Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesandschaftsrecht überhaupt.
bedungen wird; 5) andere endlich, insonderheit manche Ce-
remonielrechte, hängen von dem besondren Gebrauch ein-
zelner Höfe ab, und lassen sich daher nicht auf allgemeine
Grundsätze zurückführen.

Zweytes Hauptstück.
Verschiedene Klassen von Gesandten.
§. 188.
Geschichte des Ursprungs der verschiedenen Klassen.

Das allgemeine Völkerrecht kennt keine Eintheilung
der Gesandten in verschiedene Klassen; es betrachtet sie alle
als öffentliche Geschäftsträger des Staats den sie, jedoch nur
in Hinsicht der ihnen aufgetragenen Geschäfte, vorstellen,
und läßt sie der hieraus fliessenden wesentlichen Rechte ge-
nießen. Das positive Europäische Völkerrecht aber hat nach
und nach mehrere in Ansehung des Ceremoniels von einan-
der wesentlich verschiedene Klassen eingeführt a).

In früheren Zeiten kannte man nemlich auch in Eu-
ropa in Staatsgeschäften nur eine Gattung von Gesandten
unter dem Nahmen Bothschafter, Ambassadeurs. Für
Privat-Angelegenheiten des Fürsten wurden wohl hie und
da besondere Agenten angenommen, und in Ceremoniel oder
anderen minder wichtigen Geschäften ein adelicher Hofbediente
an einen andren Hof geschickt; aber weder diese noch die
Agenten konnten irgend ein gesandschaftliches Ceremoniel
oder anderes Vorrecht begehren. Als aber im 15ten und
mehr noch im 16ten Jahrhundert die Idee von dem persön-
lichen Representativ-Character des Gesandten manche Strei-
tigkeiten und einen höheren Aufwand veranlaßte, auch zu
dieser Zeit nicht nur die Gesandschaften häufiger wurden
sondern selbst in beständige verwandelt zu werden anfingen,
so gab dies Veranlassung eine geringere Klasse von Gesand-
ten, ohne den hohen Representativ-Character, einzufüh-

ren

Geſandſchaftsrecht uͤberhaupt.
bedungen wird; 5) andere endlich, inſonderheit manche Ce-
remonielrechte, haͤngen von dem beſondren Gebrauch ein-
zelner Hoͤfe ab, und laſſen ſich daher nicht auf allgemeine
Grundſaͤtze zuruͤckfuͤhren.

Zweytes Hauptſtuͤck.
Verſchiedene Klaſſen von Geſandten.
§. 188.
Geſchichte des Urſprungs der verſchiedenen Klaſſen.

Das allgemeine Voͤlkerrecht kennt keine Eintheilung
der Geſandten in verſchiedene Klaſſen; es betrachtet ſie alle
als oͤffentliche Geſchaͤftstraͤger des Staats den ſie, jedoch nur
in Hinſicht der ihnen aufgetragenen Geſchaͤfte, vorſtellen,
und laͤßt ſie der hieraus flieſſenden weſentlichen Rechte ge-
nießen. Das poſitive Europaͤiſche Voͤlkerrecht aber hat nach
und nach mehrere in Anſehung des Ceremoniels von einan-
der weſentlich verſchiedene Klaſſen eingefuͤhrt a).

In fruͤheren Zeiten kannte man nemlich auch in Eu-
ropa in Staatsgeſchaͤften nur eine Gattung von Geſandten
unter dem Nahmen Bothſchafter, Ambaſſadeurs. Fuͤr
Privat-Angelegenheiten des Fuͤrſten wurden wohl hie und
da beſondere Agenten angenommen, und in Ceremoniel oder
anderen minder wichtigen Geſchaͤften ein adelicher Hofbediente
an einen andren Hof geſchickt; aber weder dieſe noch die
Agenten konnten irgend ein geſandſchaftliches Ceremoniel
oder anderes Vorrecht begehren. Als aber im 15ten und
mehr noch im 16ten Jahrhundert die Idee von dem perſoͤn-
lichen Repreſentativ-Character des Geſandten manche Strei-
tigkeiten und einen hoͤheren Aufwand veranlaßte, auch zu
dieſer Zeit nicht nur die Geſandſchaften haͤufiger wurden
ſondern ſelbſt in beſtaͤndige verwandelt zu werden anfingen,
ſo gab dies Veranlaſſung eine geringere Klaſſe von Geſand-
ten, ohne den hohen Repreſentativ-Character, einzufuͤh-

ren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0251" n="223"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;and&#x017F;chaftsrecht u&#x0364;berhaupt.</fw><lb/>
bedungen wird; 5) andere endlich, in&#x017F;onderheit manche Ce-<lb/>
remonielrechte, ha&#x0364;ngen von dem be&#x017F;ondren Gebrauch ein-<lb/>
zelner Ho&#x0364;fe ab, und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich daher nicht auf allgemeine<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hren.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Zweytes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck</hi></hi>.<lb/>
Ver&#x017F;chiedene Kla&#x017F;&#x017F;en von Ge&#x017F;andten.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 188.<lb/><hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chichte des Ur&#x017F;prungs der ver&#x017F;chiedenen Kla&#x017F;&#x017F;en</hi>.</head><lb/>
            <p>Das allgemeine Vo&#x0364;lkerrecht kennt keine Eintheilung<lb/>
der Ge&#x017F;andten in ver&#x017F;chiedene Kla&#x017F;&#x017F;en; es betrachtet &#x017F;ie alle<lb/>
als o&#x0364;ffentliche Ge&#x017F;cha&#x0364;ftstra&#x0364;ger des Staats den &#x017F;ie, jedoch nur<lb/>
in Hin&#x017F;icht der ihnen aufgetragenen Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, vor&#x017F;tellen,<lb/>
und la&#x0364;ßt &#x017F;ie der hieraus flie&#x017F;&#x017F;enden we&#x017F;entlichen Rechte ge-<lb/>
nießen. Das po&#x017F;itive Europa&#x0364;i&#x017F;che Vo&#x0364;lkerrecht aber hat nach<lb/>
und nach mehrere in An&#x017F;ehung des Ceremoniels von einan-<lb/>
der we&#x017F;entlich ver&#x017F;chiedene Kla&#x017F;&#x017F;en eingefu&#x0364;hrt <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>In fru&#x0364;heren Zeiten kannte man nemlich auch in Eu-<lb/>
ropa in Staatsge&#x017F;cha&#x0364;ften nur eine Gattung von Ge&#x017F;andten<lb/>
unter dem Nahmen <hi rendition="#fr">Both&#x017F;chafter, Amba&#x017F;&#x017F;adeurs</hi>. Fu&#x0364;r<lb/>
Privat-Angelegenheiten des Fu&#x0364;r&#x017F;ten wurden wohl hie und<lb/>
da be&#x017F;ondere Agenten angenommen, und in Ceremoniel oder<lb/>
anderen minder wichtigen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften ein adelicher Hofbediente<lb/>
an einen andren Hof ge&#x017F;chickt; aber weder die&#x017F;e noch die<lb/>
Agenten konnten irgend ein ge&#x017F;and&#x017F;chaftliches Ceremoniel<lb/>
oder anderes Vorrecht begehren. Als aber im 15ten und<lb/>
mehr noch im 16ten Jahrhundert die Idee von dem per&#x017F;o&#x0364;n-<lb/>
lichen Repre&#x017F;entativ-Character des Ge&#x017F;andten manche Strei-<lb/>
tigkeiten und einen ho&#x0364;heren Aufwand veranlaßte, auch zu<lb/>
die&#x017F;er Zeit nicht nur die Ge&#x017F;and&#x017F;chaften ha&#x0364;ufiger wurden<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t in be&#x017F;ta&#x0364;ndige verwandelt zu werden anfingen,<lb/>
&#x017F;o gab dies Veranla&#x017F;&#x017F;ung eine geringere Kla&#x017F;&#x017F;e von Ge&#x017F;and-<lb/>
ten, ohne den hohen Repre&#x017F;entativ-Character, einzufu&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0251] Geſandſchaftsrecht uͤberhaupt. bedungen wird; 5) andere endlich, inſonderheit manche Ce- remonielrechte, haͤngen von dem beſondren Gebrauch ein- zelner Hoͤfe ab, und laſſen ſich daher nicht auf allgemeine Grundſaͤtze zuruͤckfuͤhren. Zweytes Hauptſtuͤck. Verſchiedene Klaſſen von Geſandten. §. 188. Geſchichte des Urſprungs der verſchiedenen Klaſſen. Das allgemeine Voͤlkerrecht kennt keine Eintheilung der Geſandten in verſchiedene Klaſſen; es betrachtet ſie alle als oͤffentliche Geſchaͤftstraͤger des Staats den ſie, jedoch nur in Hinſicht der ihnen aufgetragenen Geſchaͤfte, vorſtellen, und laͤßt ſie der hieraus flieſſenden weſentlichen Rechte ge- nießen. Das poſitive Europaͤiſche Voͤlkerrecht aber hat nach und nach mehrere in Anſehung des Ceremoniels von einan- der weſentlich verſchiedene Klaſſen eingefuͤhrt a). In fruͤheren Zeiten kannte man nemlich auch in Eu- ropa in Staatsgeſchaͤften nur eine Gattung von Geſandten unter dem Nahmen Bothſchafter, Ambaſſadeurs. Fuͤr Privat-Angelegenheiten des Fuͤrſten wurden wohl hie und da beſondere Agenten angenommen, und in Ceremoniel oder anderen minder wichtigen Geſchaͤften ein adelicher Hofbediente an einen andren Hof geſchickt; aber weder dieſe noch die Agenten konnten irgend ein geſandſchaftliches Ceremoniel oder anderes Vorrecht begehren. Als aber im 15ten und mehr noch im 16ten Jahrhundert die Idee von dem perſoͤn- lichen Repreſentativ-Character des Geſandten manche Strei- tigkeiten und einen hoͤheren Aufwand veranlaßte, auch zu dieſer Zeit nicht nur die Geſandſchaften haͤufiger wurden ſondern ſelbſt in beſtaͤndige verwandelt zu werden anfingen, ſo gab dies Veranlaſſung eine geringere Klaſſe von Geſand- ten, ohne den hohen Repreſentativ-Character, einzufuͤh- ren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/251
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/251>, abgerufen am 24.11.2024.