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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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des Rameau u. Kirnberg. Grundbasses überhaupt.
vom Geschmack, und prüfet sie nach den eigentlichen unver-
änderlichen Regeln der Kunst, und unter diesen hauptsächlich
nach den Regeln der Harmonie.

§. 252.

Es bleibet mir nichts anders übrig, als durch einige
Exempel zu zeigen, in was für einem Tone der Herr Kirn-
berger
theils durch den Canal des Sulzerschen Wörterbuchs,
theils in eigner Person seine Beschwerden wider den Herrn
Rameau und die Partisanen seines Systems, bey dem musi-
kalischen Publico angebracht, und was derselbe von seinem ei-
genen System *) gesaget hat.

a) Sulz. Theor Artik. Septimenaccord, Seite 1070.
"Rameau giebt jedem Accord, der eine Septime in sich
"enthält, den Septimenaccord zum Grunde. Dadurch
"entstehen Ungereimtheiten, die auch ein Schüler
"dafür erkennen muß.
-- Niemand als Rameau,
"und die, die ihm blindlings folgen etc.
b) Kirnberg. Grunds. der Harm. in dem Vorbericht.
"Dies nöthigte mich nun freylich, wenn ich so reden darf,
"mein ganzes Glaubensbekenntniß von der Har-
"monie abzulegen, und besonders die Lehre von den
"Grundaccorden nach meiner Art systematisch aus-
"einander zu setzen. Rameau hat diese Lehre mit so
"vielen Ungereimtheiten
angefüllt, daß man sich bil-
"lig wundern muß, wie dergleichen Extravaganzen
"unter uns Deutschen haben Glauben, ja Verfechter
"finden können, da wir doch beständig die größten Har-
"monisten
*) Der Hr. Profess. Sulzer schreibet von selbigem in seiner Theorie etc.
Artikel Musik, Seite 793. folgendergestalt: "Das wichtigste Werk
"über die Theorie (der Musik) wird ohne Zweifel das seyn, was der
"berlinische Tonsetzer Hr. Kirnberger unternommen hat, wenn erst
"der zweyte Theil desselben wird an das Licht getreten seyn. Schon
"im ersten Theile ist die Kenntniß der Harmonie aus dem unbegreif-
"lichen Chaos,
worinnen sie, nicht in den Tonstücken großer Mei-
"ster, sondern in den theoretischen Schriften darüber, gelegen hat,
"in ein helles Licht gesetzet worden. Jn diesem ganzen Werke (der
"Theorie der schönen Künste) bin ich überall den harmonischen Re-
"geln dieses Mannes, so weit ich sie einzusehen im Stande war,
"gefolget."

des Rameau u. Kirnberg. Grundbaſſes uͤberhaupt.
vom Geſchmack, und pruͤfet ſie nach den eigentlichen unver-
aͤnderlichen Regeln der Kunſt, und unter dieſen hauptſaͤchlich
nach den Regeln der Harmonie.

§. 252.

Es bleibet mir nichts anders uͤbrig, als durch einige
Exempel zu zeigen, in was fuͤr einem Tone der Herr Kirn-
berger
theils durch den Canal des Sulzerſchen Woͤrterbuchs,
theils in eigner Perſon ſeine Beſchwerden wider den Herrn
Rameau und die Partiſanen ſeines Syſtems, bey dem muſi-
kaliſchen Publico angebracht, und was derſelbe von ſeinem ei-
genen Syſtem *) geſaget hat.

α) Sulz. Theor Artik. Septimenaccord, Seite 1070.
„Rameau giebt jedem Accord, der eine Septime in ſich
„enthaͤlt, den Septimenaccord zum Grunde. Dadurch
„entſtehen Ungereimtheiten, die auch ein Schuͤler
„dafuͤr erkennen muß.
— Niemand als Rameau,
„und die, die ihm blindlings folgen ꝛc.
β) Kirnberg. Grundſ. der Harm. in dem Vorbericht.
„Dies noͤthigte mich nun freylich, wenn ich ſo reden darf,
mein ganzes Glaubensbekenntniß von der Har-
„monie abzulegen, und beſonders die Lehre von den
„Grundaccorden nach meiner Art ſyſtematiſch aus-
„einander zu ſetzen. Rameau hat dieſe Lehre mit ſo
„vielen Ungereimtheiten
angefuͤllt, daß man ſich bil-
„lig wundern muß, wie dergleichen Extravaganzen
„unter uns Deutſchen haben Glauben, ja Verfechter
„finden koͤnnen, da wir doch beſtaͤndig die groͤßten Har-
„moniſten
*) Der Hr. Profeſſ. Sulzer ſchreibet von ſelbigem in ſeiner Theorie ꝛc.
Artikel Muſik, Seite 793. folgendergeſtalt: „Das wichtigſte Werk
„uͤber die Theorie (der Muſik) wird ohne Zweifel das ſeyn, was der
„berliniſche Tonſetzer Hr. Kirnberger unternommen hat, wenn erſt
„der zweyte Theil deſſelben wird an das Licht getreten ſeyn. Schon
„im erſten Theile iſt die Kenntniß der Harmonie aus dem unbegreif-
„lichen Chaos,
worinnen ſie, nicht in den Tonſtuͤcken großer Mei-
„ſter, ſondern in den theoretiſchen Schriften daruͤber, gelegen hat,
„in ein helles Licht geſetzet worden. Jn dieſem ganzen Werke (der
„Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte) bin ich uͤberall den harmoniſchen Re-
„geln dieſes Mannes, ſo weit ich ſie einzuſehen im Stande war,
„gefolget.‟
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[237/0257] des Rameau u. Kirnberg. Grundbaſſes uͤberhaupt. vom Geſchmack, und pruͤfet ſie nach den eigentlichen unver- aͤnderlichen Regeln der Kunſt, und unter dieſen hauptſaͤchlich nach den Regeln der Harmonie. §. 252. Es bleibet mir nichts anders uͤbrig, als durch einige Exempel zu zeigen, in was fuͤr einem Tone der Herr Kirn- berger theils durch den Canal des Sulzerſchen Woͤrterbuchs, theils in eigner Perſon ſeine Beſchwerden wider den Herrn Rameau und die Partiſanen ſeines Syſtems, bey dem muſi- kaliſchen Publico angebracht, und was derſelbe von ſeinem ei- genen Syſtem *) geſaget hat. α) Sulz. Theor Artik. Septimenaccord, Seite 1070. „Rameau giebt jedem Accord, der eine Septime in ſich „enthaͤlt, den Septimenaccord zum Grunde. Dadurch „entſtehen Ungereimtheiten, die auch ein Schuͤler „dafuͤr erkennen muß. — Niemand als Rameau, „und die, die ihm blindlings folgen ꝛc. β) Kirnberg. Grundſ. der Harm. in dem Vorbericht. „Dies noͤthigte mich nun freylich, wenn ich ſo reden darf, „mein ganzes Glaubensbekenntniß von der Har- „monie abzulegen, und beſonders die Lehre von den „Grundaccorden nach meiner Art ſyſtematiſch aus- „einander zu ſetzen. Rameau hat dieſe Lehre mit ſo „vielen Ungereimtheiten angefuͤllt, daß man ſich bil- „lig wundern muß, wie dergleichen Extravaganzen „unter uns Deutſchen haben Glauben, ja Verfechter „finden koͤnnen, da wir doch beſtaͤndig die groͤßten Har- „moniſten *) Der Hr. Profeſſ. Sulzer ſchreibet von ſelbigem in ſeiner Theorie ꝛc. Artikel Muſik, Seite 793. folgendergeſtalt: „Das wichtigſte Werk „uͤber die Theorie (der Muſik) wird ohne Zweifel das ſeyn, was der „berliniſche Tonſetzer Hr. Kirnberger unternommen hat, wenn erſt „der zweyte Theil deſſelben wird an das Licht getreten ſeyn. Schon „im erſten Theile iſt die Kenntniß der Harmonie aus dem unbegreif- „lichen Chaos, worinnen ſie, nicht in den Tonſtuͤcken großer Mei- „ſter, ſondern in den theoretiſchen Schriften daruͤber, gelegen hat, „in ein helles Licht geſetzet worden. Jn dieſem ganzen Werke (der „Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte) bin ich uͤberall den harmoniſchen Re- „geln dieſes Mannes, ſo weit ich ſie einzuſehen im Stande war, „gefolget.‟

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/257>, abgerufen am 25.11.2024.