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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Drey und zwanzigster Abschn. Untersuchung
sonders über einige zu hohe große Terzen und einige zu nie-
drige kleine Terzen in selbigem, unterredete, so sagte er mir,
wie diese Terzen, nach den dieserwegen gemachten Proben, jene
in der Ration 81:64, und diese in 32:27 ständen. Man
hätte verschiedene Versuche angestellet, diese böse Verhältnisse
wegzuschaffen; es hätte aber nicht glücken wollen, und er hätte,
um sich das Gehör nicht zu verderben, seine Wohnung deßwe-
gen auf der Neustadt genommen. Uebrigens wäre die böse Tem-
peratur dieses Glockenspiels das gewisseste Zeichen seines grauen
Alters. Ein gleiches hat mir der vielleicht noch lebende vor-
trefliche Organist an der St. Petrikirche, Hr. Pfeiffer, von
der Beschaffenheit der Terzen in dem Glockenspiel daselbst, und
von den fehlgeschlagenen Versuchen zu ihrer Besserung er-
zählet.

§. 230.

IIte Reflexion. (Kunst des Satzes, Seite 13.) "Nach
"diesen vorläufigen Erinnerungen wird man die Temperatur,
"die hier soll angezeiget werden, ohne Zweifel für die beste
"mögliche
halten. Denn sie hat die Eigenschaften, daß --
"daß die Hauptintervalle der Quinten und Quarten entweder
"vollkommen, oder so rein sind, daß kein Ohr den Unter-
"scheid zu merken im Stande ist.
-- Jn selbiger ist die
"Quinte D A, und folglich auch die Quinte A E nur um
"ein halbes Comma niedriger als die ganz reine Quinte 2/3 . Diese
"zwey Quinten ausgenommen, sind alle übrige ganz rein.
"Denn daß die Quinte fis cis um den zehnten Theil eines
"Comma
unter sich schwebet, kann kein Ohr merken, so fein
"auch sein Gefühl immer seyn mag. Da nun alle Quinten
"bis auf zwey
rein sind, so sind es die Quarten ebenfalls.
"Jn dieser Temperatur haben die Töne folgende Verhältnisse:

[Spaltenumbruch]
c cis = 243:256
d = 8:9
dis = 27:32
e = 4:5
f = 3:4
fis = 32:45
[Spaltenumbruch]
e g = 2:3
gis = 81:128
a = 161:270
b = 9:16
h = 8:15
c = 1:2
Anmer-

Drey und zwanzigſter Abſchn. Unterſuchung
ſonders uͤber einige zu hohe große Terzen und einige zu nie-
drige kleine Terzen in ſelbigem, unterredete, ſo ſagte er mir,
wie dieſe Terzen, nach den dieſerwegen gemachten Proben, jene
in der Ration 81:64, und dieſe in 32:27 ſtaͤnden. Man
haͤtte verſchiedene Verſuche angeſtellet, dieſe boͤſe Verhaͤltniſſe
wegzuſchaffen; es haͤtte aber nicht gluͤcken wollen, und er haͤtte,
um ſich das Gehoͤr nicht zu verderben, ſeine Wohnung deßwe-
gen auf der Neuſtadt genommen. Uebrigens waͤre die boͤſe Tem-
peratur dieſes Glockenſpiels das gewiſſeſte Zeichen ſeines grauen
Alters. Ein gleiches hat mir der vielleicht noch lebende vor-
trefliche Organiſt an der St. Petrikirche, Hr. Pfeiffer, von
der Beſchaffenheit der Terzen in dem Glockenſpiel daſelbſt, und
von den fehlgeſchlagenen Verſuchen zu ihrer Beſſerung er-
zaͤhlet.

§. 230.

IIte Reflexion. (Kunſt des Satzes, Seite 13.) „Nach
„dieſen vorlaͤufigen Erinnerungen wird man die Temperatur,
„die hier ſoll angezeiget werden, ohne Zweifel fuͤr die beſte
„moͤgliche
halten. Denn ſie hat die Eigenſchaften, daß —
„daß die Hauptintervalle der Quinten und Quarten entweder
„vollkommen, oder ſo rein ſind, daß kein Ohr den Unter-
„ſcheid zu merken im Stande iſt.
— Jn ſelbiger iſt die
„Quinte D A, und folglich auch die Quinte A E nur um
„ein halbes Comma niedriger als die ganz reine Quinte ⅔. Dieſe
„zwey Quinten ausgenommen, ſind alle uͤbrige ganz rein.
„Denn daß die Quinte fis cis um den zehnten Theil eines
„Comma
unter ſich ſchwebet, kann kein Ohr merken, ſo fein
„auch ſein Gefuͤhl immer ſeyn mag. Da nun alle Quinten
„bis auf zwey
rein ſind, ſo ſind es die Quarten ebenfalls.
„Jn dieſer Temperatur haben die Toͤne folgende Verhaͤltniſſe:

[Spaltenumbruch]
c cis = 243:256
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[214/0234] Drey und zwanzigſter Abſchn. Unterſuchung ſonders uͤber einige zu hohe große Terzen und einige zu nie- drige kleine Terzen in ſelbigem, unterredete, ſo ſagte er mir, wie dieſe Terzen, nach den dieſerwegen gemachten Proben, jene in der Ration 81:64, und dieſe in 32:27 ſtaͤnden. Man haͤtte verſchiedene Verſuche angeſtellet, dieſe boͤſe Verhaͤltniſſe wegzuſchaffen; es haͤtte aber nicht gluͤcken wollen, und er haͤtte, um ſich das Gehoͤr nicht zu verderben, ſeine Wohnung deßwe- gen auf der Neuſtadt genommen. Uebrigens waͤre die boͤſe Tem- peratur dieſes Glockenſpiels das gewiſſeſte Zeichen ſeines grauen Alters. Ein gleiches hat mir der vielleicht noch lebende vor- trefliche Organiſt an der St. Petrikirche, Hr. Pfeiffer, von der Beſchaffenheit der Terzen in dem Glockenſpiel daſelbſt, und von den fehlgeſchlagenen Verſuchen zu ihrer Beſſerung er- zaͤhlet. §. 230. IIte Reflexion. (Kunſt des Satzes, Seite 13.) „Nach „dieſen vorlaͤufigen Erinnerungen wird man die Temperatur, „die hier ſoll angezeiget werden, ohne Zweifel fuͤr die beſte „moͤgliche halten. Denn ſie hat die Eigenſchaften, daß — „daß die Hauptintervalle der Quinten und Quarten entweder „vollkommen, oder ſo rein ſind, daß kein Ohr den Unter- „ſcheid zu merken im Stande iſt. — Jn ſelbiger iſt die „Quinte D A, und folglich auch die Quinte A E nur um „ein halbes Comma niedriger als die ganz reine Quinte ⅔. Dieſe „zwey Quinten ausgenommen, ſind alle uͤbrige ganz rein. „Denn daß die Quinte fis cis um den zehnten Theil eines „Comma unter ſich ſchwebet, kann kein Ohr merken, ſo fein „auch ſein Gefuͤhl immer ſeyn mag. Da nun alle Quinten „bis auf zwey rein ſind, ſo ſind es die Quarten ebenfalls. „Jn dieſer Temperatur haben die Toͤne folgende Verhaͤltniſſe: c cis = 243:256 d = 8:9 dis = 27:32 e = 4:5 f = 3:4 fis = 32:45 e g = 2:3 gis = 81:128 a = 161:270 b = 9:16 h = 8:15 c = 1:2 Anmer-

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/234>, abgerufen am 24.11.2024.