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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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daß der Kirnberg. Grundbaß kein Grundbaß ist.
secution vermuthlich die Hauptgrundharmonie von dem Sex-
tenaccord c e a und dem Dreyklang g h d seyn. Fig. 73. Schauet
auf und urtheilet, ihr Meister der Kunst, die ihr Gefühl von
Harmonie habt, und für welche der Hr. Kirnberger seinen
Grundbaß erfunden hat! Sollte sich wohl der unsterbliche
Joh. Seb. Bach in dieser Lehre erkennen?

§. 309.

Erste Fortsetzung der Kirnbergerschen Grundbässe.
4) der Septimenaccord d f a c wird zum Grundaccord des Sex-
tenaccords a c f gemachet. Fig. 74. 5) Der Septimenaccord
d f a c wird zum Grundaccord des Dreyklangs f a c gemacht.
Fig. 75. 6) So wie vorhin dissonirende Sätze zu Grundac-
corden von consonirenden gemachet wurden, so werden nun-
mehr consonirende Accorde zu Grundaccorden von dissoniren-
den Sätzen, und damit alles beysammen seyn möge, vermittelst
eines alla stretta, zu gleicher Zeit wiederum dissonirende Sätze
zu Grundac orden von consonirenden Sätzen gemacht. Man
sehe Fig. 76. Dieses widerspricht nun zwar schnurstracks den
sowohl in der Kunst etc. als in den Grundsätzen befindlichen
Tabellen. Es kann doch aber nur eines wahr seyn. Entwe-
der ist der harmonische Dreyklang der Grundaccord jedes Sex-
ten- und Sextquartenaccordes, oder er ist es nicht, und eben
so ist der Septimenaccord entweder der Grundaccord jedes
Quintsexten-Terzquarten- und Secundenaccords, oder er ist
es nicht. Jn dem leztern Falle ist alles, was zum Anfange
der Grundsätze etc. und der Kunst etc. in Absicht auf die Ab-
stammung der Accorde gelehret worden, falsch, und in dem
erstern sind alle Kirnbergerschen Grundbässe, welche mit dieser
Lehre nicht übereinkommen, falsch. -- Doch vielleicht hat
der Hr. Kirnberger nur die Musiker auf die Probe stellen wol-
len, ob sie die Art zu erklären wissen, nach welcher man viel-
leicht zuerst auf solche Consecutionen gekommen ist. Wenn
solches nun nicht durch die Aufhaltung geschehen seyn kann,
so hat unstreitig die Anticipation des regulären Durch-
gangs
dazu Gelegenheit gegeben, und um sich dieses begreif-
lich zu machen, brauchet man nur Fig. 77. und 76. gegen ein-
ander zu vergleichen. So gewiß nun der wahre Grundbaß

der

daß der Kirnberg. Grundbaß kein Grundbaß iſt.
ſecution vermuthlich die Hauptgrundharmonie von dem Sex-
tenaccord c e a und dem Dreyklang g h d ſeyn. Fig. 73. Schauet
auf und urtheilet, ihr Meiſter der Kunſt, die ihr Gefuͤhl von
Harmonie habt, und fuͤr welche der Hr. Kirnberger ſeinen
Grundbaß erfunden hat! Sollte ſich wohl der unſterbliche
Joh. Seb. Bach in dieſer Lehre erkennen?

§. 309.

Erſte Fortſetzung der Kirnbergerſchen Grundbaͤſſe.
4) der Septimenaccord d f a c wird zum Grundaccord des Sex-
tenaccords a c f gemachet. Fig. 74. 5) Der Septimenaccord
d f a c wird zum Grundaccord des Dreyklangs f a c gemacht.
Fig. 75. 6) So wie vorhin diſſonirende Saͤtze zu Grundac-
corden von conſonirenden gemachet wurden, ſo werden nun-
mehr conſonirende Accorde zu Grundaccorden von diſſoniren-
den Saͤtzen, und damit alles beyſammen ſeyn moͤge, vermittelſt
eines alla ſtretta, zu gleicher Zeit wiederum diſſonirende Saͤtze
zu Grundac orden von conſonirenden Saͤtzen gemacht. Man
ſehe Fig. 76. Dieſes widerſpricht nun zwar ſchnurſtracks den
ſowohl in der Kunſt ꝛc. als in den Grundſaͤtzen befindlichen
Tabellen. Es kann doch aber nur eines wahr ſeyn. Entwe-
der iſt der harmoniſche Dreyklang der Grundaccord jedes Sex-
ten- und Sextquartenaccordes, oder er iſt es nicht, und eben
ſo iſt der Septimenaccord entweder der Grundaccord jedes
Quintſexten-Terzquarten- und Secundenaccords, oder er iſt
es nicht. Jn dem leztern Falle iſt alles, was zum Anfange
der Grundſaͤtze ꝛc. und der Kunſt ꝛc. in Abſicht auf die Ab-
ſtammung der Accorde gelehret worden, falſch, und in dem
erſtern ſind alle Kirnbergerſchen Grundbaͤſſe, welche mit dieſer
Lehre nicht uͤbereinkommen, falſch. — Doch vielleicht hat
der Hr. Kirnberger nur die Muſiker auf die Probe ſtellen wol-
len, ob ſie die Art zu erklaͤren wiſſen, nach welcher man viel-
leicht zuerſt auf ſolche Conſecutionen gekommen iſt. Wenn
ſolches nun nicht durch die Aufhaltung geſchehen ſeyn kann,
ſo hat unſtreitig die Anticipation des regulaͤren Durch-
gangs
dazu Gelegenheit gegeben, und um ſich dieſes begreif-
lich zu machen, brauchet man nur Fig. 77. und 76. gegen ein-
ander zu vergleichen. So gewiß nun der wahre Grundbaß

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[283/0303] daß der Kirnberg. Grundbaß kein Grundbaß iſt. ſecution vermuthlich die Hauptgrundharmonie von dem Sex- tenaccord c e a und dem Dreyklang g h d ſeyn. Fig. 73. Schauet auf und urtheilet, ihr Meiſter der Kunſt, die ihr Gefuͤhl von Harmonie habt, und fuͤr welche der Hr. Kirnberger ſeinen Grundbaß erfunden hat! Sollte ſich wohl der unſterbliche Joh. Seb. Bach in dieſer Lehre erkennen? §. 309. Erſte Fortſetzung der Kirnbergerſchen Grundbaͤſſe. 4) der Septimenaccord d f a c wird zum Grundaccord des Sex- tenaccords a c f gemachet. Fig. 74. 5) Der Septimenaccord d f a c wird zum Grundaccord des Dreyklangs f a c gemacht. Fig. 75. 6) So wie vorhin diſſonirende Saͤtze zu Grundac- corden von conſonirenden gemachet wurden, ſo werden nun- mehr conſonirende Accorde zu Grundaccorden von diſſoniren- den Saͤtzen, und damit alles beyſammen ſeyn moͤge, vermittelſt eines alla ſtretta, zu gleicher Zeit wiederum diſſonirende Saͤtze zu Grundac orden von conſonirenden Saͤtzen gemacht. Man ſehe Fig. 76. Dieſes widerſpricht nun zwar ſchnurſtracks den ſowohl in der Kunſt ꝛc. als in den Grundſaͤtzen befindlichen Tabellen. Es kann doch aber nur eines wahr ſeyn. Entwe- der iſt der harmoniſche Dreyklang der Grundaccord jedes Sex- ten- und Sextquartenaccordes, oder er iſt es nicht, und eben ſo iſt der Septimenaccord entweder der Grundaccord jedes Quintſexten-Terzquarten- und Secundenaccords, oder er iſt es nicht. Jn dem leztern Falle iſt alles, was zum Anfange der Grundſaͤtze ꝛc. und der Kunſt ꝛc. in Abſicht auf die Ab- ſtammung der Accorde gelehret worden, falſch, und in dem erſtern ſind alle Kirnbergerſchen Grundbaͤſſe, welche mit dieſer Lehre nicht uͤbereinkommen, falſch. — Doch vielleicht hat der Hr. Kirnberger nur die Muſiker auf die Probe ſtellen wol- len, ob ſie die Art zu erklaͤren wiſſen, nach welcher man viel- leicht zuerſt auf ſolche Conſecutionen gekommen iſt. Wenn ſolches nun nicht durch die Aufhaltung geſchehen ſeyn kann, ſo hat unſtreitig die Anticipation des regulaͤren Durch- gangs dazu Gelegenheit gegeben, und um ſich dieſes begreif- lich zu machen, brauchet man nur Fig. 77. und 76. gegen ein- ander zu vergleichen. So gewiß nun der wahre Grundbaß der

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/303>, abgerufen am 23.11.2024.