Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Rechte d. Völker in Ans. d. einzelnen Hoheitsrechte.
dessen Unterthanen betrift c). Auch kann nicht jedes frey-
müthige Urtheil eines Schriftstellers über die Fehler aus-
wärtiger Staatsverfassungen u. s. f. eine Genugthuung nach
sich ziehn, so lange die Freyheit der Presse nicht zu Libel-
len gemißbraucht wird, in welchen die Ehrerbietung gegen
auswärtige Souveraine, oder die Achtung gegen ihre Un-
terthanen aus den Augen gesetzt wird c).

a) S. z. B. Merc. h. et pol. 1748. T. II. p. 157. Moser Ver-
such
Th. I. S. 292. u. f. Th. VIII. S. 38. u. f. Adelung
Staatshistorie
B III. Th. I. S. 236.
b) S. die Antwort welche Großbritannien an Frankreich auf
dessen Beschwerden über den Chev. (Fräulein) d'Eon de Bau-
mont
. ertheilte Moser Vers. Th. I. S. 292. Beyträge Th. IV.
S. 284, und die sie in einen andren Fall 1770 an Spanien
gab. Moser Versuch Th. VI. S. 80.
c) Ueber die Beschwerden welche desfalls der englische Gesandte
Hailes in Coppenhagen führte. S. Nouv. extr. 1794. n. 27. 31.
47. 52. 53.
§. 78.
Vom Verbot der Auswanderung.

Bey der genauen Verbindung in welcher die Be-
völkerung des Staats mit dem Besten desselben steht, hat
jeder Regent das Recht Sorge zu tragen, daß nicht durch
zu häufige Auswanderungen der Staat entvölkert werde.
Wiefern er aus diesem Grunde befugt sey, die einzelnen Ein-
gebohrnen in ihrer natürlichen Freyheit einzuschränken, sich
auf lange Zeit von dem Staat zu entfernen, oder ihn
ganz zu verlassen, ist der Regel nach aus den Grundsätzen
des allgemeinen a) und besondren b) Staatsrechts, zuweilen
auch aus Verträgen c) zu beurtheilen. Auswärtige Staa-
ten handeln zwar wider das Völkerrecht, wenn sie Unter-
thanen eines andern Landes wider Willen ihres Souverains
zum Auswandern verleiten d), und daher können ihre
Emissarien gestraft werden, aber freywillig Ausgewanderte
aufzunehmen, ist keine Beleidigung des Völkerrechts, so
lange diese sich ruhig gegen ihr Vaterland verhalten.


Ein
G 2

Rechte d. Voͤlker in Anſ. d. einzelnen Hoheitsrechte.
deſſen Unterthanen betrift c). Auch kann nicht jedes frey-
muͤthige Urtheil eines Schriftſtellers uͤber die Fehler aus-
waͤrtiger Staatsverfaſſungen u. ſ. f. eine Genugthuung nach
ſich ziehn, ſo lange die Freyheit der Preſſe nicht zu Libel-
len gemißbraucht wird, in welchen die Ehrerbietung gegen
auswaͤrtige Souveraine, oder die Achtung gegen ihre Un-
terthanen aus den Augen geſetzt wird c).

a) S. z. B. Merc. h. et pol. 1748. T. II. p. 157. Moſer Ver-
ſuch
Th. I. S. 292. u. f. Th. VIII. S. 38. u. f. Adelung
Staatshiſtorie
B III. Th. I. S. 236.
b) S. die Antwort welche Großbritannien an Frankreich auf
deſſen Beſchwerden uͤber den Chev. (Fraͤulein) d’Eon de Bau-
mont
. ertheilte Moſer Verſ. Th. I. S. 292. Beytraͤge Th. IV.
S. 284, und die ſie in einen andren Fall 1770 an Spanien
gab. Moſer Verſuch Th. VI. S. 80.
c) Ueber die Beſchwerden welche desfalls der engliſche Geſandte
Hailes in Coppenhagen fuͤhrte. S. Nouv. extr. 1794. n. 27. 31.
47. 52. 53.
§. 78.
Vom Verbot der Auswanderung.

Bey der genauen Verbindung in welcher die Be-
voͤlkerung des Staats mit dem Beſten deſſelben ſteht, hat
jeder Regent das Recht Sorge zu tragen, daß nicht durch
zu haͤufige Auswanderungen der Staat entvoͤlkert werde.
Wiefern er aus dieſem Grunde befugt ſey, die einzelnen Ein-
gebohrnen in ihrer natuͤrlichen Freyheit einzuſchraͤnken, ſich
auf lange Zeit von dem Staat zu entfernen, oder ihn
ganz zu verlaſſen, iſt der Regel nach aus den Grundſaͤtzen
des allgemeinen a) und beſondren b) Staatsrechts, zuweilen
auch aus Vertraͤgen c) zu beurtheilen. Auswaͤrtige Staa-
ten handeln zwar wider das Voͤlkerrecht, wenn ſie Unter-
thanen eines andern Landes wider Willen ihres Souverains
zum Auswandern verleiten d), und daher koͤnnen ihre
Emiſſarien geſtraft werden, aber freywillig Ausgewanderte
aufzunehmen, iſt keine Beleidigung des Voͤlkerrechts, ſo
lange dieſe ſich ruhig gegen ihr Vaterland verhalten.


Ein
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0127" n="99"/><fw place="top" type="header">Rechte d. Vo&#x0364;lker in An&#x017F;. d. einzelnen Hoheitsrechte.</fw><lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Unterthanen betrift <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>). Auch kann nicht jedes frey-<lb/>
mu&#x0364;thige Urtheil eines Schrift&#x017F;tellers u&#x0364;ber die Fehler aus-<lb/>
wa&#x0364;rtiger Staatsverfa&#x017F;&#x017F;ungen u. &#x017F;. f. eine Genugthuung nach<lb/>
&#x017F;ich ziehn, &#x017F;o lange die Freyheit der Pre&#x017F;&#x017F;e nicht zu Libel-<lb/>
len gemißbraucht wird, in welchen die Ehrerbietung gegen<lb/>
auswa&#x0364;rtige Souveraine, oder die Achtung gegen ihre Un-<lb/>
terthanen aus den Augen ge&#x017F;etzt wird <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>).</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">S. z. B. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Merc. h. et pol</hi>. 1748. T. II. p.</hi> 157. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver-<lb/>
&#x017F;uch</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 292. u. f. Th. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 38. u. f. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Adelung</hi><lb/>
Staatshi&#x017F;torie</hi> B <hi rendition="#aq">III.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 236.</note><lb/>
            <note place="end" n="b)">S. die Antwort welche <hi rendition="#fr">Großbritannien</hi> an <hi rendition="#fr">Frankreich</hi> auf<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;chwerden u&#x0364;ber den Chev. (Fra&#x0364;ulein) <hi rendition="#fr">d&#x2019;Eon de Bau-<lb/>
mont</hi>. ertheilte <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;</hi>. Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 292. <hi rendition="#fr">Beytra&#x0364;ge</hi> Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/>
S. 284, und die &#x017F;ie in einen andren Fall 1770 an <hi rendition="#fr">Spanien</hi><lb/>
gab. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi> Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 80.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">Ueber die Be&#x017F;chwerden welche desfalls der engli&#x017F;che Ge&#x017F;andte<lb/>
Hailes in Coppenhagen fu&#x0364;hrte. S. <hi rendition="#aq">Nouv. extr. 1794. n.</hi> 27. 31.<lb/>
47. 52. 53.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 78.<lb/><hi rendition="#fr">Vom Verbot der Auswanderung</hi>.</head><lb/>
            <p>Bey der genauen Verbindung in welcher die Be-<lb/>
vo&#x0364;lkerung des Staats mit dem Be&#x017F;ten de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;teht, hat<lb/>
jeder Regent das Recht Sorge zu tragen, daß nicht durch<lb/>
zu ha&#x0364;ufige Auswanderungen der Staat entvo&#x0364;lkert werde.<lb/>
Wiefern er aus die&#x017F;em Grunde befugt &#x017F;ey, die einzelnen Ein-<lb/>
gebohrnen in ihrer natu&#x0364;rlichen Freyheit einzu&#x017F;chra&#x0364;nken, &#x017F;ich<lb/>
auf lange Zeit von dem Staat zu entfernen, oder ihn<lb/>
ganz zu verla&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t der Regel nach aus den Grund&#x017F;a&#x0364;tzen<lb/>
des allgemeinen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) und be&#x017F;ondren <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>) Staatsrechts, zuweilen<lb/>
auch aus Vertra&#x0364;gen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>) zu beurtheilen. Auswa&#x0364;rtige Staa-<lb/>
ten handeln zwar wider das Vo&#x0364;lkerrecht, wenn &#x017F;ie Unter-<lb/>
thanen eines andern Landes wider Willen ihres Souverains<lb/>
zum Auswandern verleiten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>), und daher ko&#x0364;nnen ihre<lb/>
Emi&#x017F;&#x017F;arien ge&#x017F;traft werden, aber freywillig Ausgewanderte<lb/>
aufzunehmen, i&#x017F;t keine Beleidigung des Vo&#x0364;lkerrechts, &#x017F;o<lb/>
lange die&#x017F;e &#x017F;ich ruhig gegen ihr Vaterland verhalten.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">G 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0127] Rechte d. Voͤlker in Anſ. d. einzelnen Hoheitsrechte. deſſen Unterthanen betrift c). Auch kann nicht jedes frey- muͤthige Urtheil eines Schriftſtellers uͤber die Fehler aus- waͤrtiger Staatsverfaſſungen u. ſ. f. eine Genugthuung nach ſich ziehn, ſo lange die Freyheit der Preſſe nicht zu Libel- len gemißbraucht wird, in welchen die Ehrerbietung gegen auswaͤrtige Souveraine, oder die Achtung gegen ihre Un- terthanen aus den Augen geſetzt wird c). a⁾ S. z. B. Merc. h. et pol. 1748. T. II. p. 157. Moſer Ver- ſuch Th. I. S. 292. u. f. Th. VIII. S. 38. u. f. Adelung Staatshiſtorie B III. Th. I. S. 236. b⁾ S. die Antwort welche Großbritannien an Frankreich auf deſſen Beſchwerden uͤber den Chev. (Fraͤulein) d’Eon de Bau- mont. ertheilte Moſer Verſ. Th. I. S. 292. Beytraͤge Th. IV. S. 284, und die ſie in einen andren Fall 1770 an Spanien gab. Moſer Verſuch Th. VI. S. 80. c⁾ Ueber die Beſchwerden welche desfalls der engliſche Geſandte Hailes in Coppenhagen fuͤhrte. S. Nouv. extr. 1794. n. 27. 31. 47. 52. 53. §. 78. Vom Verbot der Auswanderung. Bey der genauen Verbindung in welcher die Be- voͤlkerung des Staats mit dem Beſten deſſelben ſteht, hat jeder Regent das Recht Sorge zu tragen, daß nicht durch zu haͤufige Auswanderungen der Staat entvoͤlkert werde. Wiefern er aus dieſem Grunde befugt ſey, die einzelnen Ein- gebohrnen in ihrer natuͤrlichen Freyheit einzuſchraͤnken, ſich auf lange Zeit von dem Staat zu entfernen, oder ihn ganz zu verlaſſen, iſt der Regel nach aus den Grundſaͤtzen des allgemeinen a) und beſondren b) Staatsrechts, zuweilen auch aus Vertraͤgen c) zu beurtheilen. Auswaͤrtige Staa- ten handeln zwar wider das Voͤlkerrecht, wenn ſie Unter- thanen eines andern Landes wider Willen ihres Souverains zum Auswandern verleiten d), und daher koͤnnen ihre Emiſſarien geſtraft werden, aber freywillig Ausgewanderte aufzunehmen, iſt keine Beleidigung des Voͤlkerrechts, ſo lange dieſe ſich ruhig gegen ihr Vaterland verhalten. Ein G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/127
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/127>, abgerufen am 03.12.2024.