Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.Caput XVI. strenget wird/ und gleichwol nach Verflirssung derZahl-Zeit erst zu gewarten hat/ daß er entweder gar abgewiesen/ oder wegen der Chicane, die ihm ge- macht wird/ einen Theil seines Lohns hinter lassen muß/ wann auch gleich den Bedienten/ ein ansehn- liches Salarium ausgesetzet/ und damit gleichsam eine gantze Kuh-Haut über schrieben worden; so ist doch/ wann es zum Einnehmen kommt/ eine Nuß-Schaa- le groß genug darzu; Allein/ weil ein jeder Arbeiter seines Lohn werth ist/ so kan es nicht fehlen/ GOTT muß endlich ein Einsehen darinnen haben/ wo man einen armen Diener das Seinige wieder rechtlich vorenthält/ und nicht zukommen läßt/ es entstehet auch gemeiniglich hieraus nichts Gutes; Dann manchmal ein sonst treu und aufrichtiger Diener/ sich aus Noth anderwärts vergreifft/ oder corrumpiren läßt/ woran er bey richtiger Bezahlung/ des ihme versprochenen Salarii, nicht gedacht hätte. Bis hieher besagter Author. Welches ein ieder Herr um so viel mehr zu be- tes
Caput XVI. ſtrenget wird/ und gleichwol nach Verflirſſung derZahl-Zeit erſt zu gewarten hat/ daß er entweder gar abgewieſen/ oder wegen der Chicane, die ihm ge- macht wird/ einen Theil ſeines Lohns hinter laſſen muß/ wann auch gleich den Bedienten/ ein anſehn- liches Salarium ausgeſetzet/ und damit gleichſam eine gantze Kuh-Haut uͤber ſchrieben worden; ſo iſt doch/ wann es zum Einnehmen kommt/ eine Nuß-Schaa- le groß genug darzu; Allein/ weil ein jeder Arbeiter ſeines Lohn werth iſt/ ſo kan es nicht fehlen/ GOTT muß endlich ein Einſehen darinnen haben/ wo man einen armen Diener das Seinige wieder rechtlich vorenthaͤlt/ und nicht zukommen laͤßt/ es entſtehet auch gemeiniglich hieraus nichts Gutes; Dann manchmal ein ſonſt treu und aufrichtiger Diener/ ſich aus Noth anderwaͤrts vergreifft/ oder corrumpiren laͤßt/ woran er bey richtiger Bezahlung/ des ihme verſprochenen Salarii, nicht gedacht haͤtte. Bis hieher beſagter Author. Welches ein ieder Herꝛ um ſo viel mehr zu be- tes
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Caput XVI.
ſtrenget wird/ und gleichwol nach Verflirſſung der
Zahl-Zeit erſt zu gewarten hat/ daß er entweder gar
abgewieſen/ oder wegen der Chicane, die ihm ge-
macht wird/ einen Theil ſeines Lohns hinter laſſen
muß/ wann auch gleich den Bedienten/ ein anſehn-
liches Salarium ausgeſetzet/ und damit gleichſam eine
gantze Kuh-Haut uͤber ſchrieben worden; ſo iſt doch/
wann es zum Einnehmen kommt/ eine Nuß-Schaa-
le groß genug darzu; Allein/ weil ein jeder Arbeiter
ſeines Lohn werth iſt/ ſo kan es nicht fehlen/ GOTT
muß endlich ein Einſehen darinnen haben/ wo man
einen armen Diener das Seinige wieder rechtlich
vorenthaͤlt/ und nicht zukommen laͤßt/ es entſtehet
auch gemeiniglich hieraus nichts Gutes; Dann
manchmal ein ſonſt treu und aufrichtiger Diener/ ſich
aus Noth anderwaͤrts vergreifft/ oder corrumpiren
laͤßt/ woran er bey richtiger Bezahlung/ des ihme
verſprochenen Salarii, nicht gedacht haͤtte.
Bis hieher beſagter Author.
Welches ein ieder Herꝛ um ſo viel mehr zu be-
obachten hat/ weil die Vor-Enthaltung des Lohns
eine von denen vier Haupt-Suͤnden iſt/ welche zu
GOtt im Himmel ſchreyen. Jch meines Orts hielte
davor/ ein raiſonnabler Kauffmann/ der einen ge-
treuen Diener hat/ thaͤte ſehr wohl/ wann er alle
halbe Jahr dem Diener mit Auszahlung ſeines Sa-
larii und zwar mit freywilliger Auszahlung deſſel-
ben/ dem Diener ungefordert/ oder ungebeten zu-
vorkaͤme; dann weil bey manchen Dienenden/ ſon-
derlich Ehrliebenden und dabey bloͤden Gemuͤth/ die
Modeſtie und Schamhafftigkeit ſo groß iſt/ daß es
lieber Mangel leidet/ als daß es um ſein Verdien-
tes
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