"fast durch und durch lauter solche principia & funda- "menta styli theatralis gezeiget, die den meisten an- "noch unbekannt sind, davon in keinem Auctore "etwas zu finden ist, und die gleichwohl einem heutigen "Componisten ganz unentbährliche Dinge sind."
Anmerkung.
Als etwas besonders kann man anmerken, daß der Hr. Capellm. Heinichen unter den Deutschen zu allererst, (und nicht der Hr. Sorge, wie ich in der ersten Edition meines Handbuchs etc. von 1755 irrig. angegeben habe,) die Umkehrungen gewisser die Octave übersteigenden zusammengesetzten Accorde versuchet hat, wie aus seinem Generalbaß vom Jahre 1728, von Seite 206 an, erhellet. Er wollte zeigen, daß man weiter gehen könnte, als der Hr. Rameau, welcher z. E. von keiner Um- kehrung des Nonenaccords wissen will.
§. 295.
Von des Herrn David Kellners treulichem Unterricht im Generalbaß ist bekannt, daß die allererste Edition desselben im Jahre 1732, und also zehn Jahre später, als das Werk des Hrn. Rameau, und vier Jahre später, als das Werk des Hrn. Heinichen, herausgekommen ist. Er führet den leztern verschiedentlich an. Also möchte auch wohl dieser Auctor für den Verfasser des Artikels vom Fundamentalbaß keine Brust- wehre leisten können.
§. 296.
Jch gehe weiter und finde, daß das Wort Fundamen- tal oder Grundbaß vor den Zeiten des Rameau nicht ein- mal in dem Verstande genommen worden, als es von demsel- ben genommen wird. Walther, welcher nicht allein eine an- sehnliche Sammlung von musikalischen Schriften in verschied- nen Sprachen besaß, sondern sie auch verstand, und im Jahre 1732 sein musikalisches Lexicon edirte, schreibet in selbigem: "Fundamentum ist überhaupt jede Partie, welche den Baß "führet," (da wird der Baß dem Tenor, Alt und Sopran entgegengesetzet,)" insonderheit aber der Generalbaß, weil "dieser nebst den Grundnoten," (das ist den im Sing- oder Spielbaß enthaltnen Tönen,) "auch zugleich die Harmonie
"mit
Anhang ꝛc. Vierter Abſchnitt. Zur Berichtigung
„faſt durch und durch lauter ſolche principia & funda- „menta ſtyli theatralis gezeiget, die den meiſten an- „noch unbekannt ſind, davon in keinem Auctore „etwas zu finden iſt, und die gleichwohl einem heutigen „Componiſten ganz unentbaͤhrliche Dinge ſind.‟
Anmerkung.
Als etwas beſonders kann man anmerken, daß der Hr. Capellm. Heinichen unter den Deutſchen zu allererſt, (und nicht der Hr. Sorge, wie ich in der erſten Edition meines Handbuchs ꝛc. von 1755 irrig. angegeben habe,) die Umkehrungen gewiſſer die Octave uͤberſteigenden zuſammengeſetzten Accorde verſuchet hat, wie aus ſeinem Generalbaß vom Jahre 1728, von Seite 206 an, erhellet. Er wollte zeigen, daß man weiter gehen koͤnnte, als der Hr. Rameau, welcher z. E. von keiner Um- kehrung des Nonenaccords wiſſen will.
§. 295.
Von des Herrn David Kellners treulichem Unterricht im Generalbaß iſt bekannt, daß die allererſte Edition deſſelben im Jahre 1732, und alſo zehn Jahre ſpaͤter, als das Werk des Hrn. Rameau, und vier Jahre ſpaͤter, als das Werk des Hrn. Heinichen, herausgekommen iſt. Er fuͤhret den leztern verſchiedentlich an. Alſo moͤchte auch wohl dieſer Auctor fuͤr den Verfaſſer des Artikels vom Fundamentalbaß keine Bruſt- wehre leiſten koͤnnen.
§. 296.
Jch gehe weiter und finde, daß das Wort Fundamen- tal oder Grundbaß vor den Zeiten des Rameau nicht ein- mal in dem Verſtande genommen worden, als es von demſel- ben genommen wird. Walther, welcher nicht allein eine an- ſehnliche Sammlung von muſikaliſchen Schriften in verſchied- nen Sprachen beſaß, ſondern ſie auch verſtand, und im Jahre 1732 ſein muſikaliſches Lexicon edirte, ſchreibet in ſelbigem: „Fundamentum iſt uͤberhaupt jede Partie, welche den Baß „fuͤhret,‟ (da wird der Baß dem Tenor, Alt und Sopran entgegengeſetzet,)‟ inſonderheit aber der Generalbaß, weil „dieſer nebſt den Grundnoten,‟ (das iſt den im Sing- oder Spielbaß enthaltnen Toͤnen,) „auch zugleich die Harmonie
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Anhang ꝛc. Vierter Abſchnitt. Zur Berichtigung
„faſt durch und durch lauter ſolche principia & funda-
„menta ſtyli theatralis gezeiget, die den meiſten an-
„noch unbekannt ſind, davon in keinem Auctore
„etwas zu finden iſt, und die gleichwohl einem heutigen
„Componiſten ganz unentbaͤhrliche Dinge ſind.‟
Anmerkung.
Als etwas beſonders kann man anmerken, daß der Hr. Capellm.
Heinichen unter den Deutſchen zu allererſt, (und nicht der
Hr. Sorge, wie ich in der erſten Edition meines Handbuchs ꝛc.
von 1755 irrig. angegeben habe,) die Umkehrungen gewiſſer
die Octave uͤberſteigenden zuſammengeſetzten Accorde verſuchet
hat, wie aus ſeinem Generalbaß vom Jahre 1728, von Seite
206 an, erhellet. Er wollte zeigen, daß man weiter gehen
koͤnnte, als der Hr. Rameau, welcher z. E. von keiner Um-
kehrung des Nonenaccords wiſſen will.
§. 295.
Von des Herrn David Kellners treulichem Unterricht
im Generalbaß iſt bekannt, daß die allererſte Edition deſſelben
im Jahre 1732, und alſo zehn Jahre ſpaͤter, als das Werk
des Hrn. Rameau, und vier Jahre ſpaͤter, als das Werk des
Hrn. Heinichen, herausgekommen iſt. Er fuͤhret den leztern
verſchiedentlich an. Alſo moͤchte auch wohl dieſer Auctor fuͤr
den Verfaſſer des Artikels vom Fundamentalbaß keine Bruſt-
wehre leiſten koͤnnen.
§. 296.
Jch gehe weiter und finde, daß das Wort Fundamen-
tal oder Grundbaß vor den Zeiten des Rameau nicht ein-
mal in dem Verſtande genommen worden, als es von demſel-
ben genommen wird. Walther, welcher nicht allein eine an-
ſehnliche Sammlung von muſikaliſchen Schriften in verſchied-
nen Sprachen beſaß, ſondern ſie auch verſtand, und im Jahre
1732 ſein muſikaliſches Lexicon edirte, ſchreibet in ſelbigem:
„Fundamentum iſt uͤberhaupt jede Partie, welche den Baß
„fuͤhret,‟ (da wird der Baß dem Tenor, Alt und Sopran
entgegengeſetzet,)‟ inſonderheit aber der Generalbaß, weil
„dieſer nebſt den Grundnoten,‟ (das iſt den im Sing- oder
Spielbaß enthaltnen Toͤnen,) „auch zugleich die Harmonie
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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/292>, abgerufen am 16.02.2025.
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