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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Vorbericht.
tivi gedenkt, so wird man schon Schwierigkeiten
gewahr, die nicht leicht zu überwinden sind, und sieht
wenigstens bald, daß es mit einem Entwurf der
Grundsätze des natürlichen Völkerrechts, wie der
des Deputirten Gregoire seyn soll, nicht gethan sey.

Nicht die Wiederholung unbezweifelter Grund-
sätze des allgemeinen Völkerrechts ist es, von der
sich erhebliche Wirkungen erwarten lassen, und welche
die Mühe belohnte die Völker zu einem übereinstim-
menden Vertrage zu vermögen. Wenn daher die
declaration du droit des gens folgende Sätze enthält:
art. 1. les peuples sont entre eux dans l'etat de
nature; ils ont pour lien la morale universelle;
art. 2. les peuples sont respectivement independans
et souverains, quel que soit le nombre d'individus
qui le composent et l'etendue du territoire qu'ils
occupent; art. 6. chaque peuple a droit d'organiser
et de changer les formes de son gouvernement;
art. 10. chaque peuple est maitre de son territoire;
art. 17. un peuple peut entreprendre la guerre
pour defendre sa souverainete, sa liberte, sa pro-
priete; art. 21. les traites entre les peuples sont
sacres et inviolables,
so sind das alles zwar sehr
wahre, aber auch eben so unbestrittene Sätze, von
denen die Erfahrung überzeugend gelehret hat, wie
sie alle theoretisch eingeräumt werden, und dabey
gleichwohl alles mögliche Böse geschehn können, was
Völker einander wider ihre ursprünglichen oder er-
worbenenen Rechte zufügen möchten. Solche Sätze
können daher nur in sofern hier eine Stelle verdie-
nen, als aus selbigen andere, die minder anerkannt
find, mit Bestand gefolgert werden mögen.


Es

Vorbericht.
tivi gedenkt, ſo wird man ſchon Schwierigkeiten
gewahr, die nicht leicht zu uͤberwinden ſind, und ſieht
wenigſtens bald, daß es mit einem Entwurf der
Grundſaͤtze des natuͤrlichen Voͤlkerrechts, wie der
des Deputirten Gregoire ſeyn ſoll, nicht gethan ſey.

Nicht die Wiederholung unbezweifelter Grund-
ſaͤtze des allgemeinen Voͤlkerrechts iſt es, von der
ſich erhebliche Wirkungen erwarten laſſen, und welche
die Muͤhe belohnte die Voͤlker zu einem uͤbereinſtim-
menden Vertrage zu vermoͤgen. Wenn daher die
declaration du droit des gens folgende Saͤtze enthaͤlt:
art. 1. les peuples ſont entre eux dans l’état de
nature; ils ont pour lien la morale univerſelle;
art. 2. les peuples ſont reſpectivement independans
et ſouverains, quel que ſoit le nombre d’individus
qui le compoſent et l’étendue du territoire qu’ils
occupent; art. 6. chaque peuple a droit d’organiſer
et de changer les formes de ſon gouvernement;
art. 10. chaque peuple eſt maitre de ſon territoire;
art. 17. un peuple peut entreprendre la guerre
pour defendre ſa ſouveraineté, ſa liberté, ſa pro-
prieté; art. 21. les traités entre les peuples ſont
ſacrés et inviolables,
ſo ſind das alles zwar ſehr
wahre, aber auch eben ſo unbeſtrittene Saͤtze, von
denen die Erfahrung uͤberzeugend gelehret hat, wie
ſie alle theoretiſch eingeraͤumt werden, und dabey
gleichwohl alles moͤgliche Boͤſe geſchehn koͤnnen, was
Voͤlker einander wider ihre urſpruͤnglichen oder er-
worbenenen Rechte zufuͤgen moͤchten. Solche Saͤtze
koͤnnen daher nur in ſofern hier eine Stelle verdie-
nen, als aus ſelbigen andere, die minder anerkannt
find, mit Beſtand gefolgert werden moͤgen.


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[VIII/0012] Vorbericht. tivi gedenkt, ſo wird man ſchon Schwierigkeiten gewahr, die nicht leicht zu uͤberwinden ſind, und ſieht wenigſtens bald, daß es mit einem Entwurf der Grundſaͤtze des natuͤrlichen Voͤlkerrechts, wie der des Deputirten Gregoire ſeyn ſoll, nicht gethan ſey. Nicht die Wiederholung unbezweifelter Grund- ſaͤtze des allgemeinen Voͤlkerrechts iſt es, von der ſich erhebliche Wirkungen erwarten laſſen, und welche die Muͤhe belohnte die Voͤlker zu einem uͤbereinſtim- menden Vertrage zu vermoͤgen. Wenn daher die declaration du droit des gens folgende Saͤtze enthaͤlt: art. 1. les peuples ſont entre eux dans l’état de nature; ils ont pour lien la morale univerſelle; art. 2. les peuples ſont reſpectivement independans et ſouverains, quel que ſoit le nombre d’individus qui le compoſent et l’étendue du territoire qu’ils occupent; art. 6. chaque peuple a droit d’organiſer et de changer les formes de ſon gouvernement; art. 10. chaque peuple eſt maitre de ſon territoire; art. 17. un peuple peut entreprendre la guerre pour defendre ſa ſouveraineté, ſa liberté, ſa pro- prieté; art. 21. les traités entre les peuples ſont ſacrés et inviolables, ſo ſind das alles zwar ſehr wahre, aber auch eben ſo unbeſtrittene Saͤtze, von denen die Erfahrung uͤberzeugend gelehret hat, wie ſie alle theoretiſch eingeraͤumt werden, und dabey gleichwohl alles moͤgliche Boͤſe geſchehn koͤnnen, was Voͤlker einander wider ihre urſpruͤnglichen oder er- worbenenen Rechte zufuͤgen moͤchten. Solche Saͤtze koͤnnen daher nur in ſofern hier eine Stelle verdie- nen, als aus ſelbigen andere, die minder anerkannt find, mit Beſtand gefolgert werden moͤgen. Es

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/12>, abgerufen am 23.11.2024.