g, b aus den beyden Dreyklängen c, e, g und e, g, b besteht.
§. 261.
Jch habe gesagt, daß der Dreyklang und Septimenaccord die Grundaccorde aller nur möglichen Musik sind, und die Ursach ist, weil die Octave die Gränze aller Töne und Jntervalle ist, und folglich ausserhalb dem Umfang der Octave kein Accord gedacht werden kann, welcher sich nicht auf einen innerhalb der Octave enthaltnen Grundaccord zurückführen liesse, wie man in der Folge sehen wird. Da unter den die Octave übersteigenden Accorden verschiedne existiren, welche das Kennzeichen eines Grundaccords haben, nemlich daß sie terzenweise disponiret sind, z. E. der Nonenaccord c, e, gis, h, d, so ist zu merken, daß, da solche Accorde nur dieses ein- zige Kennzeichen, aber nicht zugleich das andere haben, ver- mittelst wessen alle Grundaccorde kleiner als die Octave seyn müssen, sie zwar als Grundaccorde, aber nur vom zweyten Rang, angesehen werden können. Wenn man also schlecht- weg von Grundaccorden oder bestimmt von Grundaccor- den ersten Rangs spricht, so verstehet man allezeit entweder den Dreyklang oder Septimenaccord, als auf welche alle die Octave übersteigenden Accorde zurücke geführet werden können. Diese leztern, d. i. die den Umfang der Octave übersteigenden Accorde aber sind nur in soweit Grundaccorde, als sie umge- kehrt werden können; denn ohne diesen Umstand brauchten sie gar nicht durch die Benennung von Grundaccorden characte- risiret zu werden. Die Folge wird dieses deutlicher machen. Jn so ferne man den Dreyklang und Septimenaccord einfa- che Accorde nennet, ohne darauf Acht zu haben, daß der Septimenaccord aus zwey Dreyklängen besteht, können die den Umfang der Octave übersteigenden Accorde auch zusam- mengesetzte Accorde genennet werden, so wie solches in der Folge geschehen wird.
§. 262.
Wenn die harmonische Substanz eines Tonstücks in einer Folge von vermischten Accorden dargeleget wird, deren Be-
schaffenheit
Q 3
Kurzer Begriff der Lehre vom Grundbaß.
g, b aus den beyden Dreyklaͤngen c, e, g und e, g, b beſteht.
§. 261.
Jch habe geſagt, daß der Dreyklang und Septimenaccord die Grundaccorde aller nur moͤglichen Muſik ſind, und die Urſach iſt, weil die Octave die Graͤnze aller Toͤne und Jntervalle iſt, und folglich auſſerhalb dem Umfang der Octave kein Accord gedacht werden kann, welcher ſich nicht auf einen innerhalb der Octave enthaltnen Grundaccord zuruͤckfuͤhren lieſſe, wie man in der Folge ſehen wird. Da unter den die Octave uͤberſteigenden Accorden verſchiedne exiſtiren, welche das Kennzeichen eines Grundaccords haben, nemlich daß ſie terzenweiſe diſponiret ſind, z. E. der Nonenaccord c, e, gis, h, d, ſo iſt zu merken, daß, da ſolche Accorde nur dieſes ein- zige Kennzeichen, aber nicht zugleich das andere haben, ver- mittelſt weſſen alle Grundaccorde kleiner als die Octave ſeyn muͤſſen, ſie zwar als Grundaccorde, aber nur vom zweyten Rang, angeſehen werden koͤnnen. Wenn man alſo ſchlecht- weg von Grundaccorden oder beſtimmt von Grundaccor- den erſten Rangs ſpricht, ſo verſtehet man allezeit entweder den Dreyklang oder Septimenaccord, als auf welche alle die Octave uͤberſteigenden Accorde zuruͤcke gefuͤhret werden koͤnnen. Dieſe leztern, d. i. die den Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde aber ſind nur in ſoweit Grundaccorde, als ſie umge- kehrt werden koͤnnen; denn ohne dieſen Umſtand brauchten ſie gar nicht durch die Benennung von Grundaccorden characte- riſiret zu werden. Die Folge wird dieſes deutlicher machen. Jn ſo ferne man den Dreyklang und Septimenaccord einfa- che Accorde nennet, ohne darauf Acht zu haben, daß der Septimenaccord aus zwey Dreyklaͤngen beſteht, koͤnnen die den Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde auch zuſam- mengeſetzte Accorde genennet werden, ſo wie ſolches in der Folge geſchehen wird.
§. 262.
Wenn die harmoniſche Subſtanz eines Tonſtuͤcks in einer Folge von vermiſchten Accorden dargeleget wird, deren Be-
ſchaffenheit
Q 3
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Kurzer Begriff der Lehre vom Grundbaß.
g, b aus den beyden Dreyklaͤngen c, e, g und e, g, b
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§. 261.
Jch habe geſagt, daß der Dreyklang und Septimenaccord
die Grundaccorde aller nur moͤglichen Muſik ſind, und die
Urſach iſt, weil die Octave die Graͤnze aller Toͤne und
Jntervalle iſt, und folglich auſſerhalb dem Umfang der Octave
kein Accord gedacht werden kann, welcher ſich nicht auf einen
innerhalb der Octave enthaltnen Grundaccord zuruͤckfuͤhren
lieſſe, wie man in der Folge ſehen wird. Da unter den die
Octave uͤberſteigenden Accorden verſchiedne exiſtiren, welche
das Kennzeichen eines Grundaccords haben, nemlich daß ſie
terzenweiſe diſponiret ſind, z. E. der Nonenaccord c, e, gis,
h, d, ſo iſt zu merken, daß, da ſolche Accorde nur dieſes ein-
zige Kennzeichen, aber nicht zugleich das andere haben, ver-
mittelſt weſſen alle Grundaccorde kleiner als die Octave ſeyn
muͤſſen, ſie zwar als Grundaccorde, aber nur vom zweyten
Rang, angeſehen werden koͤnnen. Wenn man alſo ſchlecht-
weg von Grundaccorden oder beſtimmt von Grundaccor-
den erſten Rangs ſpricht, ſo verſtehet man allezeit entweder
den Dreyklang oder Septimenaccord, als auf welche alle die
Octave uͤberſteigenden Accorde zuruͤcke gefuͤhret werden koͤnnen.
Dieſe leztern, d. i. die den Umfang der Octave uͤberſteigenden
Accorde aber ſind nur in ſoweit Grundaccorde, als ſie umge-
kehrt werden koͤnnen; denn ohne dieſen Umſtand brauchten ſie
gar nicht durch die Benennung von Grundaccorden characte-
riſiret zu werden. Die Folge wird dieſes deutlicher machen.
Jn ſo ferne man den Dreyklang und Septimenaccord einfa-
che Accorde nennet, ohne darauf Acht zu haben, daß der
Septimenaccord aus zwey Dreyklaͤngen beſteht, koͤnnen die
den Umfang der Octave uͤberſteigenden Accorde auch zuſam-
mengeſetzte Accorde genennet werden, ſo wie ſolches in der
Folge geſchehen wird.
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Wenn die harmoniſche Subſtanz eines Tonſtuͤcks in einer
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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/265>, abgerufen am 16.02.2025.
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