aufgegeben b), oder daß er zugleich in dessen Diensten
steht; 2) daß er freywillig die Gerichtbarkeit des Staats an-
erkannt hat, oder daß er als Kläger wider einen Unterthan
des Staats auftritt, und daher diesem auch in der Appel-
lation c) folgen, oder in der Wiederklage zu Recht stehn
muß. Selbst Schulden die er vor oder während seiner Ge-
sandschaft d) gemacht hat, könne seinen persönlichen Arrest
nicht nach sich ziehn; und obwohl zweifelhafter ist, ob nicht
wenn er nach geendigter Gesandschaft abreisen will, ohne
seine Schulden zu bezahlen, ein persönlicher Verhaft wider
ihn statt haben könne, oder doch die zur Abreise nöthige Pässe
ihm verweigert werden können, so erlaubt doch ein Staat
auch diesen Schritt sich nur in außerordentlichen Fällen e),
und hin und wieder ist auch selbst dieser Arrest ausdrücklich
durch Gesetze verboten f).

a) Ein classisches Werk über diesen Gegenstand ist C. v. Bynkers-
hoeck
de indice competente legatorum
in welchem auch die verschie-
denen Meynungen über diesen Punct im letzten Abschnitt gesamm-
let sind.
b) Bynkershoeck l. c. cap. XI. Umsonst bemüht sich Wicquefort
das Gegentheil zu behaupten.
c) Ein Beyspiel eines hierüber zwischen Schweden und Holland ent-
standenen Streits findet sich in Bynkershoeck l. c. cap. XVI. §. 15.

d) Gro-
Siebentes Buch. Fuͤnſtes Hauptſtuͤck.
§. 213.
Perſoͤnliche Befreyung des Geſandten von der Civil-
gerichtbarkeit
.

Daß nach dem ſtrengen aͤußeren Voͤlkerrecht der Ge-
ſandte von aller buͤrgerlichen Gerichtbarkeit des Orts wo er
reſidirt befreyet ſeyn muͤſſe, laͤßt ſich ſchwerlich befriedigend
erweiſen a). Aber nach der herkommlichen Exterritoriali-
taͤt, genießt er fuͤr ſeine Perſon einer voͤlligen Befreyung
von der Civil-Gerichtbarkeit des Staats an den er geſandt
worden, und kann nur vor den Tribunalen ſeines eigenen
Souverains in Anſpruch genommen werden, es waͤre denn
1) daß er zur. Zeit ſeiner Ernennung Unterthan des Staats
war bey welchem er reſidirt und dieſer ſeine Gerichtbarkeit
nicht aufgegeben b), oder daß er zugleich in deſſen Dienſten
ſteht; 2) daß er freywillig die Gerichtbarkeit des Staats an-
erkannt hat, oder daß er als Klaͤger wider einen Unterthan
des Staats auftritt, und daher dieſem auch in der Appel-
lation c) folgen, oder in der Wiederklage zu Recht ſtehn
muß. Selbſt Schulden die er vor oder waͤhrend ſeiner Ge-
ſandſchaft d) gemacht hat, koͤnne ſeinen perſoͤnlichen Arreſt
nicht nach ſich ziehn; und obwohl zweifelhafter iſt, ob nicht
wenn er nach geendigter Geſandſchaft abreiſen will, ohne
ſeine Schulden zu bezahlen, ein perſoͤnlicher Verhaft wider
ihn ſtatt haben koͤnne, oder doch die zur Abreiſe noͤthige Paͤſſe
ihm verweigert werden koͤnnen, ſo erlaubt doch ein Staat
auch dieſen Schritt ſich nur in außerordentlichen Faͤllen e),
und hin und wieder iſt auch ſelbſt dieſer Arreſt ausdruͤcklich
durch Geſetze verboten f).

a) Ein claſſiſches Werk uͤber dieſen Gegenſtand iſt C. v. Bynkers-
hoeck
de indice competente legatorum
in welchem auch die verſchie-
denen Meynungen uͤber dieſen Punct im letzten Abſchnitt geſamm-
let ſind.
b) Bynkershoeck l. c. cap. XI. Umſonſt bemuͤht ſich Wicquefort
das Gegentheil zu behaupten.
c) Ein Beyſpiel eines hieruͤber zwiſchen Schweden und Holland ent-
ſtandenen Streits findet ſich in Bynkershoeck l. c. cap. XVI. §. 15.

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[252/0280] Siebentes Buch. Fuͤnſtes Hauptſtuͤck. §. 213. Perſoͤnliche Befreyung des Geſandten von der Civil- gerichtbarkeit. Daß nach dem ſtrengen aͤußeren Voͤlkerrecht der Ge- ſandte von aller buͤrgerlichen Gerichtbarkeit des Orts wo er reſidirt befreyet ſeyn muͤſſe, laͤßt ſich ſchwerlich befriedigend erweiſen a). Aber nach der herkommlichen Exterritoriali- taͤt, genießt er fuͤr ſeine Perſon einer voͤlligen Befreyung von der Civil-Gerichtbarkeit des Staats an den er geſandt worden, und kann nur vor den Tribunalen ſeines eigenen Souverains in Anſpruch genommen werden, es waͤre denn 1) daß er zur. Zeit ſeiner Ernennung Unterthan des Staats war bey welchem er reſidirt und dieſer ſeine Gerichtbarkeit nicht aufgegeben b), oder daß er zugleich in deſſen Dienſten ſteht; 2) daß er freywillig die Gerichtbarkeit des Staats an- erkannt hat, oder daß er als Klaͤger wider einen Unterthan des Staats auftritt, und daher dieſem auch in der Appel- lation c) folgen, oder in der Wiederklage zu Recht ſtehn muß. Selbſt Schulden die er vor oder waͤhrend ſeiner Ge- ſandſchaft d) gemacht hat, koͤnne ſeinen perſoͤnlichen Arreſt nicht nach ſich ziehn; und obwohl zweifelhafter iſt, ob nicht wenn er nach geendigter Geſandſchaft abreiſen will, ohne ſeine Schulden zu bezahlen, ein perſoͤnlicher Verhaft wider ihn ſtatt haben koͤnne, oder doch die zur Abreiſe noͤthige Paͤſſe ihm verweigert werden koͤnnen, ſo erlaubt doch ein Staat auch dieſen Schritt ſich nur in außerordentlichen Faͤllen e), und hin und wieder iſt auch ſelbſt dieſer Arreſt ausdruͤcklich durch Geſetze verboten f). a⁾ Ein claſſiſches Werk uͤber dieſen Gegenſtand iſt C. v. Bynkers- hoeck de indice competente legatorum in welchem auch die verſchie- denen Meynungen uͤber dieſen Punct im letzten Abſchnitt geſamm- let ſind. b⁾ Bynkershoeck l. c. cap. XI. Umſonſt bemuͤht ſich Wicquefort das Gegentheil zu behaupten. c⁾ Ein Beyſpiel eines hieruͤber zwiſchen Schweden und Holland ent- ſtandenen Streits findet ſich in Bynkershoeck l. c. cap. XVI. §. 15. d) Gro-

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/280>, abgerufen am 24.11.2024.