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Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

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Qualitäten eines Kauffmanns-Dieners.
ner anzutreffen/ nicht versäumet werden. Die Vor-
sichtigkeit bestehet auch darinnen/ daß man mit dem
Schuldner nichts in Gegenwart seines Hauß-Ge-
sindes oder anderer Leute rede/ dann solches ver-
dreust dieselben/ und diese Unvorsichtigkeit verursa-
chet/ daß der Mahner Unlust hat/ und ihren Prin-
cipalen
hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es
ist auch ein Stück der Vorsichtigkeit/ Dinten/ Fe-
dern und Papier bey sich zu haben/ um sich Hand-
schrifften machen zu lassen/ die Rechnung zu schlies-
sen/ oder aber Quittungen des empfangenen Gel-
des zu ertheilen. Dieses alles ist um so viel wich-
tiger/ als man sich nicht einbildet; dann die
Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht/
vorwendende/ daß sie keine Dinte/ Papier noch Fe-
der hätten. Jch weiß es durch die Erfahrung/
weilen ich selbsten gar offt dabey ertappet worden
bin.

Endlich ist die Gedult auch eine nöthige Tu-
gend denen/ welche Schuld einfordern sollen. Die-
selbe bestehet darinnen/ da man zu den Schuldnern
zu gehen/ und die Schuld zu fordern/ nicht verdrüß-
lich werde/ man muß die Gelegenheit/ mit ihnen zu
reden/ erwarten/ sonderlichen aber sich nicht unge-
dultig/ noch ungeberdig über die Abweisung erzei-
gen/ auch nicht schimpfliche und zu Zorn-reitzende
Wort von sich hören lassen/ dann man muß be-
dencken/ daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu-
te Ende bringe/ hingegen aber die Ungedult alles
über einen Hauffen werffe.

Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han-
dels-Patron in acht nehmen/ daß er diejenigen/ wel-

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Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
ner anzutreffen/ nicht verſaͤumet werden. Die Vor-
ſichtigkeit beſtehet auch darinnen/ daß man mit dem
Schuldner nichts in Gegenwart ſeines Hauß-Ge-
ſindes oder anderer Leute rede/ dann ſolches ver-
dreuſt dieſelben/ und dieſe Unvorſichtigkeit verurſa-
chet/ daß der Mahner Unluſt hat/ und ihren Prin-
cipalen
hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es
iſt auch ein Stuͤck der Vorſichtigkeit/ Dinten/ Fe-
dern und Papier bey ſich zu haben/ um ſich Hand-
ſchrifften machen zu laſſen/ die Rechnung zu ſchlieſ-
ſen/ oder aber Quittungen des empfangenen Gel-
des zu ertheilen. Dieſes alles iſt um ſo viel wich-
tiger/ als man ſich nicht einbildet; dann die
Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht/
vorwendende/ daß ſie keine Dinte/ Papier noch Fe-
der haͤtten. Jch weiß es durch die Erfahrung/
weilen ich ſelbſten gar offt dabey ertappet worden
bin.

Endlich iſt die Gedult auch eine noͤthige Tu-
gend denen/ welche Schuld einfordern ſollen. Die-
ſelbe beſtehet darinnen/ da man zu den Schuldnern
zu gehen/ und die Schuld zu fordern/ nicht verdruͤß-
lich werde/ man muß die Gelegenheit/ mit ihnen zu
reden/ erwarten/ ſonderlichen aber ſich nicht unge-
dultig/ noch ungeberdig uͤber die Abweiſung erzei-
gen/ auch nicht ſchimpfliche und zu Zorn-reitzende
Wort von ſich hoͤren laſſen/ dann man muß be-
dencken/ daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu-
te Ende bringe/ hingegen aber die Ungedult alles
uͤber einen Hauffen werffe.

Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han-
dels-Patron in acht nehmen/ daß er diejenigen/ wel-

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[179/0203] Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. ner anzutreffen/ nicht verſaͤumet werden. Die Vor- ſichtigkeit beſtehet auch darinnen/ daß man mit dem Schuldner nichts in Gegenwart ſeines Hauß-Ge- ſindes oder anderer Leute rede/ dann ſolches ver- dreuſt dieſelben/ und dieſe Unvorſichtigkeit verurſa- chet/ daß der Mahner Unluſt hat/ und ihren Prin- cipalen hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es iſt auch ein Stuͤck der Vorſichtigkeit/ Dinten/ Fe- dern und Papier bey ſich zu haben/ um ſich Hand- ſchrifften machen zu laſſen/ die Rechnung zu ſchlieſ- ſen/ oder aber Quittungen des empfangenen Gel- des zu ertheilen. Dieſes alles iſt um ſo viel wich- tiger/ als man ſich nicht einbildet; dann die Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht/ vorwendende/ daß ſie keine Dinte/ Papier noch Fe- der haͤtten. Jch weiß es durch die Erfahrung/ weilen ich ſelbſten gar offt dabey ertappet worden bin. Endlich iſt die Gedult auch eine noͤthige Tu- gend denen/ welche Schuld einfordern ſollen. Die- ſelbe beſtehet darinnen/ da man zu den Schuldnern zu gehen/ und die Schuld zu fordern/ nicht verdruͤß- lich werde/ man muß die Gelegenheit/ mit ihnen zu reden/ erwarten/ ſonderlichen aber ſich nicht unge- dultig/ noch ungeberdig uͤber die Abweiſung erzei- gen/ auch nicht ſchimpfliche und zu Zorn-reitzende Wort von ſich hoͤren laſſen/ dann man muß be- dencken/ daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu- te Ende bringe/ hingegen aber die Ungedult alles uͤber einen Hauffen werffe. Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han- dels-Patron in acht nehmen/ daß er diejenigen/ wel- che M 2

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/203>, abgerufen am 22.11.2024.