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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Vorbericht.
gen äußeren Völkerrecht nicht entgegen sind, ein
Bündniß der übrigen für rechtmäßig gehalten werden,
sich gemeinschaftlich diesem Gebrauch mit Gewalt
entgegen zu setzen?

So mag immerhin der Satz den Gregoire
art. 14 vorträgt: le banissement pour crime est une
violation indirecte du territoire etranger
sehr schein-
bar, und dessen Befolgung insbesondere für Teutsch-
land wünschenswürdig seyn, aber man frage manchen,
insonderheit der kleinen Stände in Teutschland, ob
er auch ausführbar sey, und die Antwort wird schwer-
lich bejahend ausfallen.

Es zeigt sich ferner, daß auch gerecht und billig
dankenden Staaten die Einwilligung in allgemeine
Sätze eines willkührlichen Völkerrechts schon um
deswillen oft sehr mißlich scheinen müßte, weil sich
nicht voraus sehen läßt, wie nachtheilig diese Sätze
künftig einmal ihrem eigenen Interesse werden könn-
ten, so scheinbar auch die augenblicklichen Vortheile
desselben seyn möchten. So wäre es zwar in mancher
Rücksicht gut, wenn in Angelegenheiten der Völker
künftig die exceptio praescriptionis mit eben dem
Nachdruck als in Händel der Privatpersonen in vim
litis ingressum impediendi
entgegen gesetzt, und zu
dem Ende die Zeit und übrige Erfordernisse der Ver-
jährung durch einen allgemeinen Vertrag festgesetzt
werden könnten. Aber welche Macht wird unvor-
sichtig sich in eine willkührliche Bestimmung einlassen,
von der sie nicht voraussehn kann, wie sie künftig
einmal zu ihrem größesten Nachtheil gereichen könnte;
was gewinnt man hingegen wenn mit der declaration

du

Vorbericht.
gen aͤußeren Voͤlkerrecht nicht entgegen ſind, ein
Buͤndniß der uͤbrigen fuͤr rechtmaͤßig gehalten werden,
ſich gemeinſchaftlich dieſem Gebrauch mit Gewalt
entgegen zu ſetzen?

So mag immerhin der Satz den Gregoire
art. 14 vortraͤgt: le baniſſement pour crime eſt une
violation indirecte du territoire étranger
ſehr ſchein-
bar, und deſſen Befolgung insbeſondere fuͤr Teutſch-
land wuͤnſchenswuͤrdig ſeyn, aber man frage manchen,
inſonderheit der kleinen Staͤnde in Teutſchland, ob
er auch ausfuͤhrbar ſey, und die Antwort wird ſchwer-
lich bejahend ausfallen.

Es zeigt ſich ferner, daß auch gerecht und billig
dankenden Staaten die Einwilligung in allgemeine
Saͤtze eines willkuͤhrlichen Voͤlkerrechts ſchon um
deswillen oft ſehr mißlich ſcheinen muͤßte, weil ſich
nicht voraus ſehen laͤßt, wie nachtheilig dieſe Saͤtze
kuͤnftig einmal ihrem eigenen Intereſſe werden koͤnn-
ten, ſo ſcheinbar auch die augenblicklichen Vortheile
deſſelben ſeyn moͤchten. So waͤre es zwar in mancher
Ruͤckſicht gut, wenn in Angelegenheiten der Voͤlker
kuͤnftig die exceptio praeſcriptionis mit eben dem
Nachdruck als in Haͤndel der Privatperſonen in vim
litis ingreſſum impediendi
entgegen geſetzt, und zu
dem Ende die Zeit und uͤbrige Erforderniſſe der Ver-
jaͤhrung durch einen allgemeinen Vertrag feſtgeſetzt
werden koͤnnten. Aber welche Macht wird unvor-
ſichtig ſich in eine willkuͤhrliche Beſtimmung einlaſſen,
von der ſie nicht vorausſehn kann, wie ſie kuͤnftig
einmal zu ihrem groͤßeſten Nachtheil gereichen koͤnnte;
was gewinnt man hingegen wenn mit der déclaration

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[XIII/0017] Vorbericht. gen aͤußeren Voͤlkerrecht nicht entgegen ſind, ein Buͤndniß der uͤbrigen fuͤr rechtmaͤßig gehalten werden, ſich gemeinſchaftlich dieſem Gebrauch mit Gewalt entgegen zu ſetzen? So mag immerhin der Satz den Gregoire art. 14 vortraͤgt: le baniſſement pour crime eſt une violation indirecte du territoire étranger ſehr ſchein- bar, und deſſen Befolgung insbeſondere fuͤr Teutſch- land wuͤnſchenswuͤrdig ſeyn, aber man frage manchen, inſonderheit der kleinen Staͤnde in Teutſchland, ob er auch ausfuͤhrbar ſey, und die Antwort wird ſchwer- lich bejahend ausfallen. Es zeigt ſich ferner, daß auch gerecht und billig dankenden Staaten die Einwilligung in allgemeine Saͤtze eines willkuͤhrlichen Voͤlkerrechts ſchon um deswillen oft ſehr mißlich ſcheinen muͤßte, weil ſich nicht voraus ſehen laͤßt, wie nachtheilig dieſe Saͤtze kuͤnftig einmal ihrem eigenen Intereſſe werden koͤnn- ten, ſo ſcheinbar auch die augenblicklichen Vortheile deſſelben ſeyn moͤchten. So waͤre es zwar in mancher Ruͤckſicht gut, wenn in Angelegenheiten der Voͤlker kuͤnftig die exceptio praeſcriptionis mit eben dem Nachdruck als in Haͤndel der Privatperſonen in vim litis ingreſſum impediendi entgegen geſetzt, und zu dem Ende die Zeit und uͤbrige Erforderniſſe der Ver- jaͤhrung durch einen allgemeinen Vertrag feſtgeſetzt werden koͤnnten. Aber welche Macht wird unvor- ſichtig ſich in eine willkuͤhrliche Beſtimmung einlaſſen, von der ſie nicht vorausſehn kann, wie ſie kuͤnftig einmal zu ihrem groͤßeſten Nachtheil gereichen koͤnnte; was gewinnt man hingegen wenn mit der déclaration du

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/17>, abgerufen am 23.11.2024.