Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Sechstes Buch. aber im 17ten Jahrhundert durch die französische fast ver-drängt worden ist. Letztere ist jetzt nicht nur in Verträgen son- dern auch in Canzley-Schreiben sehr gebräuchlich, doch bestehn einige Staaten noch auf ihre Staatssprache, entweder überhaupt, oder gegen einige Staaten, und zumahl dann, wenn von andren gegen sie ein gleiches geschieht. Das reursche Reich will nur Teutsch oder Latein schreiben und an sich schreiben lassen. Däne- mark, Großbritannien, der Pabst, Polen, Portugal, Schwe- den, die verein. Niederlande haben die lateinische Sprache als Staatssprache, theils gegen alle, theils gegen gewisse Staaten beybehalten. Frankreich, Rußland, die Türkey haben ihre Landessprache zur Staatssprache gemacht; oft bedienen indeß Ruß- land sich der französischen, die Türken der italienischen oder la- teinischen Sprache, oder es wird doch eine Uebersetzung beygefügt. b) Churfürsten können zwar an Könige Canzley-Schreiben schicken, doch setzen sie dann ihre eigene Titulatur nicht oben an, sondern nach der Unterschrift; dieß ist die Regel wenn Geringere an Hö- here schreiben. c) Wie verschieden die Ausführlichkeit dieser Titulatur sey, ist be- kannt. Man vergleiche die Titulatur der bisherigen Könige von Frankreich mit der der russischen Kaiserinn. Außer den wirkli- chen Besitzungen werden oft ehemahlige, oder solche die noch in Anspruch genommen werden aufgeführt, woraus nicht selten Streit erwächst; außer dem haben einige Könige noch besondere Prädi- cate die sie von dem Pabst oder durch ein langes Herkommen erlangt haben, und die fremde Mächte ihnen ohne Widerspruch anerkennen. So hat der Kaiser den Titel semper Augustus, (sehr übel allzeit Mehrer des Reichs übersetzt), der König von Frank- reich führte den Titel Roi [ - 2 Zeichen fehlen]es-Chretien, allerchristlichste Maje- stät, der König von Spanien seit 1496 Catholique, catholische Majestät, der König von Großbritannien seit 1521 defensor fidei, Beschützer des Glaubens der König von Portugal seit 1748 R. tres fidele, allergläubigste (allergetreueste) Majestät s. Mont- gon mem. T. VIII. add. 17. Der König von Ungarn R. Aposto- lique, apostolische Majestät seit 1758. s. die päbstliche Bulle in Wenck cod. iur. gent. T. III. p. 184. Nur der Kaiser und der König von England führen diese Prädicate von sich selbst, die übrigen lassen sie sich nur von Auswärtigen geben, und die Kö- Sechstes Buch. aber im 17ten Jahrhundert durch die franzoͤſiſche faſt ver-draͤngt worden iſt. Letztere iſt jetzt nicht nur in Vertraͤgen ſon- dern auch in Canzley-Schreiben ſehr gebraͤuchlich, doch beſtehn einige Staaten noch auf ihre Staatsſprache, entweder uͤberhaupt, oder gegen einige Staaten, und zumahl dann, wenn von andren gegen ſie ein gleiches geſchieht. Das reurſche Reich will nur Teutſch oder Latein ſchreiben und an ſich ſchreiben laſſen. Daͤne- mark, Großbritannien, der Pabſt, Polen, Portugal, Schwe- den, die verein. Niederlande haben die lateiniſche Sprache als Staatsſprache, theils gegen alle, theils gegen gewiſſe Staaten beybehalten. Frankreich, Rußland, die Tuͤrkey haben ihre Landesſprache zur Staatsſprache gemacht; oft bedienen indeß Ruß- land ſich der franzoͤſiſchen, die Tuͤrken der italieniſchen oder la- teiniſchen Sprache, oder es wird doch eine Ueberſetzung beygefuͤgt. b) Churfuͤrſten koͤnnen zwar an Koͤnige Canzley-Schreiben ſchicken, doch ſetzen ſie dann ihre eigene Titulatur nicht oben an, ſondern nach der Unterſchrift; dieß iſt die Regel wenn Geringere an Hoͤ- here ſchreiben. c) Wie verſchieden die Ausfuͤhrlichkeit dieſer Titulatur ſey, iſt be- kannt. Man vergleiche die Titulatur der bisherigen Koͤnige von Frankreich mit der der ruſſiſchen Kaiſerinn. Außer den wirkli- chen Beſitzungen werden oft ehemahlige, oder ſolche die noch in Anſpruch genommen werden aufgefuͤhrt, woraus nicht ſelten Streit erwaͤchſt; außer dem haben einige Koͤnige noch beſondere Praͤdi- cate die ſie von dem Pabſt oder durch ein langes Herkommen erlangt haben, und die fremde Maͤchte ihnen ohne Widerſpruch anerkennen. So hat der Kaiſer den Titel ſemper Auguſtus, (ſehr uͤbel allzeit Mehrer des Reichs uͤberſetzt), der Koͤnig von Frank- reich fuͤhrte den Titel Roi [ – 2 Zeichen fehlen]ès-Chretien, allerchriſtlichſte Maje- ſtaͤt, der Koͤnig von Spanien ſeit 1496 Catholique, catholiſche Majeſtaͤt, der Koͤnig von Großbritannien ſeit 1521 defenſor fidei, Beſchuͤtzer des Glaubens der Koͤnig von Portugal ſeit 1748 R. très fidèle, allerglaͤubigſte (allergetreueſte) Majeſtaͤt ſ. Mont- gon mem. T. VIII. add. 17. Der Koͤnig von Ungarn R. Apoſto- lique, apoſtoliſche Majeſtaͤt ſeit 1758. ſ. die paͤbſtliche Bulle in Wenck cod. iur. gent. T. III. p. 184. Nur der Kaiſer und der Koͤnig von England fuͤhren dieſe Praͤdicate von ſich ſelbſt, die uͤbrigen laſſen ſie ſich nur von Auswaͤrtigen geben, und die Koͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <note place="end" n="a)"><pb facs="#f0238" n="210"/><fw place="top" type="header">Sechstes Buch.</fw><lb/> aber im 17ten Jahrhundert durch die franzoͤſiſche faſt ver-<lb/> draͤngt worden iſt. Letztere iſt jetzt nicht nur in Vertraͤgen ſon-<lb/> dern auch in Canzley-Schreiben ſehr gebraͤuchlich, doch beſtehn<lb/> einige Staaten noch auf ihre Staatsſprache, entweder uͤberhaupt,<lb/> oder gegen einige Staaten, und zumahl dann, wenn von andren<lb/> gegen ſie ein gleiches geſchieht. 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Sechstes Buch.
a⁾
aber im 17ten Jahrhundert durch die franzoͤſiſche faſt ver-
draͤngt worden iſt. Letztere iſt jetzt nicht nur in Vertraͤgen ſon-
dern auch in Canzley-Schreiben ſehr gebraͤuchlich, doch beſtehn
einige Staaten noch auf ihre Staatsſprache, entweder uͤberhaupt,
oder gegen einige Staaten, und zumahl dann, wenn von andren
gegen ſie ein gleiches geſchieht. Das reurſche Reich will nur
Teutſch oder Latein ſchreiben und an ſich ſchreiben laſſen. Daͤne-
mark, Großbritannien, der Pabſt, Polen, Portugal, Schwe-
den, die verein. Niederlande haben die lateiniſche Sprache als
Staatsſprache, theils gegen alle, theils gegen gewiſſe Staaten
beybehalten. Frankreich, Rußland, die Tuͤrkey haben ihre
Landesſprache zur Staatsſprache gemacht; oft bedienen indeß Ruß-
land ſich der franzoͤſiſchen, die Tuͤrken der italieniſchen oder la-
teiniſchen Sprache, oder es wird doch eine Ueberſetzung beygefuͤgt.
b⁾ Churfuͤrſten koͤnnen zwar an Koͤnige Canzley-Schreiben ſchicken,
doch ſetzen ſie dann ihre eigene Titulatur nicht oben an, ſondern
nach der Unterſchrift; dieß iſt die Regel wenn Geringere an Hoͤ-
here ſchreiben.
c⁾ Wie verſchieden die Ausfuͤhrlichkeit dieſer Titulatur ſey, iſt be-
kannt. Man vergleiche die Titulatur der bisherigen Koͤnige von
Frankreich mit der der ruſſiſchen Kaiſerinn. Außer den wirkli-
chen Beſitzungen werden oft ehemahlige, oder ſolche die noch in
Anſpruch genommen werden aufgefuͤhrt, woraus nicht ſelten Streit
erwaͤchſt; außer dem haben einige Koͤnige noch beſondere Praͤdi-
cate die ſie von dem Pabſt oder durch ein langes Herkommen
erlangt haben, und die fremde Maͤchte ihnen ohne Widerſpruch
anerkennen. So hat der Kaiſer den Titel ſemper Auguſtus, (ſehr
uͤbel allzeit Mehrer des Reichs uͤberſetzt), der Koͤnig von Frank-
reich fuͤhrte den Titel Roi __ès-Chretien, allerchriſtlichſte Maje-
ſtaͤt, der Koͤnig von Spanien ſeit 1496 Catholique, catholiſche
Majeſtaͤt, der Koͤnig von Großbritannien ſeit 1521 defenſor fidei,
Beſchuͤtzer des Glaubens der Koͤnig von Portugal ſeit 1748
R. très fidèle, allerglaͤubigſte (allergetreueſte) Majeſtaͤt ſ. Mont-
gon mem. T. VIII. add. 17. Der Koͤnig von Ungarn R. Apoſto-
lique, apoſtoliſche Majeſtaͤt ſeit 1758. ſ. die paͤbſtliche Bulle in
Wenck cod. iur. gent. T. III. p. 184. Nur der Kaiſer und der
Koͤnig von England fuͤhren dieſe Praͤdicate von ſich ſelbſt, die
uͤbrigen laſſen ſie ſich nur von Auswaͤrtigen geben, und die Koͤ-
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