Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Caput VI.
ziehe. Will amicabilis Compositio und Transactio
oder der gütliche Vergleich nicht statt finden/ so
muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen/
und darum doch der Personen Freund/ und der
Sachen Feind seyn; alles was er thut oder thun
will/ muß er still und verschwiegen halten/ und son-
derlich auf Reisen/ wohin er gedencket/ was seine
Verrichtungen seyn/ an wem er addressiret/ auch
mit wem er zu thun hat; was er vor Geld/ Waa-
ren/ oder Briefschafften bey sich führe; wie er seine
Sache anzustellen gedencke/ und an wem er ad-
dressi
ret sey/ von solchen muß er niemand das ge-
ringste offenbahren/ im Handel und Wandel sey
er vorsichtig/ weil man allenthalben Betruges fin-
det/ welche denen Frembden gerne was anhaben/
und sie über den Tölpel werffen wollen. Jn diesen
aber desto vorsichtiger zu gehen/ so heist es: Trau/
Schau/ Wem!
Diejenige/ welche grosse Ver-
traulichkeit mit einem solchen jungen Menschen ma-
chen/ und sich gleichsam in seine Freundschafft drin-
gen wollen/ die sind mehrentheils verdächtig zu hal-
ten; hingegen hat er der Recommendation, wel-
che ihm sein Patron, oder andere ehrliche Leute
mitgegeben/ mehr Glauben zuzustellen; nur führe
er sich also auf/ daß/ wann er in die Frembd kommt/
er sich gleich in Estim und Hochachtung bey den-
jenigen setze/ an welche ihn sein Patron recom-
mandi
ret oder gewiesen hat. Er nehme aber auch
dessen Interesse in der Handlung wohl in Acht/
sehe zu/ daß er ihm keine böse Schulden mache/
nichts verwahrlose/ noch versäume/ sondern in allen
Stücken das jenige thun/ was zu dessen Avantage

gerei-

Caput VI.
ziehe. Will amicabilis Compoſitio und Transactio
oder der guͤtliche Vergleich nicht ſtatt finden/ ſo
muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen/
und darum doch der Perſonen Freund/ und der
Sachen Feind ſeyn; alles was er thut oder thun
will/ muß er ſtill und verſchwiegen halten/ und ſon-
derlich auf Reiſen/ wohin er gedencket/ was ſeine
Verrichtungen ſeyn/ an wem er addreſſiret/ auch
mit wem er zu thun hat; was er vor Geld/ Waa-
ren/ oder Briefſchafften bey ſich fuͤhre; wie er ſeine
Sache anzuſtellen gedencke/ und an wem er ad-
dreſſi
ret ſey/ von ſolchen muß er niemand das ge-
ringſte offenbahren/ im Handel und Wandel ſey
er vorſichtig/ weil man allenthalben Betruges fin-
det/ welche denen Frembden gerne was anhaben/
und ſie uͤber den Toͤlpel werffen wollen. Jn dieſen
aber deſto vorſichtiger zu gehen/ ſo heiſt es: Trau/
Schau/ Wem!
Diejenige/ welche groſſe Ver-
traulichkeit mit einem ſolchen jungen Menſchen ma-
chen/ und ſich gleichſam in ſeine Freundſchafft drin-
gen wollen/ die ſind mehrentheils verdaͤchtig zu hal-
ten; hingegen hat er der Recommendation, wel-
che ihm ſein Patron, oder andere ehrliche Leute
mitgegeben/ mehr Glauben zuzuſtellen; nur fuͤhre
er ſich alſo auf/ daß/ wann er in die Frembd kommt/
er ſich gleich in Eſtim und Hochachtung bey den-
jenigen ſetze/ an welche ihn ſein Patron recom-
mandi
ret oder gewieſen hat. Er nehme aber auch
deſſen Intereſſe in der Handlung wohl in Acht/
ſehe zu/ daß er ihm keine boͤſe Schulden mache/
nichts verwahrloſe/ noch verſaͤume/ ſondern in allen
Stuͤcken das jenige thun/ was zu deſſen Avantage

gerei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="252"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Caput VI.</hi></hi></fw><lb/>
ziehe. Will <hi rendition="#aq">amicabilis Compo&#x017F;itio</hi> und <hi rendition="#aq">Transactio</hi><lb/>
oder der gu&#x0364;tliche Vergleich nicht &#x017F;tatt finden/ &#x017F;o<lb/>
muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen/<lb/>
und darum doch der Per&#x017F;onen Freund/ und der<lb/>
Sachen Feind &#x017F;eyn; alles was er thut oder thun<lb/>
will/ muß er &#x017F;till und ver&#x017F;chwiegen halten/ und &#x017F;on-<lb/>
derlich auf Rei&#x017F;en/ wohin er gedencket/ was &#x017F;eine<lb/>
Verrichtungen &#x017F;eyn/ an wem er <hi rendition="#aq">addre&#x017F;&#x017F;i</hi>ret/ auch<lb/>
mit wem er zu thun hat; was er vor Geld/ Waa-<lb/>
ren/ oder Brief&#x017F;chafften bey &#x017F;ich fu&#x0364;hre; wie er &#x017F;eine<lb/>
Sache anzu&#x017F;tellen gedencke/ und an wem er <hi rendition="#aq">ad-<lb/>
dre&#x017F;&#x017F;i</hi>ret &#x017F;ey/ von &#x017F;olchen muß er niemand das ge-<lb/>
ring&#x017F;te offenbahren/ im Handel und Wandel &#x017F;ey<lb/>
er vor&#x017F;ichtig/ weil man allenthalben Betruges fin-<lb/>
det/ welche denen Frembden gerne was anhaben/<lb/>
und &#x017F;ie u&#x0364;ber den To&#x0364;lpel werffen wollen. Jn die&#x017F;en<lb/>
aber de&#x017F;to vor&#x017F;ichtiger zu gehen/ &#x017F;o hei&#x017F;t es: <hi rendition="#fr">Trau/<lb/>
Schau/ Wem!</hi> Diejenige/ welche gro&#x017F;&#x017F;e Ver-<lb/>
traulichkeit mit einem &#x017F;olchen jungen Men&#x017F;chen ma-<lb/>
chen/ und &#x017F;ich gleich&#x017F;am in &#x017F;eine Freund&#x017F;chafft drin-<lb/>
gen wollen/ die &#x017F;ind mehrentheils verda&#x0364;chtig zu hal-<lb/>
ten; hingegen hat er der <hi rendition="#aq">Recommendation,</hi> wel-<lb/>
che ihm &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Patron,</hi> oder andere ehrliche Leute<lb/>
mitgegeben/ mehr Glauben zuzu&#x017F;tellen; nur fu&#x0364;hre<lb/>
er &#x017F;ich al&#x017F;o auf/ daß/ wann er in die Frembd kommt/<lb/>
er &#x017F;ich gleich in <hi rendition="#aq">E&#x017F;tim</hi> und Hochachtung bey den-<lb/>
jenigen &#x017F;etze/ an welche ihn &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Patron recom-<lb/>
mandi</hi>ret oder gewie&#x017F;en hat. Er nehme aber auch<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> in der Handlung wohl in Acht/<lb/>
&#x017F;ehe zu/ daß er ihm keine bo&#x0364;&#x017F;e Schulden mache/<lb/>
nichts verwahrlo&#x017F;e/ noch ver&#x017F;a&#x0364;ume/ &#x017F;ondern in allen<lb/>
Stu&#x0364;cken das jenige thun/ was zu de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Avantage</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gerei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0276] Caput VI. ziehe. Will amicabilis Compoſitio und Transactio oder der guͤtliche Vergleich nicht ſtatt finden/ ſo muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen/ und darum doch der Perſonen Freund/ und der Sachen Feind ſeyn; alles was er thut oder thun will/ muß er ſtill und verſchwiegen halten/ und ſon- derlich auf Reiſen/ wohin er gedencket/ was ſeine Verrichtungen ſeyn/ an wem er addreſſiret/ auch mit wem er zu thun hat; was er vor Geld/ Waa- ren/ oder Briefſchafften bey ſich fuͤhre; wie er ſeine Sache anzuſtellen gedencke/ und an wem er ad- dreſſiret ſey/ von ſolchen muß er niemand das ge- ringſte offenbahren/ im Handel und Wandel ſey er vorſichtig/ weil man allenthalben Betruges fin- det/ welche denen Frembden gerne was anhaben/ und ſie uͤber den Toͤlpel werffen wollen. Jn dieſen aber deſto vorſichtiger zu gehen/ ſo heiſt es: Trau/ Schau/ Wem! Diejenige/ welche groſſe Ver- traulichkeit mit einem ſolchen jungen Menſchen ma- chen/ und ſich gleichſam in ſeine Freundſchafft drin- gen wollen/ die ſind mehrentheils verdaͤchtig zu hal- ten; hingegen hat er der Recommendation, wel- che ihm ſein Patron, oder andere ehrliche Leute mitgegeben/ mehr Glauben zuzuſtellen; nur fuͤhre er ſich alſo auf/ daß/ wann er in die Frembd kommt/ er ſich gleich in Eſtim und Hochachtung bey den- jenigen ſetze/ an welche ihn ſein Patron recom- mandiret oder gewieſen hat. Er nehme aber auch deſſen Intereſſe in der Handlung wohl in Acht/ ſehe zu/ daß er ihm keine boͤſe Schulden mache/ nichts verwahrloſe/ noch verſaͤume/ ſondern in allen Stuͤcken das jenige thun/ was zu deſſen Avantage gerei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/276
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/276>, abgerufen am 22.11.2024.