Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Viertes Buch. Erstes Hauptstück. öfter und ernstlicher an Herstellung und Erhaltung desGleichgewichts gearbeitet hat, als seit dem Anfange dieses Jahrhunderts Großbritannien, und späterhin Preußen ge- than, gleichwohl die mehresten europäischen Mächte noch jetzt auf die Erhaltung des Gleichgewichts als auf ein ih- nen zustehendes Recht sich berufen d). a) Hertzberg l. c. p. 8. C. G. Heyne progr. de foederum ad Ro- manorum opes imminuendas initorum euentis eorumque causis. Got- tingae 1785. fol. b) In den früheren Zeiten war das sinnliche Bild einer Waag- schale, die durch das Anhängen dritter Mächte an eine dieser Schalen, an Frankreich oder Oesterreich, im Gleichgewicht erhal- ten würde, nicht ganz unpassend. Jetzt ist dieß Bild völlig verwerflich; man könnte ehe Europa mit einer sehr zusammen- gesetzten Maschine vergleichen, die in Gefahr ist zerrüttet zu wer- den, wenn die Kraft eines Haupttriebrades sehr verstärkt, oder das was ihm zum Gegengewicht diente gehoben wird; aber richtiger als alle diese sinnliche Bilder ist wohl der in der Herz- bergischen Abhandlung S. 9. festgesetzte Begriff. c) Die Geschichte des Gleichgewichts in Europa findet sich in Schmaußens Einleitung in die Staatswissenschaft im 1sten Theil und Hertzberg a. a. O. §. 8. d) Günther europ. Völkerrecht Th. I. S. 346. u. f. Ade- lung Staatsgeschichte Th. I. S. 337. u. f. Daß es übrigens Staaten gebe, die nach ihrer politischen Unwichtigkeit, nach ih- rer Lage u. s. f. nicht Ursache haben auf die Erhaltung des Gleichgewichts fortdaurend schwere Kosten zu verwenden, kann dem Verf. der patriotischen Gedanken eines Dänen über stehende Heere eingeräumt werden. §. 120. Gleichgewicht in einzelnen Theilen. Eben diese Grundsätze treten auch in Ansehung der Gleich-
Viertes Buch. Erſtes Hauptſtuͤck. oͤfter und ernſtlicher an Herſtellung und Erhaltung desGleichgewichts gearbeitet hat, als ſeit dem Anfange dieſes Jahrhunderts Großbritannien, und ſpaͤterhin Preußen ge- than, gleichwohl die mehreſten europaͤiſchen Maͤchte noch jetzt auf die Erhaltung des Gleichgewichts als auf ein ih- nen zuſtehendes Recht ſich berufen d). a) Hertzberg l. c. p. 8. C. G. Heyne progr. de foederum ad Ro- manorum opes imminuendas initorum euentis eorumque cauſis. Got- tingae 1785. fol. b) In den fruͤheren Zeiten war das ſinnliche Bild einer Waag- ſchale, die durch das Anhaͤngen dritter Maͤchte an eine dieſer Schalen, an Frankreich oder Oeſterreich, im Gleichgewicht erhal- ten wuͤrde, nicht ganz unpaſſend. Jetzt iſt dieß Bild voͤllig verwerflich; man koͤnnte ehe Europa mit einer ſehr zuſammen- geſetzten Maſchine vergleichen, die in Gefahr iſt zerruͤttet zu wer- den, wenn die Kraft eines Haupttriebrades ſehr verſtaͤrkt, oder das was ihm zum Gegengewicht diente gehoben wird; aber richtiger als alle dieſe ſinnliche Bilder iſt wohl der in der Herz- bergiſchen Abhandlung S. 9. feſtgeſetzte Begriff. c) Die Geſchichte des Gleichgewichts in Europa findet ſich in Schmaußens Einleitung in die Staatswiſſenſchaft im 1ſten Theil und Hertzberg a. a. O. §. 8. d) Guͤnther europ. Voͤlkerrecht Th. I. S. 346. u. f. Ade- lung Staatsgeſchichte Th. I. S. 337. u. f. Daß es uͤbrigens Staaten gebe, die nach ihrer politiſchen Unwichtigkeit, nach ih- rer Lage u. ſ. f. nicht Urſache haben auf die Erhaltung des Gleichgewichts fortdaurend ſchwere Koſten zu verwenden, kann dem Verf. der patriotiſchen Gedanken eines Daͤnen uͤber ſtehende Heere eingeraͤumt werden. §. 120. Gleichgewicht in einzelnen Theilen. Eben dieſe Grundſaͤtze treten auch in Anſehung der Gleich-
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Viertes Buch. Erſtes Hauptſtuͤck.
oͤfter und ernſtlicher an Herſtellung und Erhaltung des
Gleichgewichts gearbeitet hat, als ſeit dem Anfange dieſes
Jahrhunderts Großbritannien, und ſpaͤterhin Preußen ge-
than, gleichwohl die mehreſten europaͤiſchen Maͤchte noch
jetzt auf die Erhaltung des Gleichgewichts als auf ein ih-
nen zuſtehendes Recht ſich berufen d).
a⁾ Hertzberg l. c. p. 8. C. G. Heyne progr. de foederum ad Ro-
manorum opes imminuendas initorum euentis eorumque cauſis. Got-
tingae 1785. fol.
b⁾ In den fruͤheren Zeiten war das ſinnliche Bild einer Waag-
ſchale, die durch das Anhaͤngen dritter Maͤchte an eine dieſer
Schalen, an Frankreich oder Oeſterreich, im Gleichgewicht erhal-
ten wuͤrde, nicht ganz unpaſſend. Jetzt iſt dieß Bild voͤllig
verwerflich; man koͤnnte ehe Europa mit einer ſehr zuſammen-
geſetzten Maſchine vergleichen, die in Gefahr iſt zerruͤttet zu wer-
den, wenn die Kraft eines Haupttriebrades ſehr verſtaͤrkt, oder
das was ihm zum Gegengewicht diente gehoben wird; aber
richtiger als alle dieſe ſinnliche Bilder iſt wohl der in der Herz-
bergiſchen Abhandlung S. 9. feſtgeſetzte Begriff.
c⁾ Die Geſchichte des Gleichgewichts in Europa findet ſich in
Schmaußens Einleitung in die Staatswiſſenſchaft im
1ſten Theil und Hertzberg a. a. O. §. 8.
d⁾ Guͤnther europ. Voͤlkerrecht Th. I. S. 346. u. f. Ade-
lung Staatsgeſchichte Th. I. S. 337. u. f. Daß es uͤbrigens
Staaten gebe, die nach ihrer politiſchen Unwichtigkeit, nach ih-
rer Lage u. ſ. f. nicht Urſache haben auf die Erhaltung des
Gleichgewichts fortdaurend ſchwere Koſten zu verwenden, kann
dem Verf. der patriotiſchen Gedanken eines Daͤnen uͤber ſtehende
Heere eingeraͤumt werden.
§. 120.
Gleichgewicht in einzelnen Theilen.
Eben dieſe Grundſaͤtze treten auch in Anſehung der
Erhaltung des beſondren Gleichgewichts zwiſchen Bewoh-
nern eines gewiſſen Theils von Europa, zwiſchen oͤſtlichen,
weſtlichen, ſuͤdlichen oder nordiſchen a) Maͤchten insbe-
ſondere, in Anſehung eines Gleichgewichts in Italien b),
in Teutſchland c) ein. Auch von der Erhaltung eines
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